Tennis:48-Stunden-Tage

Lesezeit: 3 min

Ist aktuell von sich selbst überrascht: Benjamin Ringlstetter. (Foto: Toni Heigl)

Benjamin Ringlstetter führt mit dem TC Dachau die Herren-30-Bundesliga an. Er ist ein besonderer Sandplatzspezialist.

Von Matthias Schmid, Dachau

Einmal in der Woche packt Benjamin Ringlstetter noch seinen Schläger aus, um ein paar Bälle zu schlagen und an seinem Vorhandtopspin oder seinem Rückhand-Slice zu feilen. Mehr schafft er nicht. Beruf, Familie und andere Hobbys rauben die Zeit, die früher noch unendlich erschien. "Ich will so viele Stunden wie möglich mit meinem Kind verbringen", erzählt der Tennisspieler des TC Dachau. Dass er trotz radikal reduzierten Trainingspensums in der Herren-30-Bundesliga nicht nur mitspielt, sondern in dieser Sommerrunde alle vier Einzel erfolgreich beendet hat, erstaunt ihn selbst am meisten. "Das hätte ich auch nicht gedacht, aber es läuft ziemlich gut und ich zehre konditionell noch von der Handballsaison."

Handball spielt Ringlstetter, 33, nämlich auch noch. Als Spielmacher in der Bezirksoberliga für den TSV Eintracht Karlsfeld. Nicht zu vergessen das Beachtennis, wo er gemeinsam mit seinem Bruder Manuel aktuell deutscher Meister ist und Mitte August nach Moskau fliegt, um bei der Team-WM die deutsche Nationalmannschaft zu repräsentieren. "Durch Beachtennis habe ich ein besseres Volleyspiel und Reaktionsvermögen auf dem Tennisplatz erworben", hebt Ringlstetter hervor.

Um alles unterzubringen, was er gerne macht, müsste Ringlstetters Tag 48 Stunden haben. Aber auch er kann nicht an der Zeit drehen, sodass er in diesen Wochen, in der die Bundesligaspielzeit läuft, auf vieles verzichten muss. Wie das Beachtennis. Arbeiten muss er schließlich auch noch, seit Oktober hat er einen neuen Job als Technischer Projektleiter bei einem Autozulieferer. "Da bin ich stark eingespannt", sagt er.

Am vergangenen Samstag verbrachte er seine freie Zeit auf der Anlage in Dachau, wo das vierte Saisonspiel gegen die ST Lohfelden auf dem Programm stand. Mit zwei Siegen im Einzel und im Doppel hatte er großen Anteil am 5:4-Sieg, mit dem die Dachauer die Tabellenführung behaupteten. Sie führen das Klassement mit 8:0 Punkten vor dem bisher ebenfalls unbesiegten MTTC Iphitos an, der ein Spiel weniger ausgetragen hat. Am Samstag kommt es am Aumeisterweg im Norden Münchens zum direkten Duell. "Da wird es bestimmt heiß her gehen", ist sich Ringlstetter sicher. Denn nicht nur seine Mannschaft strebt nun in die Endrunde um die Meisterschaft, sondern auch der MTTC. Um daran teilnehmen zu dürfen, reicht einer der beiden ersten Plätze in der Gruppe Süd aus. "Wir wollen jetzt schon so weit wie möglich kommen", sagt Ringlstetter.

Ob sie dafür weiter die bestmögliche Mannschaft aufbieten können, soll sich in den nächsten Tagen entscheiden. Das hängt vom Budget ab. Denn in der Herren-30-Bundesliga sind frühere oder noch aktive Tennisprofis gemeldet, die nicht nur aus Spaß am Spiel auflaufen, sondern ordentlich Geld für ihre Einsätze erhalten. Bei Dachau sind an den vorderen Positionen drei ausländische Fachkräfte gemeldet, an Position eins der Tscheche Michal Schmid, der in der Weltrangliste schon auf Rang 373 gelistet war, an zwei Dariusz Lipka aus Polen und an drei der Slowake Igor Zelenay, der in der Doppel-Weltrangliste momentan auf Platz 87 notiert ist. Der bestplatzierte Deutsche, Dieter Kindlmann, hat noch gar nicht gespielt, weil er im Hauptberuf als Trainer der US-Open-Finalistin Madison Keys um den Globus tingelt und sich in diesen Tagen mit der Amerikanerin in Wimbledon beim bekanntesten Tennisturnier der Welt aufhält. Wer für Dachau spielt, ist nicht nur eine Frage der Kosten, sondern auch eine der Verfügbarkeit. "Wir müssen in den nächsten Spielen sehen, wer Zeit hat", sagt Ringlstetter.

Ringlstetter war nie auf der ATP-Tour unterwegs. Doch im Beachtennis ist er Europameister

Der 33-Jährige selbst hat sich nie auf der ATP-Tour bewegt, aber er spielte so gut, dass er es bei den Männern immerhin in die Regionalliga schaffte. Fürs Beachtennis mit Paddleschläger hat er ein besonderes Gespür. Da hat er nicht nur bei seiner ersten Teilnahme die Europameisterschaft gewonnen, sondern holte viermal den nationalen Meistertitel. "Immer wenn ich mitgespielt habe", wie er mit einem Lächeln bemerkt. Sein Saisonhöhepunkt kommt deshalb nach der Bundesliga-Runde, wenn im Beachtennis die Weltranglistenturniere anstehen. Um sich für die deutschen Meisterschaften in Saarlouis zu präparieren, will er zuvor noch bei einem Wettbewerb in den Niederlanden mitspielen.

Sein ambitionierter Versuch, in Dachau ein internationales Beachtennisturnier mit Preisgeld und Weltranglistenpunkten zu etablieren, scheiterte nach zwei Auflagen 2015 und 2016 am Geld. "Es gab leider keine Sponsoren mehr", sagt er. Verbittert klingt er deshalb nicht. Er ist jetzt halt Turnierbotschafter bei der mit 15 000 Euro dotierten Veranstaltung in Saarlouis Ende August. Danach reist er nach Moskau zur Team-WM, die sie extra wegen der Fußball-Weltmeisterschaft nach hinten verschoben haben. "Aber so viele Zuschauer", sagt Benjamin Ringlstetter, "lockt das Beachtennis nicht an."

© SZ vom 02.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: