Tennis:3:35

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„Ich denke mir gar nichts dabei, ich spiele einfach“: So unbekümmert sie spricht, so unbekümmert marschierte die ungesetzte Laura Putz durch die bayerischen Tennis-Meisterschaften in Ismaning – und schlug im Finale völlig überraschend Adriana Rajkovic vom TC Luitpoldpark. (Foto: Claus Schunk)

In einem der längsten Finals in der Geschichte der bayerischen Tennis-Meisterschaften sichert sich die erst 15-jährige Aschheimerin Laura Putz völlig überraschend den Titel.

Von Sebastian Hepp, Ismaning

Sie hatte als Ungesetzte das Finale erreicht und schaffte die Sensation: Am Sonntagnachmittag bezwang die erst 15-jährige Laura Putz vom TC Aschheim im Damenfinale der bayerischen Meisterschaften Adriana Rajkovic (GW Luitpoldpark München) mit 7:5, 6:7 und 6:2 - nach 3:35 Stunden Spielzeit und einem der längsten Finals in der Geschichte der Titelkämpfe. Wie schon bei ihrem 5:7, 6:4 und 6:4-Erfolg in der Vorschlussrunde gegen Rajkovics Vereinskollegin Eva-Marie Voracek (Nummer 60 der deutschen Rangliste) zeigte Putz vor begeistertem Publikum all jene Qualitäten, die eine bayerische und vielleicht bald deutsche Nachwuchshoffnung auszeichnen: kompromissloses Angriffstennis, Spielwitz und Variantenreichtum in den entscheidenden Situationen sowie die Gabe, den Ball in langen Rallyes geduldig im Spiel zu halten, bis sich ihr die Chance zu einem Winner-Schlag bietet.

Der zierlichen, kleinen Spielerin traut man die Wucht und Geschwindigkeit, mit der sie die Bälle übers Netz befördert, auf den ersten Blick nicht zu. Doch in puncto Konstanz und Länge ihrer meist mit viel Topspin, manchmal auch messerscharf die Linie entlang gespielten Bälle stand sie ihren kräftigeren und größeren Gegnerinnen im Halbfinale und Finale in nichts nach. Und Putz versteht es, bei langen, manchmal monotonen Ballwechseln plötzliche einen gelungenen Stopp einzustreuen, der ihre Gegnerinnen meist mehr in Verlegenheit bringt als eine cross gespielte Vorhandpeitsche.

Gegen Rajkovic führte Putz im Tiebreak des zweiten Satzes bereits mit 5:3, ihre Gegnerin konnte sich dank ihrer Erfahrung und manchmal auch mit dem Mut der Verzweiflung den zweiten Durchgang aber doch noch sichern. In Durchgang Nummer drei ließ sich Putz eine 4:2-Führung allerdings nicht mehr nehmen und holte sich nach dem fast vierstündigen Kampf den Satz schließlich mit 6:2. Die Juniorin zeigte sich auch in diesem Match unbeeindruckt von eigenen Fehlern und zeigte eine Coolness, die man eigentlich eher ihrer deutlich älteren und routinierteren Gegnerin zugetraut hätte. Christian Wenning, Vizepräsident des Bayerischen Tennis-Verbandes (BTV) und Leiter des Geschäftsbereichs Sport beim BTV, sagte bei der Siegerehrung in Richtung der strahlenden Putz: "2006 hat das Turnier Anastasia Sevastova, eine im Welttennis mittlerweile nicht unbekannte Spielerin, gewonnen. Vielleicht werden wir uns eines Tages gern daran erinnern können, dass im Jahr 2019 hier Laura Putz die Damenkonkurrenz gewonnen hat." Bei den Männern wurde, das nur nebenbei, der Starnberger Sebastian Prechtel durch einen Zweisatz-Sieg gegen Dennis Bloemke (TC BW Neufahrn) bayerischer Meister.

Was aber macht den frühen Erfolg von Putz aus, die das Gymnasium abgebrochen hat und wegen des hohen Trainingsaufwands kürzlich auf die Realschule gewechselt ist? "In erster Linie ist es mein gutes Trainingsumfeld bei meinem Verein in Aschheim", erzählt Putz. Dort wird das Talent von seinem Trainer Calin Paar betreut, und in der Tennis-Base Oberhaching trainiert Putz meist mit Isabella Pfennig vom TC Großhesselohe.

Der Starnberger Sebastian Prechtel setzt sich mit 7:6 und 6:4 gegen Dennis Bloemke durch

"Ich sollte noch mehr für meinen Körper tun, vor allem in puncto Dehn- und Aufwärmübungen", dort sieht sie noch Defizite. Und auch die Konstanz bei ihrem Aufschlag will Putz verbessern. Vielleicht gehört zu ihrem Erfolgsrezept auch, dass sie von ihrer Familie nicht unter Druck gesetzt, sondern behutsam aufgebaut wird. Ihr Vater Franz Putz, selbst ein sehr guter Tennisspieler, sagt: "Wir unterstützen Laura, wo es geht, aber wir können und wollen kein Geld investieren, um weltweit von Turnier zu Turnier zu jetten." Die Fähigkeit, die seine Tochter braucht, um sich vielleicht auch einmal auf hohem Niveau durchzusetzen - den nötigen Siegeswillen und die Fähigkeit, sich im entscheidenden Moment besonders zu konzentrieren - könne man ohnehin nicht trainieren. Die bringe seine Tochter von Natur aus mit. Wichtig ist es Laura Putz nicht zuletzt, den Spaß am Spiel und die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Bei der Frage, was in ihr vorgeht, wenn sie zurückliegt und trotzdem unverdrossen auf den Ball eindrischt, überlegt sie kurz und sagt: "Ich denke mir gar nichts dabei, ich spiele einfach."

Putz will nun in erster Linie ITF-Damenturniere der kleineren Kategorie bestreiten. Darüber hinaus mischt sie weiterhin im Regionalligateam des TC Aschheim mit. Dort hat sie erst ein einziges Einzel verloren - ausgerechnet gegen ihre Trainingspartnerin Isabella Pfennig. Mit der Profilaufbahn will es Laura Putz, die bereits im Alter von drei Jahren mit dem Tennis angefangen hat (ihre ältere Schwester Sandra war "schuld") und Tennis als ihr einziges Hobby bezeichnet, auf jeden Fall versuchen. Ihr Traum ist es nach eigenen Angaben, einmal an einem Grand-Slam-Turnier teilzunehmen.

© SZ vom 24.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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