Talentiade 2019:Anerkennung vom Weltmeister

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Luca Hasekamp tritt in der kommenden Saison mit dem TSV Allach in der A-Jugend-Bundesliga an. (Foto: Claus Schunk)

Die Qualifikation der A-Junioren für die Bundesliga ist der größte Erfolg in der Handball-Geschichte des TSV Allach. Seit vielen Jahren formt der Klub kontinuierlich Spitzenspieler - und das in einer eher strukturschwachen Region.

Von Ralf Tögel, München

Dominik Klein hatte den richtigen Riecher. Der Weltmeister von 2007 lobte schon vor der WM im Januar im SZ-Interview den TSV Allach als Beispiel für gute Nachwuchsarbeit. Nach dem Ende seiner Profikarriere im vergangenen Jahr hat sich der 35-Jährige in Oberschleißheim niedergelassen. Seit 1. Juli ist Klein beim Bayerischen Handball-Verband für Marketing und Talentförderung zuständig. Wie der TSV Allach, dessen A-Jugend durch die Qualifikation für die Bundesliga Begeisterung auslöst. Dafür erhält der Klub gemeinsam mit dem TSV Forstenried den Handball-Sonderpreis der SZ-Talentiade, vergeben durch die Dr.-Ludwig-Koch-Stiftung. 3000 Euro Preisgeld gehen an den TSV Allach, 2000 Euro erhält der TSV Forstenried.

Allein die Gegner der Allacher in der kommenden Saison verdeutlichen die Leistung der A-Junioren, die sich in der Süd-Gruppe unter anderem mit den Rhein-Neckar Löwen, Balingen-Weilstetten oder Göppingen zu messen haben. Aus vier Gruppen zu je zehn Teams werden jeweils die ersten Vier um den deutschen Meistertitel spielen. Natürlich hat jeder namhafte Erstligist wie Kiel, Flensburg oder Berlin sein Akademieteam im Wettbewerb. Für Allach dürfte es um den Klassenerhalt gehen. Allein das wird "sehr schwer" werden, sagt Trainer Andreas Krauß, der mit Trainerkollege Fabian Heck für den bisher größten Erfolg in der Vereinsgeschichte verantwortlich zeichnet. Die Leistung bis dato macht allerdings Mut.

Mit Siegen gegen den HC Cottbus und die SG Schalksmühle-Halver krönten Allachs Talente einen wahren Qualifikationsmarathon. Mit dem starken Torhüter Louis Oberosler im Rücken waren die ballsicheren Münchner im abschließenden Turnier in eigener Halle dank ihres Tempospiels nicht zu bezwingen. Krauß kann zudem auf den unveränderten Kader zurückgreifen, alle Akteure können eine weitere Saison A-Jugend spielen.

Es ist eine gewachsene Mannschaft, die schon vor einem Jahr das Abenteuer Bundesligaqualifikation gewagt hatte. Zu früh, wie man damals feststellen musste. Das Team wurde danach durch vier Zugänge verstärkt. Es ist, stellvertretend für viele Klubs in der Region, das alte Prinzip vom Fressen und Gefressenwerden: Dem TSV kommen ja selbst in unschöner Regelmäßigkeit die allerbesten Talente abhanden. Maximilian Haider zum Beispiel: Das Allacher Eigengewächs spielt mittlerweile für den Erstlisten Ludwigshafen. Oder Nico Schnabl, seit Jahren Spielmacher des österreichischen Erstligisten Bregenz. Oder Michael Hemmer. Oder, zuletzt, Florian Zinn: Beide wechselten ins Internat der Füchse Berlin.

Solche Spieler sind schwer zu halten bei einem Klub, bei dem angesichts seiner Möglichkeiten alle Beteiligten ein besonderes Engagement zeigen müssen, um an solche Sphären überhaupt zu denken, wie der Technische Leiter Alexander Friedl betont: "Wir haben keine so professionellen Strukturen wie diese Handballinternate, bei uns muss vieles in Eigenleistung erledigt werden." Eltern, Trainer, Offizielle und Spieler hätten unermüdlich und mit riesigem Einsatz daran gearbeitet, dieses hohe Ziel zu erreichen. Was nicht nur für die A-Junioren gilt. Alle Jugendklassen seinen mindestens doppelt besetzt, "in fünf von sechs Altersklassen spielen wir in den höchsten bayrischen Spielklassen", sagt Friedl. Denn neben dem Leistungssport sollen auch die Breitensportler bedient werden, was beim TSV Allach eine wichtige Rolle spiele, so Friedl.

Der Breitensport ist Teil des Erfolgsgeheimnisses, weshalb der Klub wider den Trend der vergangenen Jahre nie ein Problem beim Nachwuchs hatte. "Ich mache das jetzt seit zehn Jahren. Wir hatten kontinuierlich einen Zuwachs an Mitgliedern und auch an Mannschaften", sagt Friedl. Was auch daran liege, dass "wir immer sehr aktiv waren". Der TSV ist schon leit Langem in Schulen unterwegs, um Kinder für den Handball zu begeistern. Aus der Masse würden sich immer wieder Talente herauskristallisieren, wie Cedric Riesner. Der Kreisläufer gehört dem Kader des Jugendnationalteams an und wird kommende Saison nicht nur in der A-Jugend-Bundesliga für Allach, sondern auch per Zweitspielrecht für den Drittligisten Fürstenfeldbruck antreten. Er könnte das nächste Allacher Talent auf dem Sprung in den Profi-Handball sein.

Was macht sie denn nun aus, diese junge Mannschaft? "Die Geschlossenheit, der Wille, etwas zu erreichen und das dann auch in letzter Konsequenz durchzuziehen", sagt Krauß. Zudem ist der Kader tief und ausgeglichen besetzt, jede Position mindestens zweimal. Ein Leistungsabfall sei nie zu erkennen gewesen, egal wer auf dem Parkett stand. Fünfmal hätten die Jungs teilweise pro Woche trainiert, lobt Trainer Krauß, oft wurden spontan Einheiten an den Wochenenden eingeschoben - wenn eine Halle frei war. Denn die Allacher Halle war von Oktober bis Januar wegen Sanierungsarbeiten geschlossen oder nur stark eingeschränkt nutzbar. Noch ein Schicksal, das viele Klubs in der Region teilen. Trainer, Team und Verein zeigten also neben großem Einsatz auch großes Improvisationstalent. Jene Eigenschaften eben, die auch ohne große finanzielle Mittel große Erfolge hervorbringen können.

Zum zehnten Mal hat die Süddeutsche Zeitung in den vergangenen Wochen herausragende Talente gesucht und Sportvereine, die sich besonders um die Nachwuchsarbeit verdient gemacht haben.

© SZ vom 11.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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