SZ-Talentiade:Koordination statt Konsum

Lesezeit: 2 min

Sportgeräte in der Turnhalle. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Der SVN (Neuperlach) München erhält bei der Talentiade 2017 den Sonderpreis Sonderpreis der Dr.-Ludwig-Koch-Stiftung für die Kindersportschule (KISS), der mit 3000 Euro dotiert ist.

Von Stefan Galler, München

Nach der Schule geht es für viele Kinder möglichst noch vor dem Mittagessen und den Hausaufgaben an die Spielekonsole. Andere chatten sich am Smartphone die Finger wund oder konsumieren stundenlang Filme auf den zahllosen You-Tube-Channels. Nicht zuletzt durch die neuen Medien hat sich das Freizeitverhalten der Kinder verändert. Eine Entwicklung, vor der nicht nur Mediziner warnen. Um Kinder für Sport und Bewegung zu begeistern, entstand in den Neunzigerjahren in Baden-Württemberg die Idee einer Kindersportschule (KISS), in der Zwei- bis Zwölfjährige eine breit gefächerte und sportartunabhängige Bewegungsgrundausbildung bekommen sollen, abseits des schulischen Alltags.

Der TSV Milbertshofen hat 2011 eine dieser KISS ins Leben gerufen. Damals meldeten sich 45 Kinder an. Je nach Alter der Aktiven wurden drei Gruppen gebildet. Mittlerweile habe man 350 Kinder zwischen drei und acht Jahren in 21 Trainingsgruppen untergebracht, erzählt Heyke Brandtner, Geschäftsführerin des Vereins und Mit-Initiatorin des Projekts. Der TSV beschäftigt 15 Trainer, alle ausgestattet mit Sportstudium und Übungsleiterschein. Die Kinder teilen sich auf in neun "Mini-KISS"-Teams für Drei- bis Vierjährige, die eine Wochenstunde absolvieren, sowie acht KISS II- (fünf bis sechs Jahre) und vier KISS III-Gruppen (sieben bis acht Jahre); die Älteren treffen sich zwei Mal wöchentlich für jeweils 60 Minuten. "Mit neun, spätestens zehn Jahren spezialisieren sich die Kinder meistens auf eine Sportart, manche wechseln auch schon früher in eine Sparte", sagt Brandner.

Alles ist ein Spiel: "Die Kinder sollen intuitiv lernen", sagt Projektleiter Malcherzyk

In den KISS-Gruppen gehe es zunächst darum, für welche Sportarten sich die Kinder überhaupt begeistern - und auch eignen. Deshalb werden immer wieder neue Schwerpunkte gesetzt, sei es in den Bereichen Schwimmen, Selbstverteidigung, Gymnastik und Tanz oder in den Ballsportarten, wo man einen neuen Kurs etabliert, wie Sebastian Malcherzyk, der Leiter des Milbertshofener KISS-Projekts, erläutert: "Es geht darum, Kindern den grundsätzlichen Umgang mit dem Ball beizubringen." Dazu mache man kleine Spiele, in denen sie den Ball mit Fuß, Hand oder verschiedenen Schlägern bewegen und kontrollieren sollen. "Ich komme aus dem Handball", sagt Malcherzyk. "Da muss man den Ball prellen, gleichzeitig den Mitspieler und die eigene Position im Blick haben." Das sei für Kinder eine schwierige koordinative Aufgabe. "Sie sollen im Spiel intuitiv lernen", sagt Malcherzyk.

In München gibt es mittlerweile neun Kindersportschulen - offenbar zu wenige. Die Zahl der Interessenten ist so groß, dass es bereits Wartelisten gibt.

© SZ vom 29.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: