Synchronschwimmen:Die Schallmauer durchbrochen

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Münchens Synchron-Duett Marlene Bojer und Daniela Reinhardt glänzt bei den Japan Open - obwohl es zuhause gegen viele Widerstände kämpft.

Von Theresa Oertelt

Wenn Marlene Bojer von Tokio und den Japan Open erzählt, strahlt und schwärmt sie ununterbrochen. Bojer, die beste Synchronschwimmerin der SG Stadtwerke München - und ganz Deutschlands - knackte im freien Solo zum ersten Mal die 80-Punkte-Marke (82,633) mit einer sehr sauberen Kür und erreichte Platz Sechs. Und auch im Duett überboten Bojer, 24, und ihre Partnerin Daniela Reinhardt, 22, erstmals 80 Punkte (82,033). Das bedeutete Platz zwölf im starken internationalen Teilnehmerfeld. Gepunktet hatten sie vor allem im freien Duett. Bei der ersten Disziplin, dem technischen Duett, schwammen sie etwas unsynchron - was den ersten Eindruck bei den Kampfrichtern trübte.

Die Erfolge sind ein wichtiger Schritt in Richtung Olympia 2020 - dem Traum der beiden Isarnixen, wie sich die SG-Synchronschwimmerinnen nennen. Dort gibt es nur die Duett- und Teamdisziplin, weshalb sich die Münchnerinnen vor allem auf das Duett konzentrieren und Bojers Einzelerfolge etwas in den Hintergrund gedrängt werden. Und obwohl sie in Deutschland aktuell das beste Paar sind, müssen sie sich steigern. Unter 84 Punkten ist es fast unmöglich, sich für die Spiele in Japan zu qualifizieren. Außerdem erschwert ein neuer Beschluss die Teilnahme: Von Tokio 2020 an starten zwei Teams mehr, dafür zwei Duette weniger. Bojer ist zwiegespalten, sie glaubt nicht zu hundert Prozent an eine Teilnahme. "Na ja, die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir haben sicher das Zeug dazu, sind körperlich und mental total fit. Aber diesen Weg mit unserer Bädersituation zu bestreiten...". Dann atmet sie tief durch und lässt den Satz unvollendet.

Marlene Bojer, 24, ist die beste Synchronschwimmerin Deutschlands. Mit der Bädersituation in München ist sie aber äußerst unzufrieden. (Foto: Matt Roberts/Getty Images)

Die Druck- und Medientechnikstudentin meint die schlechten Trainingsbedingungen, die aus der schwierigen Bädersituation in München resultieren. Im Moment trainieren sie zum größten Teil im Kinderbecken der Olympia-Schwimmhalle, die noch immer saniert wird. Dieses hat drei Bahnen, ist 16 Meter lang und wurde extra tiefer gelegt. Um international konkurrenzfähig sein zu können, brauche man ein Bad mit mindestens 25 auf 30 Metern, sagt SG-Vorstand Barbara Liegl, die für die Isarnixen zuständig ist.

Ständig sucht sie den Kontakt mit den Ämtern und der Politik, um bessere Trainingsbedingungen zu erreichen. "Wir hüpfen aktuell von Pfütze zu Pfütze. Man glaubt es kaum, aber unser größtes Problem ist fehlendes Wasser." Liegl belastet die Situation, sie selbst und Cheftrainerin Doris Ramadan engagieren sich mit Verve für ihren Randsport, aber es ist auch ein Kampf gegen Windmühlen. "Wenn man zwei Mädels mit diesem Talent, im ungefähr gleichen Alter mit dem gleichen Ziel hat, sollte man das fördern mit allem was man hat", findet Liegl. Immerhin entsteht auf dem Gelände der Bayernkaserne ein neues Bad, was auch den Isarnixen als zusätzlicher Trainingsstandort dienen wird. Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein.

„Wir hüpfen aktuell von Pfütze zu Pfütze“: Bojer (li.) und Daniela Reinhardt können von Trainingsbedingungen, wie sie in Tokio herrschen, nur träumen. (Foto: Matt Roberts/Getty Images)

Bojer staunte in Tokio nicht nur über ihre Erfolge, sondern schwärmte auch von den dortigen Bedingungen. Vor den Wettkämpfen trainierten die beiden Isarnixen mit der japanischen Nationalmannschaft mehr als eine Woche in einem reinen Synchronschwimm-Hallenbad mit festinstallierten Unter- und Überwasserkameras.

Dagegen erschwert in München nicht nur die Bädersituation ihren Traum von Tokio. Auch ihr Kaderstatus wurde Bojer und Reinhardt Ende 2017 gestrichen. "Ein Leistungssportler ohne Kaderstatus geht irgendwie gar nicht", sagt Bojer. Dafür griff der Bayerische Schwimmverband dem Duett unter die Arme, er finanzierte ihnen auch die Reise nach Japan. Die Deutsche Sporthilfe unterstützt Bojer und Reinhardt ebenfalls, gemeinsam mit dem Deutschen Schwimm-Verband handelte sie ein Stipendium für die Münchnerinnen bei einer großen deutschen Bank heraus.

Trotz allem sind die beiden Isarnixen zusätzlich auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. "Ich glaube nicht, dass wir in diesem Sport jemals mit einem Plus rausgehen", meint Bojer. Aber allein schon der Erfahrungsschatz, den sie in Tokio gesammelt hat, ist für sie unbezahlbar.

© SZ vom 05.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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