SV Heimstetten:"Sensationell gelaufen"

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Früher als erwartet steht der SV Heimstetten nach einem 3:0-Sieg in Kottern als Bayernliga-Meister fest. Eine erstaunliche Erfolgsgeschichte, die mit einem 1:7-Debakel in Rain begann.

Von Andreas Liebmann und Fabian Swidrak, Kirchheim

Es hat mal eine Zeit gegeben, gar nicht allzu lange her, da standen noch nicht alle erdenklichen Informationen im Internet. Den Ausgang eines Fußballspiels in der Bayernliga Süd zum Beispiel erfuhr in dieser Zeit nur zügig, wer entweder dabei war oder jemanden anrief, der es wusste. Christoph Schmitt war ein sehr junger Fußballspieler beim SV Heimstetten, als diese Zeit zu Ende ging. Heute ist Schmitt der immer noch junge Trainer des SV Heimstetten. Sein Klub gewann am Wochenende 3:0 (0:0) beim TSV Kottern - und weil die Verfolger unfreiwillig mithalfen, steht er damit als Meister der Bayernliga Süd fest, was freilich nur wenige Augenblicke nach Schlusspfiff im Internet zu lesen stand. Wer noch am Abend Trainer Schmitt anrief (Stichwort: Faktencheck), hätte indes fast den Eindruck gewinnen können, Schmitt sei weder dabei gewesen noch habe er Internetempfang gehabt.

"Ich bin mehr als stolz und war den Tränen nahe", sagte Manager Michael Matejka

Schmitt, 32, war am Samstagabend mit seiner Mannschaft im Bus unterwegs, auf dem Heimweg. Er berichtete, er und die anderen alten Männer (Stichwort: Scherz) hätten sich im vorderen Teil des Busses etwas zurückgezogen. Nicht zu überhören war, wie die zum Teil kaum jüngeren Männer im hinteren Teil des Busses sangen und grölten. Schmitt aber sprach mit ruhiger Stimme und in gewohnter Nüchternheit. Er sagte: "Die Feier ist jetzt ja schon ein sehr spontanes Thema."

Meisterglück in Heimstetten: Hier posiert das gesamte Kollektiv. (Foto: privat)

Seit Wochen war der Gewinn der Meisterschaft für den SV Heimstetten nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Schmitt hatte dennoch nicht erwartet, dass es an diesem Wochenende soweit sein könnte. Verfolger SV Pullach hätte seine Partie gegen Holzkirchen gewinnen müssen, um Heimstettens Titelgewinn noch ein paar Tage hinauszuzögern, spielte aber Unentschieden. Die Partie endete eine halbe Stunde vor der des SV Heimstetten, weshalb sich die nahende Meisterschaft schon vor dem Abpfiff herumgesprochen hatte. "Spätestens als ich das Meister-T-Shirt angezogen habe, wussten es dann alle", sagte Schmitt, der sich also doch auf alle Eventualitäten vorbereitet hatte. "Ich hätte den Titel auch gerne kommende Woche in einem Heimspiel gewonnen. Aber so ein 3:0 bei Kottern ist schon eine Hausnummer. Das Spiel hat mich an die Hinrunde erinnert."

Torjäger Orhan Akkurt (mit Zigarre), eingerahmt von Manuel Duhnke (links) und Sebastiano Nappo. (Foto: privat)

Vor der Winterpause hatte Heimstetten die Liga dominiert, 14 Spiele in Serie nicht verloren. In den vergangenen Wochen hatte Trainer Schmitt sich dann aber oft über die Leistung seiner Mannschaft geärgert. "Das ist jetzt alles egal. Die Stimmung hinter mir ist zu Recht sehr flüssig gerade", sagte Schmitt, nachdem zuvor Orhan Akkurt (49.), Kazuki Date (61.) und Sebastiano Nappo (85.) die drei Tore erzielt hatten.

Keine Selbstverständlichkeit, das wusste auch Manager Michael Matejka. Denn die Gastgeber standen "defensiv wahnsinnig gut", wie er betonte. Als Kotterns Roland Fichtl nach 20 Minuten allein auf Torwart Maximilian Riedmüller zugelaufen war und Heimstettens Schlussmann das Gegentor verhinderte, wertete Matejka dies als "Zeichen", dass es ein richtig guter Tag für seinen Klub werden könnte.

Auf dem Rasen freut sich Peter Beierkuhnlein. (Foto: privat)

Die Eins-gegen-eins-Rettungstat in Kottern mochte ein Schlüssel zu dieser Partie gewesen sein, für den gesamten Saisonverlauf gab es andere Wegmarken, an die Matejka in der Nachbetrachtung dachte. Zum Beispiel an den achten Spieltag, 9. August 2017, an jene 1:7-Auswärtsniederlage beim TSV Rain, dem aktuellen Tabellenzweiten, der ihnen nun am Samstag mit einer Nullnummer bei Schwaben Augsburg ebenfalls entgegengekommen war. "Als wir danach nicht weggebrochen sind und nicht angefangen haben, uns zu streiten, hatte ich schon dass Gefühl, dass hier etwas Positives entstanden ist." An den Titel, an die Rückkehr in die Regionalliga, habe er da noch längst keinen Gedanken verschwendet, das kam viel, viel später; als die Leistungen nach der Winterpause merklich nachgelassen hatten, die Ergebnisse allerdings trotzdem noch passten. "Es ist einfach sensationell gelaufen", sagte Matejka nun, zu erwarten gewesen sei das keineswegs. Er erinnerte daran, dass sie sich im Sommer "für einen anderen Weg" entschieden hatten, manchen Leistungsträger ziehen ließen, um ihr Team zu verjüngen; wie sie mehr auf Spieler aus der Region und aus der zweiten Mannschaft setzten. Umso emotionaler nahm er den Erfolg am Samstag auf. "Ich bin mehr als stolz und war den Tränen nahe", gab er zu. Es sei "bewundernswert", wie akribisch und professionell das Trainerteam gearbeitet habe, "sie haben einen überragenden Job gemacht". Und wie die gesamte Mannschaft mitgezogen habe. Natürlich habe das Offensivtrio herausgeragt: Sebastiano Nappo mit 27 Saisontreffern, Lukas Riglewski mit 19 und Orhan Akkurt mit 18. "Aber die waren auch nur so gut, weil aus dem Mittelfeld die passenden Bälle kamen", sagte Matejka, "alle haben ihren Job gemacht, es geht nur als Kollektiv."

Ach so, was Trainer Schmitt noch sagte, während hinter ihm im Bus gesungen und gegrölt wurde: "Wir werden weiter trainieren. Nicht mehr mit der Intensität wie bisher, aber wir wollen schon dafür sorgen, dass die Liga ein fairer Wettbewerb bleibt."

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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