SV Heimstetten:Immer mit der Ruhe

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Mehr als ein Torjäger: Mohamad Awata erzielt gegen Fürth seinen vierten Treffer für Heimstetten. Er ist aber auch als fleißiger Dauerläufer gefragt – und gelegentlich sogar mal als Handwerker. (Foto: Claus Schunk)

In Überzahl gelingt der abstiegsgefährdeten Mannschaft von Trainer Christoph Schmitt ein ebenso wichtiges wie souveränes 2:0 über die SpVgg Greuther Fürth II.

Von Christoph Leischwitz, Kirchheim

Christoph Schmitt und Lennart Hasenbeck waren sich nicht einig, ob Tim Schels noch 19 oder schon 20 Jahre alt ist. So oder so ist der Mittelfeldspieler eigentlich viel zu jung, um auf dem Platz Ansagen wie "Männer! Geduldig! Genug Zeit!" zu machen, dafür gibt es andere beim SV Heimstetten, irgendeiner von den gestandenen Männern eben, so einer wie der ehemalige Zweitligaspieler Paul Thomik, immerhin 14 Jahre älter als Schels (der übrigens in der Winterpause 20 wurde). Es gibt zwei Dinge, die Schels in dieser Situation trotzdem befugten: Erstens verrichtet der Youngster im defensiven Mittelfeld ordentliche Arbeit in einer Mannschaft, die sich im Abstiegskampf befindet. Zweitens hatte er in jener 30. Minute gerade recht geschickt ein taktisches Foul gezogen. Und so erwirkt, dass der SV Heimstetten gegen die SpVgg Greuther Fürth II mehr als eine Stunde lang in Überzahl agieren konnte. Ergebnis: Ein weitgehend souveränes 2:0 (1:0), mit dem man Anschluss hält an die Nichtabstiegsplätze.

Dass so ein junger Spieler mal über den Platz schreit, ist im Grunde aber nicht das Besondere am SV Heimstetten in der aktuellen Lage. Sondern vielmehr, wie wenig Geschrei es auf und um den Platz gibt. Diese Ruhe einzufordern, das ist das eine. Dass es tatsächlich ruhig bleibt, ist das andere. "Mit Rückschlägen umgehen", Niederlagen also nicht überbewerten, nennt Hasenbeck einen von mehreren Gründen. Umgekehrt bedeutet das für den 30-Jährigen aber auch, dass zu großes Geschrei nach einem Sieg tunlichst vermieden werden sollte. Gut zu hören war das bei seiner Ansprache nach dem Schlusspfiff auf dem Rasen: Er gratulierte dem Team, aber testosteron-gesteuerte Gesänge wie Humba Tätäräää blieben aus.

Die Führung gelang dann trotz aller Geduld im Spiel nur zwölf Minuten nach dem Platzverweis des Fürthers Yosuke Ideguchi. Lukas Riglewski hatte einen Ballverlust von Dominic Minz ausgenutzt, war alleine bis vor den gegnerischen Sechzehner gelaufen und hatte dann abgezogen. Fürths Torwart klatschte nach vorne ab, Mohamad Awata stand genau richtig und köpfelte perfekt gegen die Laufrichtung des Keepers - 1:0. Der Syrer weiß in jeder Beziehung etwas mit Toren anzufangen: Am Dienstag hatte er auswärts in Garching mal eben eines repariert, als die Latte nur noch lose auf dem Pfosten lag, danach konnte es weitergehen. Er hat aber auch schon vier Tore erzielt seit seinem Wechsel nach Heimstetten im vergangenen Winter.

Vor der Halbzeit musste sich Keeper Maximilian Riedmüller einmal strecken (43.), einmal klärte Thomik nach einem Eckball auf der Linie (45.+1), dann kam der Pfiff, und das Schlimmste war überstanden. Allzu viel passierte in der zweiten Halbzeit nicht, die Entscheidung fiel erst nach einem Freistoß von Marcel Ebeling, der aber nicht ins Tor ging, sondern die ausgestreckte Hand von Can Coskun traf, der dann auch Gelb-Rot sah. Den fälligen Strafstoß verwandelte Riglewski sicher (90.+1).

Die Zeit dazwischen hatten die Heimstettner überwiegend mit der Verwaltung der Führung verbracht, und das souveräner als früher. Die Trainer führen dafür mehrere Gründe an. Da sei zum einen der Stürmer Awata, der "extrem fleißig ist, der läuft da viel vorne weg", sagt Cheftrainer Christoph Schmitt. Die Defensivarbeit der gesamten Mannschaft funktioniere dadurch besser. Zweitens bringe Kapitän Mathias Regal in der Abwehrreihe Stabilität, und Spieler wie der junge Schels sorgten dafür, dass die Gegner seltener mit Tempo auf die Kette zulaufen könnten. Drittens ist rechts neben Regal Routinier Thomik nun zum ersten Mal seit langer Zeit fit und gesund. "Jetzt ist alles wieder gut, hoffentlich auch mal länger", sagte er. Thomik gibt viele Kommandos und sagt, wenn das in seinem Alter nicht so wäre, "dann würde doch irgendwas falsch laufen". Man habe im Winter viel an der Verteidigungsarbeit verbessert, er wolle da nicht zu viele Details verraten, aber man sehe ja, dass es funktioniert.

Allerdings: Nach gerade mal zwei Zu-Null-Spielen bis zur Winterpause blieb die Mannschaft seitdem in vier von sieben Partien ohne Gegentor. Dabei habe sie bei dem bitteren 2:3 unter der Woche in Garching eine Halbzeit lang auch sehr gut gespielt. Heimstetten steht nun auf dem oberen Relegationsplatz. Sollte der FC Ingolstadt II wegen des möglichen Abstiegs seiner Profimannschaft selbst zwangsabsteigen, wäre Heimstetten mit dem aktuellen Tabellenplatz bereits gerettet. Das alles interessiere aber nicht, sagte Thomik, "wir wollen das nicht am grünen Tisch, sondern aus eigener Kraft schaffen". Er schlug dabei nachdrücklich mit der Faust in die Handfläche.

Rückschläge gibt es aktuell trotzdem. Manuel Duhnke verletzte sich kurz nach seiner Einwechslung und verließ fluchend und kriechend den Platz. Daniel Steimel, einst Hoffnungsträger, wird wohl in der aktuellen Saison nicht mehr auf den Rasen zurückkehren. Aber sie bleiben ruhig.

© SZ vom 08.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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