SV Heimstetten:Frust bei den Sommerfußballern

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Heimstettens Torjäger Orhan Akkurt (li.) war nicht immer mit sich und dem Ball im Reinen, Kollege Kazuki Date (Mitte) staunt interessiert. (Foto: Claus Schunk)

Trotz eines 3:1-Sieges gegen Neumarkt wird der Tabellenführer den eigenen Ansprüchen erneut nicht gerecht.

Von Matthias Schmid, Kirchheim

Orhan Akkurt schickte dem Ball eine wegwerfende Handbewegung hinterher, gleichzeitig schrie er laut heraus: "Mann, ey!" Der Stürmer des Bayernligisten SV Heimstetten hatte gerade einen Ball so weit über das Tor gehauen, dass dieser sogar über dem Fangzaun hinaus flog und irgendwo im Wäldchen außerhalb des Sportparks landete. Akkurt hätte nach dieser misslungenen Aktion gegen den ASV Neumarkt durchaus gelassener reagieren können, aber er merkte am Sonntagnachmittag nach gut einer Stunde, dass dem Spiel und vor allem ihm selbst ein Tor guttun würde. 2:0 führte Heimstetten, aber "Torhan", wie er liebevoll vom Stadionsprecher gerufen wird, hatte nicht direkt zur beruhigenden Führung des Tabellenführers beigetragen. Und ein Spiel ohne ein Tor von ihm ist ein schlechtes. Das ist sein Anspruch an sich selbst. Kurz vor Schluss durfte sich der 32-Jährige dann doch noch feiern lassen. Er hatte mit seinem 18. Saisontor zum 3:1 (2:0) getroffen, was gleichzeitig auch der Endstand war, kurz zuvor hatte Neumarkt auf 1:2 verkürzt (87.). Mit dem Sieg vergrößert Heimstetten die Tabellenführung in der Bayernliga Süd auf elf Punkte, allerdings hat der Zweite SV Pullach drei Partien weniger gespielt. Christoph Schmitt, Heimstettens Trainer, schüttelte nach dem Schlusspfiff trotzdem sein Haupt, immer wieder. Er war überhaupt nicht zufrieden. "Ich bin glücklich über den Dreier", verkündete er tapfer, aber seine Körpersprache sagte etwas ganz anderes aus. Er hatte sich massiv über die zweite Hälfte geärgert, in der seine Spieler "Sommerfußball" gezeigt hätten, wie er zugab: "Das sah aus wie im Juli."

Dabei hatte das Spiel mit einem sehenswerten Schuss begonnen. Allerdings war es Neumarkts Jan Mazanec, der aus gut 25 Metern abgezogen hatte und den Ball wuchtig und zugleich gefühlvoll traf, sodass er im hohen Bogen auf das Heimstetter Tor zuflog. Doch Kevin Pradl, der den leicht angeschlagenen Maximilian Riedmüller vertrat, lenkte den Ball - quer in der Luft liegend - über die Latte (3.). Eine Flugeinlage, die einem Ersatztorhüter Selbstvertrauen und Sicherheit gibt.

Danach rückten auch seine Mitspieler in den Mittelpunkt. Allen voran Lukas Riglewski. Der Stürmer legte sich nach einem Foul an Sebastiano Nappo den Ball in zentraler Position zurecht, etwa 20 Meter vor dem Tor. Immer wieder nahm er ihn auf und legte ihn wieder ab, er streichelte ihn, bis er die optimale Lage gefunden hatte. Draußen raunten die Zuschauer, dass das jetzt ein Tor werde. Sie kennen ja Riglewskis wunderbare Schusstechnik, ein paar Meter Anlauf, dann schnippelte er den Ball über die Mauer. Es war einer dieser Freistöße, bei denen der Schütze, nachdem der Ball den Fuß verlassen hat, schon weiß, dass er oben rechts einschlagen wird. Er hatte den Ball wuchtig getreten, ihm einen raffinierten Schnitt mitgegeben, er flog und flog und senkte sich erst kurz vor der Latte. Ein hinreißendes Tor (18.) - und zugleich Riglewskis 18. Treffer in dieser Spielzeit. "Allererste Sahne", lobte Schmitt seinen Spieler, das Tor passte zum Spiel der ersten Hälfte. Heimstetten kontrollierte die Partie, die Heimmannschaft ließ Ball und Gegner geschickt laufen - und kam zu weiteren Torchancen. Schon zwei Minuten später schlug Kazuki Date im Strafraum über den Ball, dieser landete vor den Füßen von Akkurt, der ihn ins lange Eck schlenzen wollte, doch der Pfosten hatte etwas dagegen. Es vergingen weitere muntere zehn Minuten, in denen die Gastgeber gefällig nach vorne spielten, mitunter sogar kunstvoll kombinierten. Doch der zweite Treffer war nicht das Resultat eines schönen Spielzugs, sondern eines Gewaltschusses von Dominik Schmitt. Nappo hatte den SVH-Kapitän sehenswert freigespielt, der den Ball satt und flach mit dem Vollspann aus gut 25 Metern über die Linie beförderte (38.). Die Mitglieder des Fanklubs "Hoaschdenger Buam" waren so euphorisiert, dass sie voller Inbrunst in Dauerschleife sangen: "Fünfte Liga Adieu." Vom Aufstieg in die Regionalliga will Trainer Schmitt aber noch nichts wissen, ihm gefällt der Trend nach der Winterpause mit zwei Niederlagen überhaupt nicht.

Wichtiger als die Resultate sind Trainer Schmitt die individuelle und gruppentaktische Ausbildung

Er kritisiert vor allem die fehlende spielerische Entwicklung seiner Mannschaft. "Im Vergleich zum Herbst stagnieren wir sogar", findet der 32-Jährige. Er stellt hohe Ansprüche an sich und seine Spieler, noch wichtiger als die Resultate ist ihm die individuelle und gruppentaktische Ausbildung seiner Mannschaft. Er will deshalb in den nächsten Wochen das Passspiel verbessern, die taktischen Abläufe. "Die Spieler sind selbstkritisch genug und wissen, dass wir da Nachholbedarf haben", sagt Schmitt. Er will aber nicht nur gut spielen, die Meisterschaft soll es bitteschön auch werden. "Wir wollen nicht einfach so in die Regionalliga hineinrutschen, sondern verdient aufsteigen." So ganz kann sich auch Christoph Schmitt von den Resultaten nicht freimachen.

© SZ vom 09.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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