Stabhochsprung:Angriff auf Black Mamba

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Beim Gräfelfinger "Touch-the-Clouds"-Festival gelingt am Wochenende manchem Teilnehmer eine neue Bestleistung. Nur der Weltrekordversuch einer nicht mehr ganz jungen Britin schlägt fehl.

Von Karl-Wilhelm Götte, Gräfelfing

Ein Zupfinstrumentenbauer fliegt: Julian Meuer ist nach Rückenproblemen wieder fit. Er wird künftig mit dem Arbeits- allerdings auch den Trainingsort wechseln. (Foto: Claus Schunk)

Natürlich sind die Zuschauer für jeweils zwei Euro deutlich näher dran an den Wolken als die Stabhochspringer unter ihnen auf dem Sportplatz des Gräfelfinger Kurt-Huber-Gymnasiums. Sie stehen schließlich in einem Käfig im 55 Meter hohen Kran des Klubsponsors. Doch auch die Stabartisten haben sich zwei Tage lang bemüht, das Veranstaltungsmotto "Touch the Clouds" wenigstens ansatzweise in die Tat umzusetzen. 134 Springer - 60 von ihnen weiblich - geben dabei ein buntes Bild ab, dass man meinen kann, Stabhochspringen ist zur Trendsportart für Jugendliche geworden. Es gibt die Anlage "Green Frog" und "Black Mamba" - auf beiden kämpfen die jungen und älteren Sportler nahezu pausenlos um persönliche Bestleistungen. Elf Jahre alt sind die jüngsten, die sich über zwei Meter und mehr schwingen; Iris Hill mit 50 Jahren ist die älteste Springerin.

Die Britin Iris Hill, die für den Midlands Masters Athletik Club antritt, versucht sich in Gräfelfing an nichts weniger als einem Weltrekord. In der Halle ist Hill bereits den Altersklassen-Weltrekord von 3,51 Meter gesprungen. Altersklasse oder Masterklasse heißt in diesem Fall 50 bis 54 Jahre. Hill, die gerade in Kaufering wohnt, hat vor gut 23 Jahren mit dem Stabhochspringen angefangen. Bei 4,20 Meter steht ihre Bestleistung, die sie mit 37 Jahren geschafft hat. "Du brichst dir das Genick, haben mir Freunde damals gesagt", erinnert sie sich gut. Das ist gottlob nie passiert. "Verletzt bin ich nie gewesen", erzählt Hill, die mit 50 immer noch großen Spaß an ihrem Sport hat. In der neuen Altersklasse gerade angekommen will sie in Gräfelfing die 3,51 Meter der Masters-Konkurrenz vor die Nase setzen. Das gelingt ihr jedoch nicht. Drei Versuche über die neue Weltrekordhöhe gehen daneben.

Auf der Anlage "Black Mamba" haben die zwölf Springer des "Top-Feldes" der Männer ihren Wettkampf aufgenommen. Drumherum gruppieren sich 300 Zuschauer an Biertischen und auf einer Tribüne eines Lkw-Trucks. Mit rhythmischem Klatschen zu Rock-Musik feuern die fachkundigen Zuschauer die Springer an. Das Gros des Top-Feldes ringt mit der Höhe von fünf Metern. Mit dabei zwei Lokalmatadoren vom TSV Gräfelfing, die ihre Bestmarken verbessern oder wieder erreichen wollen. Julian Meuers persönliche Höchstleistung steht bei 5,10 Meter aus dem Jahre 2017. Das vergangene Jahr hat Meuer vor allem mit Rückenschmerzen verbracht. An Stabhochspringen ist nach einem schließlich diagnostizierten Bandscheibenvorfall lange kaum zu denken gewesen. "Jetzt fühle ich mich wieder fit und greife an", verkündet Meuer gut gelaunt vor dem Wettkampf. Er will seine Jahresbestleistung auf 4,91 Meter verbessern. Sein erster Versuch über 4,76 Meter sieht schon sehr gut aus.

Angespornt vom heimischen Publikum freut sich Noah Kollhuber über einen 4,76-Meter-Sprung. (Foto: Claus Schunk)

4,76 Meter schafft auch Noah Kollhuber vom TSV Gräfelfing. Das ist eine neue persönliche Bestleistung für ihn. Bisher stand die bei 4,70 Meter. 4,91 Meter sind dann zu hoch für den 24-jährigen Gräfelfinger. Der schaut danach etwas traurig drein. "Schade, ich wollte noch einen draufsetzen", sagt Kollhuber, als er seinen Glasfiberstab einpackt. Julian Meuer lässt bei seinem dritten Versuch über 4,91 Meter noch einmal die Rockmusik ganz laut aufdrehen. Doch der diesjährige bayerische Hallenmeister reißt wieder. "Ich brauche mehr Wettkämpfe", meint Meuer nach seiner Vorstellung. Es ist erst sein dritter Freiluftwettkampf. Für die Zukunft steht für ihn fest: "Ich muss mich an härteren und längeren Stäben versuchen." Das wird er zukünftig im nordrhein-westfälischen Marl tun. Der 22-Jährige ist Zupfinstrumentenbauer von Beruf. Im Raum München hat er keine passende Arbeitsstelle gefunden und ist deshalb in seine Heimat umgezogen. Dort fasst er jetzt ein Sportstudium ins Auge, startet aber weiterhin für Gräfelfing. In Marl wird er nicht mehr vom Gräfelfinger Matthias Schimmelpfennig trainiert, aber genauso formidabel betreut. Sein Trainer dort ist Wolfgang Mohr, Vater von Deutschlands Top-Springer Malte Mohr, der wiederum in Gräfelfing trainiert.

Für Meuer und Kollhuber zeigt sich am Ende, dass der Abstand zum Sieger Vincent Hobbie (Karlsruhe) noch enorm ist. Hobbie machte aus einem B-Wettkampf noch einen der A-Kategorie. Er pulverisierte unter dem Jubel der Zuschauer geradezu seine Bestleistung von 5,34 auf 5,50 Meter und ist den Wolken damit von allen Springern am nächsten gekommen. Einen technisch sehr reifen Eindruck, was die Sprungkontrolle betrifft, macht auch der Norweger Simen Guttormsen. Der 18-Jährige fällt durch rasante Anlaufgeschwindigkeit auf und belegt mit übersprungenen 5,21 Metern den dritten Platz im Top-Feld.

© SZ vom 03.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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