Sportschützen:Erst reden, dann schießen

Lesezeit: 2 min

Neue alte Nummer eins: Olympiasiegerin Olena Kostevych steigt nach einer Babypause wieder ein. (Foto: Imago)

Ein Jahr nach dem Rückzug startet die HSG München wieder in der Luftpistolen-Bundesliga - mit neuem Trainer und der Hoffnung auf mehr Teamgeist.

Von Julian Ignatowitsch, München

Arben Kucana ist mitten im Training. "Ich rufe gleich zurück", sagt er - um 22 Uhr klingelt dann das Telefon. "Wir waren im Abschlusstraining", erklärt der Trainer der HSG München. Zuerst habe er mit seiner Mannschaft einen Wettkampf simuliert, dann technische und taktische Feinheiten besprochen, schließlich das Prozedere fürs Wochenende. "Treffpunkt, Abfahrtszeit, Equipment", sagt er.

Vor dem Saisonstart in der Luftpistolen-Bundesliga will Kucana nichts dem Zufall überlassen. Der 51-Jährige geht erstmals als Trainer und Teamleiter in eine Erstliga-Saison. Schon lange schießt er selbst für die HSG, auch noch im vergangenen Jahr in der 2. Bundesliga und "notfalls auch in dieser Saison, aber das soll die absolute Ausnahme sein". Kucana will hinter dem Schießstand die Fäden in der Hand halten.

Die HSG München ist nach einjähriger Pause in der Bundesliga zurück. 2017 hatte Schützenmeister Helmut Fischer sein Team aus der höchsten Liga abgemeldet, weil die Wettkampfstätte im Vereinsheim nicht den Anforderungen entsprach und Ausweichmöglichkeiten schwer zu finden waren. "Das war auch ein Zeichen", sagt Fischer rückblickend. Vor dieser Saison habe die HSG "viel Unterstützung vom Verband erhalten", so dass man den Heimwettkampf an der Olympia-Schießanlage in Hochbrück ausrichten kann. "Die haben extra die Finalhalle leer geräumt und uns direkt den Wunschtermin reserviert", erklärt Fischer fast ein wenig stolz. "Also starten wir wieder in der Bundesliga."

Die sportliche Qualifikation hat die HSG problemlos geschafft. In der zweiten Liga gingen weiterhin Profis und Nationalkaderschützen an den Stand, weshalb die Mannschaft kein einziges Duell verlor. Der Vereinsvorstand rechnete die guten Ergebnisse auch dem Trainer Kucana an, der nun Ex-Trainer Detlef Polter in der Bundesliga ablöst. "Kann sein, dass Detlef etwas anderes erwartet hätte", sagt Schützenmeister Fischer: "Aber diese Lösung ist eben nun so gewachsen." Polter äußert sich kurz und knapp zu seiner Ablösung. "Wir haben ja hier im Verein noch viel anderes zu tun", meint er. Ob er mit der Entscheidung einverstanden sei? "Ja", sagt er und verabschiedet sich.

Kucana, Olympia-Teilnehmer 2012 für Albanien und einst Schütze unter Trainer Polter, will manches anders machen als sein Vorgänger. "Die Kommunikation ist mir extrem wichtig", betont er und will deshalb mit seinen Athleten "reden, reden, reden". Entsprechend ausführlich schildert er seine Pläne für die Liga. "Alles, was man nicht sagt, ist nicht gut und schadet dem Team", meint er. Die Schützen sollen ein "Mitspracherecht" haben, sollen "mitentscheiden." In der Vergangenheit stand öfter mal die Teamchemie infrage. Auch wenn die Ergebnisse meist gut waren, habe jeder mehr für sich geschossen, hörte man aus dem Kreis der Mannschaft. Vielleicht schaffte es die HSG auch deshalb selten, gute Hauptrundenergebnisse in der Finalrunde zu bestätigen. Nach dem Meistertitel sehnen sie sich in der Königlich privilegierten Hauptschützengesellschaft München von 1406 nach wie vor.

Kucana will nun "voneinander lernen und füreinander jubeln", auch wenn er weiß, dass "Schießen natürlich eine Einzelsportart ist". Sie wollen in die Finalrunde, dazu muss die Mannschaft in der Gruppe Süd einen der ersten vier Plätze erreichen. Die Ukrainerin Olena Kostevych, Olympiasiegerin von 2004, steht weiter an Nummer eins. Nach eineinhalbjähriger Babypause muss sie aber erst wieder ihre Bestform finden. Deshalb hat sich die HSG mit dem Bulgaren Samuil Donkov einen zweiten internationalen Hochkaräter geholt, der Kostevych gegebenenfalls vertreten kann. Pro Wettkampf darf laut Bundesliga-Regularien nur ein Ausländer starten. An Nummer zwei folgt Michael Heise, einer der besten deutschen Schützen, dahinter in Aleksandar Todorov ein weiterer Kaderschütze. Das große Fragezeichen sind die Postionen vier und fünf, wo sich drei ambitionierte Freizeitschützen (Andreas Martin, Florentin Kunzlmann, Nick Ruß) um zwei Plätze streiten. "Der ein oder andere muss sich erst einmal an das neue Niveau gewöhnen", glaubt Kucana. Nervosität und Nervenstärke spielen dabei eine Rolle. Im Zweifel könne er ja noch selber an den Stand gehen, sagt Kucana. Für die ersten Duelle am Wochenende gegen Außenseiter Peiting und Favorit Waldkirch ist das nicht geplant.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: