Sportpolitik:Großbaustelle Sportstadt

Lesezeit: 7 min

Im Jahr 2022 werden 1,7 Millionen Menschen in München leben. Viele von ihnen wollen Sport treiben oder sehen. Dafür hämmert und bohrt die Stadt an allen Ecken und Enden. Ein Überblick.

Von Ralf Tögel und Sebastian Winter

Von Action- über Breitensportler, Fußballer, Ruderer, Schwimmer und Nutzer des Olympiaparks - alle dürfen darauf hoffen, dass die Sportbedingungen in ihrer Stadt besser werden. Denn in München wird an allen sportlichen Ecken und Enden gebaut. "In so einer strukturierten Form hat man das hier schon lange nicht mehr gehabt", sagt Beatrix Zurek (SPD), Leiterin des Referats für Bildung und Sport: "Ich glaube, dass wir jetzt viele Dinge anpacken."

Das muss die Stadt auch. Bis Ende 2022 wächst die Bevölkerung Münchens auf voraussichtlich 1,7 Millionen Menschen. Und damit steigt auch die Zahl derjenigen, die sich bewegen wollen. 52,6 Millionen Euro gab München 2017 für Sportprojekte aus, 2018 dürfte es sich um einen ähnlichen Betrag handeln. Neben dem Breitensport liegen der Landeshauptstadt besonders die 705 Vereine am Herzen, die sie jährlich mit je 52 198 Euro fördert. Und mit Darlehen aus Sonderförderungen. Zurek wünscht sich, wie Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (s. Kasten), mehr Zuschüsse vom Freistaat. Zugleich entstehen gerade im Rahmen eines milliardenschweren Schulbauprogramms viele neue Sport- und Schwimmhallen - oder werden saniert. Auch bei den Großsportstätten tut sich viel. Wo genau? Eine Handreichung zu den wichtigsten Münchner Sportprojekten der nächsten Zeit.

Regattastrecke Oberschleißheim

Die Regattastrecke ist seit Jahren ein Großthema der Stadt. Ende 2011 wurde ein Nutzungs- und Finanzierungskonzept für die in die Jahre gekommene, teils marode Anlage mit der monumentalen Tribüne in Auftrag gegeben. Die Sanierung sollte um die 40 Millionen Euro kosten. Gespräche mit Bund und Freistaat über Zuschüsse verliefen allerdings im Sand, woraufhin die Stadt nun drei abgespeckte Sanierungsvarianten ins Auge fasst, die jeweils den Bau eines Schullandheims vorsehen: Erstens eine "große" Lösung für den Breiten- und Leistungssport, auf deren Basis auch weiterhin internationale und nationale Regatten stattfinden; diesen Vorschlag präferieren die beteiligten Vereine und Verbände und auch Zurek: "Wenn man schon so eine Anlage hat, die auch tolle Windbedingungen bietet, sollte das auch darstellbar sein." Zweitens eine Variante nur für den lokalen Breitensport, aber ohne große Regatten. Und drittens die Umwandlung in ein Freizeitareal, die aber eher unwahrscheinlich ist. Zurek hofft, dass der Stadtrat Mitte/Ende 2018 eine Entscheidung fällt, die Bedarfsanalyse muss erst noch finanziell bewertet werden. "Es wird etwas herauskommen, was ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis hat", sagt Zurek. Ob die historische Tribüne abgerissen wird, entscheidet sich wohl erst Ende 2018.

Actionsporthalle

Es war ein lange gehegter Wunsch der Münchner Freestyle-Szene, fürs Üben endlich ein Dach über den Kopf zu bekommen. Leicht gesagt, findet Sportbürgermeisterin Christine Strobl (SPD). Allein die Suche nach einem geeigneten Standort war so schwierig wie langwierig. Nun ist ein Ort gefunden: Die denkmalgeschützte ehemalige Eggenfabrik an der Paul-Gerhardt-Allee in Pasing soll zum Actionsportzentrum umgebaut werden. 1000 Quadratmeter hat die Halle, in der ein Street-Parcours für BMX und Skateboard entstehen soll, 3000 Quadratmeter wird ein neuer Anbau groß, mit Trampolin-Bereich, Miniramp, Bowl und anderen Leckereien für Freerider. Gesucht wird noch ein Betreiber, idealerweise "ein Verein aus dem Jugendbereich", erklärt Strobl.

Die Stadt will damit dem wachsenden Interesse an Trendsport wie Parkouring, Freerunning, Tricking oder Slacklining gerecht werden. Nicht zuletzt der Erfolg des Actionssportfestivals Munich Mash dürfte eine treibende Rolle gespielt haben, auch die Skateboardszene in der Stadt hat beharrlich Bedarf angemeldet. Das Angebot in der Eggenfabrik soll bezahlbar sein und sich auch an Schulklassen und Jugendgruppen richten. Bisher hat der Stadtrat nur Konzept und Raumprogramm gebilligt, jetzt geht das Projekt in die Planung. Aber die Sportbürgermeisterin ist sich recht sicher, dass die Halle kommt, denn es gibt Bedarf, und "der Stadtratsbeschluss war einstimmig".

Sportpark Freiham

Den Bau des Sportparks Freiham hat der Stadtrat im Mai 2017 beschlossen - es ist das wohl ehrgeizigste Quartiersprojekt in München. Im neuen Stadtviertel entstehen zwei Dreifachsporthallen für Schul-, Vereins- und Breitensport, eine Schulschwimmhalle und Freisportanlagen, alles inklusiv geplant, also barrierefrei begehbar. Doch es gab auch Missverständnisse: Ursprünglich sollte eine dritte, 2000 Zuschauer fassende Halle gebaut werden, explizit wurde Erstliga-Volleyball als ein möglicher Nutzer genannt. Das Problem war, dass die Halle dafür zu klein gewesen wäre, denn der Verband schreibt für Neubauten mindestens 2500 Zuschauer vor. Allerdings erst seit 2014, da war das Ursprungskonzept der Stadt schon ein Jahr alt. Außerdem fürchtete die Stadt die fehlende Rentabilität, die erst ab einer Größe von 4000 Zuschauerplätzen gegeben sei. Eine mittelgroße Halle ist aber nicht vom Tisch, diverse Varianten werden geprüft. Auch aus einem zweiten Projekt wird nichts: Für die Kletter- und Boulderhalle konnte kein Verein oder anderer möglicher Betreiber gefunden werden, auch ist der Bedarf im Münchner Westen offenbar gedeckt.

Grünwalder Stadion

Im November hat der Sportausschuss der Stadt München beschlossen, das Grünwalder Stadion größer zu machen. Nicht baulich natürlich. Es dürfen einfach mehr Zuschauer in die sanierungsbedürftige Giesinger Betonschüssel, wo Fußball-Regionaligist 1860 München und die FC-Bayern-Frauen spielen. Von kommender Saison an soll die Maximalkapazität bei 15 000 liegen - statt bislang 12 500. Konkret wird dazu die Westkurve saniert, am 14. Dezember war Baubeginn. So lange es die Witterung erlaubt, werden in den Blöcken F1 und F2 Treppen ausgebessert, neue Wellenbrecher installiert und die Beleuchtung verbessert. Dann ist Block J dran, die Westtribüne soll nach der Winterpause im März freigegeben werden. Aber noch nicht in erhöhter Kapazität, das soll erst zur neuen Saison passieren. Davor sollen im Sommer noch Schallschutztüren installiert werden. Auch wegen des Lärmschutzes ist geplant, die Dachattika an der Ostseite des Stadions um einen bis eineinhalb Meter zu erhöhen. Die Baugenehmigung muss noch formal erteilt werden, daher bleiben die Sommerplanungen im Konjunktiv. Wie auch die Zeit nach einem möglichen Drittliga-Aufstieg der Löwen. Einer möglichen Nutzung für die zweite Liga hat die Stadt schon mal eine Absage erteilt.

Basketball-Eishockey-Halle

Zwischenzeitlich war die Planung für die neue Multifunktionsarena im Olympiapark ins Stocken geraten, doch als Uli Hoeneß seine Haftstrafe beendet hatte, kam das Projekt wieder in Bewegung. Die Informationen werden immer konkreter, kürzlich sagte Hoeneß im SZ-Interview: "Die Frage ist nur noch, ob die Halle im Oktober 2020 oder 2021 eröffnet wird." Bauherr ist der Getränke-Konzern Red Bull, der mit der Halle seiner Münchner Eishockeymannschaft, dem deutschen Meister EHC, eine adäquate Heimstatt schaffen will. Die Basketballer des FC Bayern sind wie die Stadt als Ankermieter Teil des Konzepts, Namensgeber wird ein Sponsor des FC Bayern werden. Wer? Das ist eines der wenigen Details, die noch nicht durchgesickert sind. Das Bauwerk auf dem 21 000 Quadratmeter großen Gelände des mittlerweile abgerissenen Olympia-Radstadions soll neben erstklassigem Sport gute Unterhaltung garantieren, wie Hoeneß verriet, allein die Lichtanlage werde Besucher anziehen. Die Stadt will die Eisflächen neben Eissportvereinen auch der Öffentlichkeit zum Publikumslauf zugänglich machen. Der FC Bayern wird den Audi Dome weiter als Ausweichspielstätte und für die zweite Mannschaft betreiben. Was mit der Olympia-Eishalle, wo der EHC seine Heimspiele austrägt, künftig geschieht, geht derzeit über Gedankenspiele nicht hinaus.

Olympiastadion

Im Moment läuft die Kostenberechnung für die Sanierung des Olympiastadions. Im Herbst 2018 soll das Konzept dem Aufsichtsrat der Olympiapark GmbH vorgestellt werden, im Frühjahr 2019 der Beschluss des Stadtrats kommen. Die Idee ist, das fast 50 Jahre alte Stadion später im laufenden Betrieb über sieben Jahre zu sanieren, zumeist im Winter, wenn es ohnehin die meiste Zeit leer steht. Die alte Betriebstechnik, Brandschutz, Elektrik, Wasser, Heizung und Sanitäranlagen müssen erneuert werden. Alles mit Rücksicht auf den Denkmalschutz. Die alte Laufbahn, die zwischenzeitlich einer Betonfahrbahn für Rennsport-Events wich, ist wieder freigelegt worden. Sie soll einer Asphaltspur weichen, die in roter Farbe an die frühere Laufbahn erinnert. Zugleich sollen Schwerlasttransporter auf ihr fahren können, um beispielsweise den Bühnenaufbau vor Konzerten zu erleichtern.

Olympiahalle

Seit gut zehn Jahren läuft die Sanierung, in der zweiten Bauphase werden bis 2019 noch Betriebstechnik und Brandschutz erneuert. "Alles ist voll im Plan", sagt Olympiapark-Sprecher Tobias Kohler. Neu sind Teleskoptribünen, die man ein- und ausfahren kann, die Zuschauerkapazität steigt von 14 000 auf 15 500. Eines der größten Probleme, dass LKW nicht bis zur Bühne fahren konnten und das Equipment per Handwägelchen dorthin transportiert werden musste, wurde schon im ersten Bauabschnitt behoben. Sportliche Höhepunkte, wie in diesem Sommer ein Handball-Länderspiel, die Munich Indoors im Herbst oder 2019 Vorrunden-Spiele der Handball-WM, können kommen.

Olympiaschwimmhalle

Die Sanierung ist in vollem Gang, verzögert sich jedoch etwas. Die Sauna wird erst im Februar fertig, das Wettkampf- und Sprungbecken steht den Schwimmern und Wasserspringern wohl erst in diesem Sommer wieder voll zur Verfügung. Olympiaschwimmerin Alexandra Wenk und andere Wasserratten müssen bis dahin weiter auf optimale Bedingungen in ihrer wichtigsten Trainingsstätte warten - eingeschränkter Badebetrieb läuft ja immerhin während des Umbaus. Die Bädersituation ist dennoch seit Jahren prekär. Auch weil das Engadiner Bad, wo die deutschlandweit führenden Münchner Synchronschwimmerinnen trainieren, ebenfalls saniert wird. Der Kampf um knappe Wassermassen dürfte sich aber künftig entspannen: Im Rahmen des Schulbauprogramms entstehen in München immerhin sieben neue Schwimmhallen.

Bayernkaserne

Passend dazu gibt es gute Nachrichten aus der ehemaligen Bayernkaserne, wo neben 4000 Wohnungen für 10 000 Menschen und einem großen Zentrum für den Schul- und Breitensport mit mehreren Hallen auch ein 50-Meter-Becken für Schüler und Leistungsschwimmer entstehen soll - woran es München seit langem mangelt. Die Bayernkaserne ist - wie das entstehende Sportzentrum in Riem - ein Paradeprojekt für den forcierten Schul- und Sporthallenbau, in dessen Zug die Stadt in 69 Projekten neben Schulgebäuden und -bädern auch 115 neue Sporthalleneinheiten baut (siehe Grafik). Die Sportstätten sollen vornehmlich Schulen, aber auch Vereinen und dem Breitensport zugute kommen.

BSA Fehwiesenstraße

Das Beispiel der Bezirkssportanlage Fehwiesenstraße zeigt ebenfalls, wie die Stadt versucht, neue Synergien zwischen Sport und Schule zu finden. Dort beginnen in unmittelbarer Nähe zur Ludwig-Thoma-Realschule in diesem Jahr die Planungen für den Neubau einer Dreifach-Sporthalle und einer Schwimmhalle. Weitere städtische Frei- und Bezirkssportanlagen sollen in den nächsten Jahren im Stadtgebiet neu gebaut oder modernisiert werden, samt zehn neuen Kunstrasenplätzen bis 2019. Die Stadt plant außerdem seit 1. Januar auf allen 23 bestehenden Anlagen verlängerte Öffnungszeiten. So gibt es mehr Trainingszeiten, außerdem wird der Punktspielbetrieb durch die Feiertagsöffnung entzerrt.

Dantestadion

In diesem Jahr startet auch die Sanierung des 1928 gebauten und für 14 000 Zuschauer zugelassenen Dantestadions. Sie umfasst zunächst nur den Eingangsbereich samt Kassenhäuschen. Generell soll das Stadion je nach den Bedürfnissen des Schulsports, der Leichtathleten der LG Stadtwerke und der Footballer der Munich Cowboys und Rangers aber umfassend modernisiert werden, und zwar mit Schwerpunkt auf dem Betriebsgebäude, der Freitribüne und der Rundlaufbahn.

© SZ vom 13.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: