Shorttrack:Munich Open statt WM

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Der deutsche Meister Felix Spiegl lässt die Saison in München ausklingen. Für die WM ist er nicht nominiert. Sein nächstes Ziel ist Pyeongchang.

Von Matthias Schmid, München

Felix Spiegl joggt am Sonntagmorgen recht vergnügt durch den Olympiapark, mit einem schönen Gefühl geht es vorbei an der Schwimmhalle und am Olympiaturm. Als er vor der Trainingshalle des Olympia-Eisstadions stoppt, um zum Abschluss seines lockeren Aufwärmprogramms für das anstehende 500-Meter-Rennen drinnen noch ein paar Sprünge aus dem Stand zu machen, haben ihn rasch einige junge Sportler umringt. Sie ziehen an ihm, sie fassen und sprechen ihn an.

Der deutsche Shorttrack-Meister ist für die Nachwuchsathleten ein Vorbild, ein Sympathieträger und eine Identifikationsfigur. Spiegl, 20, trägt einen schwarzen Kapuzenpulli des Eislaufklubs Slic München, dazu eine lange Trainingshose der deutschen Nationalmannschaft. Hier in München kennt ihn jedes Kind, das sich für Shorttrack interessiert. Wenn sein Name bei den Munich Open aufgerufen wird, bekommt er den lautesten Applaus aller Teilnehmer. "Für mich fühlt sich das hier wirklich wie zu Hause an", erzählt er.

Vorzeigeathlet im Trikot des Gastgebers: Felix Spiegl (li.) vom Slic München in seinem Heimatwettkampf. (Foto: Claus Schunk)

Spiegl genießt es, zurück in München zu sein und bei seinem Heimatrennen zu starten. Es ist vor allem für die Nachwuchssportler ein bedeutender Wettkampf, fast 200 Athleten aus ganz Europa sind angereist, um Erfahrung zu sammeln und sich mit der internationalen Konkurrenz zu messen. Für Spiegl, der bei den Senioren hauptsächlich gegen nationale Konkurrenten antritt, bilden diese zehnten Munich Open den Schlusspunkt seiner Saison.

Er war nun schon länger nicht mehr in der Olympia-Eishalle, wo er früher sieben Jahre lang fast täglich geübt hat. Die Menschen hier haben ihn aber nicht vergessen. "Wie geht es dir in Dresden?", fragt ein Mädchen. Nicht nur sie verfolgt aufmerksam seinen Weg, der ihn im besten Fall zu den Winterspielen 2018 im koreanischen Pyeongchang führen wird.

Im Sommer 2014 ist Spiegl nach seinem Einser-Abitur nach Dresden übergesiedelt. Die besten Athleten sind hier am Bundesstützpunkt versammelt, sie leben und trainieren zusammen. "Aber ich hänge noch sehr an München", bekennt der gebürtige Gräfelfinger: "Die erste Wochen weg von daheim sind mir sehr schwer gefallen."

Der Saisonhöhepunkt findet ohne Spiegl statt. Der Verband hat ihn nicht nominiert

Er probiert deshalb so oft wie möglich zu Hause bei seiner Familie und seinen Freunden zu sein. Die Heimatbesuche werden aber seltener. Spiegl ist viel unterwegs, in diesem Winter hat er an fünf von sechs Weltcup-Rennen rund um den Globus teilgenommen. Doch der Saisonhöhepunkt, die Weltmeisterschaft in Rotterdam am nächsten Wochenende, findet ohne ihn statt. Spiegl ist vom Verband nicht nominiert worden. "Wegen einer unglücklichen deutschen Meisterschaft", wie er sagt. Über 500 Meter hat er zwar den Titel gewonnen, aber über 1000 und 1500 Meter ist er gestürzt beziehungsweise mit einer Strafe belegt worden, weil er einen Konkurrenten angerempelt hatte. "Ich hatte mir schon Hoffnungen gemacht, bei der WM dabei zu sein", sagt Spiegl über die Nicht-Berücksichtigung. Dramatisieren will er sie aber nicht, dafür ist die Saison zu erfolgreich verlaufen. Über 1000 Meter, momentan seine Paradestrecke, skatete er im Weltcup einmal auf den neunten Platz - seine bisher beste Platzierung bei den Senioren. Dass sie ihm ausgerechnet im vorolympischen Rennen in Pyeongchang geglückt ist, "gibt mir ein sehr gutes Gefühl für nächstes Jahr", wie er es ausdrückt.

Einmal gerempelt, einmal gestürzt, einmal gewonnen: Die deutsche Meisterschaft lief für Felix Spiegl, 20, nicht optimal. Sein größter Saisonerfolg stimmt ihn dennoch zuversichtlich. (Foto: Claus Schunk)

Die Olympiateilnahme ist sein "großes Ziel", betont Spiegl. Um mitmachen zu dürfen, muss er im nächsten Winter zweimal unter die besten 16 laufen oder einmal in die Top 8. "Das ist schwer, aber nicht unmöglich", sagt Spiegl, "ich glaube fest daran, dass ich es schaffe." Um seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen, wird er schon Anfang April mit der Vorbereitung beginnen, zunächst mit Grundlagentraining. "Ich werde dann viel Radfahren, Joggen und Krafttraining machen", erzählt Spiegl, der als Sportsoldat sein Geld verdient. Anfang Juli wird er dann seine ersten Runden ins Eis malen. Er ist ein sehr ehrgeiziger Sportler, sagen die Trainer, ein Allrounder, der alle Strecken beherrscht und eine exzellente Technik und gute Kraftwerte mitbringt. Beim Shorttrack geht es in den engen Kurven vor allem darum, das gesamte Kraftpotenzial auf das Eis zu bringen und in Vortrieb und Geschwindigkeit umzuwandeln. "Es ist ein sehr anspruchsvoller Sport", findet Spiegl, man spürt ständig seine Konkurrenten vor, neben und hinter sich.

Bei den Munich Open läuft es gut für ihn. Er gewinnt über alle drei Distanzen. Zwei Wochen wird er noch auf Eis weitertrainieren, bis er sich in den zweiwöchigen Urlaub verabschiedet. "Wohin gehst du"?, will ein Junge wissen, als Spiegl sich nach dem Rennen über 500 Meter die Schlittschuhe auszieht. Felix Spiegl lächelt. Ein paar Tage wird er in den Bergen verbringen. Daheim in Bayern. In Dresden hängen in seinem WG-Zimmer Motive von seinen Münchner Lieblingsplätzen, im Englischen Garten, an der Isar und im Olympiapark.

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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