Shorttrack:Ein Anflug von Euphorie

Lesezeit: 2 min

Rasant in die Kurven: F-Junior Jack Peterka (re.) vom Slic München wird bei den Munich Open Zweiter. (Foto: Claus Schunk)

Die Shorttracker der Region wollen langfristig wieder in die Spitze. Der Nachwuchs ist da, das zeigt sich auch bei den Munich Open. Doch die Verantwortlichen der Klubs bleiben skeptisch

Von Nils Steenbock, München

Aufgereiht wie an einer Perlenkette, beinahe synchron gleiten die Fahrer über das Eis. Selbst die Jüngsten wagen die rasante Verfolgung in einem unglaublichen Tempo. Shorttrack hat alles, um zu begeistern. Es ist schnell, hart umkämpft, teilweise gefährlich und dauert nur wenige Runden - doch meistens ist kaum jemand da, um sich begeistern zu lassen.

Bei den Munich Open sind die Ränge in der Trainingshalle des Olympia-Eissportzentrums gefüllt mit Sportlern, deren Familien und Betreuern. Andere Zuschauer fehlen. Organisatorin Ina Kaufmann vom Münchner Short Track Long Track Inline Club (Slic) ist trotzdem zufrieden: "Wir konnten uns vor Anmeldungen kaum retten." Die Begeisterung für den Wettbewerb, der am Wochenende zum neunten Mal ausgetragen wurde, ist zumindest bei den Sportlern groß.

190 Shorttracker aus 30 Vereinen und zehn Nationen sind gekommen, um sich vor allem im Juniorenbereich zu messen. "Als ich vor zwei Jahren zum Slic gekommen bin, hatten wir vier Sportler, die an Wettkämpfen teilnehmen konnten. Jetzt sind es 15. Die meisten sind zwischen zehn und zwölf Jahre alt", erklärt Trainer Jakov Domitrek. Der 23-Jährige betreut seine Schützlinge und fährt gleichzeitig selbst für Kroatien. Wie viele Shorttracker hatte er seine Karriere nach seiner Zeit bei den Junioren eigentlich beendet, weil die Perspektive fehlte. "Mir fehlte ein Trainingspartner und die Förderung, um besser zu werden." Nach zweijähriger Pause kehrte er zurück aufs Eis. Nun will er für Kroatien im Weltcup fahren. Auch für den Slic soll es wieder besser laufen. "Wir haben eine gute Trainingsgruppe mit vielen kleineren Kindern. Sie werden von Wettkampf zu Wettkampf besser, aber es passiert nichts über Nacht." Von den 15 Startern in München schafft es nur einer aufs Podium. Jack Peterka wird bei den F-Junioren Zweiter.

Diese Talente langfristig in München zu halten, das ist den Shorttrackern bislang selten gelungen. Die wenigen, die bis in die Spitze kommen, müssen nach Dresden. Die sächsische Landeshauptstadt ist der Bundesstützpunkt. Wer den sportlichen Durchbruch erreichen will, der zieht um - so war es zumindest in der Vergangenheit.

Es wird zum ersten Mal lauter in der Halle. Maximilian Kroner betritt das Eis. "Maxi, Maxi", rufen einige seiner Mitstreiter von den Rängen. Kroner ist so etwas wie der Lokalheld. Der 19-Jährige vom EHC Klostersee kämpft um seine Zukunft. Ihm wurde die Förderung vom Verband gestrichen - noch weiß er nicht, ob er sich die täglichen Strapazen weiter auflasten will. Er gewinnt in seiner Altersklasse. Zwei weitere EHC-Läufer schaffen es aufs Podium.

Um Talente wie Kroner nicht vor die Wahl zwischen Dresden und dem Karriereende zu stellen, brauchen sie in München die Möglichkeit, ganz nach oben zu kommen. Die möchte ihnen Thomas Bauer geben. Der Olympiastützpunkt-Trainer will neue Strukturen schaffen, um die Leistungssportler in Bayern zu halten. Vielversprechende Talente sollen in München gemeinsam trainieren. So wie es der Bundesverband in Dresden macht. "Dass die besten Sportler irgendwann zentral gemeinsam arbeiten, macht Sinn. Die Frage ist aber, wie früh das passieren muss", sagt Bauer, 31, Olympia-Teilnehmer von 2006. In der Nationalmannschaft kommen derzeit vier Eisläufer aus Bayern, drei davon aus München. Sie alle trainieren in Dresden. Langfristig soll der Münchner Nachwuchs an die Spitze herangeführt werden - und das vor Ort. "Die Voraussetzungen dafür sind geschaffen", erklärt Bauer.

Die Grafinger Trainerin Renate Ulrich ist skeptisch. "Ja, es gibt einen Aufwärtstrend, aber viel schlechter konnte es auch nicht werden." Besonders die Vorbilder für die ganz Kleinen fehlen. "Eine Anna Seidel reicht da nicht aus", sagt Ulrich. Zwischen Tee kochen und Semmeln schmieren zweifelt auch Ina Kaufmann. "Wir sind noch weit entfernt von Euphorie." Das zählt ebenso für die Organisation der zweitägigen Veranstaltung. "Es ist schon nervenzehrend. Eigentlich sind wir nur hier, weil wir Kinder im Verein haben oder hatten." Sie seufzt. "Aber Begeisterung ist Pflicht."

© SZ vom 16.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: