Segeln:Tückische Winde in der Achterbahn

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Zum Abschluss der Segel-Bundesliga will der Bayerische Yacht-Club an der Außenalster seinen zweiten Rang sichern.

Von Ralf Tögel, München

"Wir verneigen uns vor dem verdienten deutschen Meister Norddeutscher Regatta Verein." Ilja Wolf sagt das, der Teammanager des wohl einzigen Klubs, der dies noch verhindern kann. In der Theorie, wie Wolf vor dem sechsten und finalen Spieltag der deutschen Segel-Bundesliga einschränkt, denn "es wäre vermessen zu glauben, dass wir die sieben Punkte gegen diese Mannschaft noch aufholen können." Eine realistische Einschätzung freilich, denn der NRV stellte das dominierende Boot dieser Saison. Der Erste eines Spieltages bekommt einen Punkt, der Letzte im 18er-Feld deren 18, das Team mit den wenigsten Zählern ist also Meister. Angesichts der Ergebnisse ist es wohl nahezu ausgeschlossen, dass die Hamburger derart abfallen in den letzten Wettfahrten - zumal im eigenen Revier. Der NRV hat schließlich drei der bisher fünf Spieltage gewonnen.

Der jüngste Vergleich allerdings ging an den Bayerischen Yacht-Club (BYC), der auch den Ergebnissen zufolge am besten mithalten kann. Teammanager Wolf übt sich dennoch in Bescheidenheit, der zweite Platz wäre "unser bestes Ergebnis in der Vereinsgeschichte", weiß er, Kernziel sei es also, diesen auf der Außenalster zu verteidigen. Die Mannschaft dafür steht längst fest, am Steuer wird Veit Hemmeter stehen, der schon im Vorjahr in der finalen Regatta im selben Gewässer zu überzeugen wusste. "Er ist dort grandios gesegelt", erinnert sich Wolf, "er hat eine enorme Nervenstärke und liebt dieses Revier." Schwester Teresa Hemmeter, Leopold Lindner und Jan Nürnberger sollen ihm helfen, auf diesem "außerordentlich schwierigen" See zu bestehen, so Wolf, der ihn mit dem Wannsee vergleicht. Ufernahe Häuser, Windbreaker wie das Hotel Atlantic oder Lückenböen zwischen den stattlichen Villen verursachen die tückischen Winde auf der Außenalster. Die Gastgeber finden, wer dieses Revier zu meistern versteht, der könne überall erfolgreich segeln. Daher wollen die Starnberger Gäste vom BYC zuvorderst den zweiten Rang sichern, diesem Ziel gelte der Fokus, das immerhin einen Startplatz in der Champions League bringt.

Vorerst, denn Wolf sagt auch: "Wir als Bayerischer Yacht-Club wissen schon, was wir können." Damit gibt er einen kleinen Einblick in die Zukunft, denn der Klub verfüge über "ein großes Potenzial an jungen Seglern". Die sind nicht nur jung, sie sind auch schnell. Gerade hat der BYC die Deutsche Junioren Segel-Liga gewonnen, mit seiner zweiten Mannschaft. Die erste Vertretung wurde nur Siebter, was an Platz 15 im zweiten Rennen lag, einem Ausreißer, denn das Team war das einzige, das zwei Regatten gewinnen konnte. In Summe also gute Aussichten, weshalb Wolf sich durchaus auch einmal den Titelgewinn vorstellen kann: "Warum sollten wir nicht sagen, dass wir deutscher Meister werden wollen? Das wäre falsch." Noch sei es zu früh, da legt er sich fest, er wisse ja, welche "Achterbahnfahrt die Bundesliga ist". Glück, Nervenschlachten, Aufs und Abs, all das habe bisher auch diese Saison geprägt, so Wolf, was sich am Wochenende auf dem "tricky Revier der Außenalster" kaum ändern werde. Dem Heimspiel des klaren Favoriten, was zusätzlich für dessen vierte Meisterschaft spricht.

Selbst ohne Titel Nummer vier bleiben die Hamburger in jedem Fall der erfolgreichste Klub in der Bundesliga-Geschichte, denn der einzige Kontrahent, der dies ändern könnte, hat sich längst aus dem Titelrennen verabschiedet: Der Deutsche Touring Yacht-Klub (DTYC), seines Zeichens zweimaliger Meister, liegt abgeschlagen auf Rang zwölf, muss sogar aufpassen, dass er nicht noch in die Abstiegszone rutscht, die ab Platz 16 beginnt. Was Teammanager Maximilian Weiß natürlich nicht glauben will, auch wenn ihn akute Personalsorgen plagen. Eigentlich sollten Patrick Follmann und Moritz Bohnenberger die Kohlen aus dem Feuer holen, doch Routinier Follmann brach sich zwei Brustwirbel bei einem Fahrradsturz, Bohnenberger hat eine Grippe erwischt. Was auch bei Weiß selbst zutrifft, wie er sagt, weshalb Julian Stückl am Steuer sitzen wird. Ebenfalls ein klingender Name, dem deutschen Meister steht in Sebastian Bühler, Luis Tarabochia und Tobias Bolduan eine erstklassige Crew zur Seite, weshalb diese Aufstellung "sicher keine Schwächung ist", findet Weiß. Er sieht die Ursache für die durchwachsene Saison darin, dass wir "zu viele uneingespielte Aufstellungen hatten", also die Teams zu wenig miteinander trainiert hätten. Was bei vielen einfach zeitlich bedingt war, sei es aus beruflichen oder familiären Gründen. "Deshalb haben wir es nie geschafft, in die Spitze vorzukommen", sagt Weiß, was ihm aber keine Zukunftsängste bereite. Man werde exakt hier die Stellschrauben ansetzen, nun aber gelte es erst einmal, in Hamburg "abzuliefern". Das werde gelingen, ist sich der Teammanager sicher, "da wird nix passieren".

Das glaubt auch Michael Liebl, Teamchef des dritten Vertreters vom Starnberger See, dem Münchner Yacht-Club. In Kay Niederfahrenhorst, Maximilian Adami, Caroline Heine und Bastian Henning schickt er das "erfahrenste Team, das wir haben" ins Finale. Zudem wird Liebl höchstselbst nach Hamburg reisen, um seine Crew zu betreuen. Es wird also nichts dem Zufall überlassen, um die sieben Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz zu verteidigen, zumal die Runde bislang ohnehin nicht "so lief, wie wir es uns vorgestellt haben". Grundsätzlich sei Liebl "höchst zufrieden", dass sich sein Klub schon so lange in der Segel-Elite halte, zumal die Möglichkeiten des Vereins bescheiden seien: "Wir sind ein kleines Licht." Im Vorjahr dauerte es bis zum letzten Flight, ehe die Erstklassigkeit gesichert war. So eng will man es heuer nicht werden lassen.

© SZ vom 18.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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