Segeln:Neue Ideen am schwäbischen Meer

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Die drei Segelvereine der Region starten optimistisch in die Bundesliga. Der Deutsche Touring Yacht-Club zählt wie immer zu den Titelfavoriten, der Bayerische Yacht-Club könnte überraschen.

Von Ralf Tögel, München

Ob eine Idee gut ist, lässt sich unter anderem daran erkennen, dass sie kopiert wird. So gesehen war die Erfindung der Deutschen Segel-Bundesliga im Jahr 2013 ein richtig guter Einfall, denn das Format wurde bis heute in 17 europäische Länder sowie die USA exportiert, weitere Nationen wie Spanien oder Estland haben Interesse bekundet. Die aus dem Fußball adaptierte Idee "setzt neue Maßstäbe im internationalen Segelsport, die von den besten Yachtclubs weltweit als Herausforderung angenommen werden". Das sagt Jochen Schümann, seines Zeichens dreimaliger Olympiasieger und der wohl bekannteste Segler der Republik. Für die Deutsche Segel-Bundesliga, die an diesem Freitag in Friedrichshafen in ihre sechste Saison startet, lässt sich sagen, dass der Wettbewerb weiter an Professionalität gewonnen hat - in jeder Beziehung.

Was zum einen für die Technologie gilt, denn die Live-Übertragungen sowie die gesamte Medialisierung sind weiter vorangeschritten, werden in dieser Saison den Sport "für Zuschauer, Trainer und Segler noch verständlicher machen", so Schümann. Aber auch die Wettkämpfer selbst haben eine neue Stufe der Professionalisierung erklommen, wie Michael Liebl, Teammanager des Bayerischen Yacht-Clubs (BYC) erläutert. Er wird das Saisondebüt am Bodensee höchstselbst coachen, das Ziel für die aktuelle Saison formuliert er so: "Wir erhoffen uns in diesem wahnsinnig professionell gewordenen Format, etwas weiter vorne als im vergangenen Jahr zu landen." Auch eine gute Idee, denn im Vorjahr konnte der BYC in der Tat erst im allerletzten Rennen einer langen Saison den Klassenerhalt realisieren, Platz 13 stand im Endklassement zu Buche. "Diese Nervenschlacht will keiner mehr haben", sagt Liebl nun, weshalb der Klub seine Strategie etwas geändert hat. Man werde nun nicht mehr mit einem großen 20 Segler umfassenden Kader starten, um dann für jedes Event die Viererteams zu bilden. Sondern: "Wie im Eishockey in Blöcken antreten." Jede Crew bestehe in ihren Grundzügen aus vier bis sechs Seglern, auch die Besetzung für die jeweilige Regatta stehe weitgehend fest. Denn das Segeln bleibt für die Aktiven weiterhin ein ambitioniertes Hobby, Beruf, Schule oder Studium stehen im Vordergrund. Doch diese Termine sind bekannt, somit können sich die Crews gezielt auf ihren Event einstellen, gewechselt wird dann nur punktuell und nach Bedarf, erklärt Liebl weiter. Was den Vorteil berge, dass die Mannschaften in ihrer Besetzung "wesentlich mehr gemeinsame Stunden auf dem Wasser haben als vorher". Zum Saisonstart sitzen Max Adami, Bastian Henning, Fabian Wunderle und Caroline Heine im Boot. Große Zuversicht gibt dem Teammanager die Vorbereitung, die "in meinen Augen so gut wie noch nie war", so Liebl. Besonders Ostern habe der MYC mit zahlreichen Bundesligakonkurrenten intensiv am Gardasee geübt, unter anderem war der Deutsche Touring Yacht-Club mit von der Partie. Das Gesehene verleitet Liebl dazu, in der Endabrechnung einen Platz unter den ersten Vier anzupeilen, denn der Klub südlich von Starnberg würde nur zu gerne in der Champions League starten. Schon zum Saisonstart rechnet sich Liebl einiges aus, denn es wird wenig Wind erwartet am Wochenende, und er weiß eine leichte Crew im Boot.

Natürlich hat auch Ilja Wolf von den bevorstehenden Verhältnissen am Bodensee Wind bekommen, auch der Teammanager des Bayerischen Yacht-Clubs (BYC) weiß seine Mannschaft noch besser vorbereitet. Wolf hat die übliche Vorbereitung am Gardasee in diesem Jahr ausgelassen, denn im Gegensatz zum italienischen Gewässer hat das schwäbische Meer im Durchschnitt deutlich weniger Wind zu bieten. "Wir wollten uns nicht unbedingt auf Starkwind vorbereiten", erläutert Wolf, am Gardasee segle man "immer mit viel Druck", seine Mannschaft habe sich dagegen auf ähnlichen Bedingungen wie denen am Bodensee einstellen wollen.

Der BYC-Teammanger weiß einen weiteren Trumpf in seiner Hand: Steuermann Veit Hemmeter. "Er ist am Bodensee groß geworden", sagt Wolf, nun ist Hemmeter, der im Vorjahr noch für den Lindauer Seglerverein das letzte Saisonrennen gewonnen hat, mit Schwester Teresa zum BYC gestoßen. Mit Nick Beulke und Maxi Hibler soll ein guter Start gelingen, Saisonziel ist laut Wolf "Platz eins bis sechs".

Der DTYC tauscht Teammanger und Trainer aus, zu den Favoriten zählt er dennoch

Dafür ist der dritte Vertreter der Region prädestiniert: Der deutsche Touring Yacht-Club zählt immer zu den heißesten Titelanwärtern, auch wenn sich im Verein Grundlegendes geändert hat. Denn Teammanager Michael Tarabochia und Trainer Norbert Wagner haben abgedankt, vor allem der 82-jährige Wagner zieht sich aufs verdiente Altenteil zurück. Ihre Aufgaben übernehmen Maximilian Weiß und Patrick Follmann, beide deutsche Meister, Weiß saß zudem beim Champions-League-Triumph vor zwei Jahren am Steuer. Man wisse schon, in welch große Fußstapfen man da trete, sagt Weiss, aber zum einen ist der Kader dank Rückkehrer Ferdinand Gerz, der mit Follmann schon 2012 bei den Olympischen Spielen gesegelt war, stärker geworden. Zum anderen gilt es für den Klub, sich für die Zukunft aufzustellen, um, wie Weiß sagt, dem "großartigen Erbe unserer Vorgänger" gerecht zu werden.

Beispielsweise mittels neuer Technik. Erstes Beispiel ist ein kleiner Film auf der DTYC-Facebook-Seite, der mit einer Drohne während der Vorbereitung am Gardasee aufgenommen wurde. Die Strategie indes ändert sich nicht grundlegend, es gelte, die nächste Generation an die Bundesliga heranzuführen. Genauer gesagt an die Drucksituationen in diesem nervenaufreibenden Wettkampf. In Friedrichshafen wird sich dem Moritz Bohnenberger stellen - neben den erprobten Kräften Weiß, Dominik Müller und Monika Linder. Denn nicht zuletzt die Tutzinger werden sich zusehends Herausforderungen aus dem privaten Bereich, wie Familie, Beruf, Studium oder Schule, stellen müssen und deshalb die nächste Generation heranbilden. Diese Idee haben alle drei Regionsvereine.

© SZ vom 27.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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