Ringen:Solide Rücklage

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Als WM-Achtelfinalist zurück in die Bundesliga: Der Litauer Justas Petravicius, hier im Hinkampf gegen Nürnberg. (Foto: Marco Einfeldt)

Zwölf Jahre nach Platz zwei in der Meisterschaft will der SV Siegfried Hallbergmoos wieder ins Viertelfinale der Ringer-Bundesliga vorstoßen.

Gut zwölfeinhalb Jahre ist es her, da standen die Ringer des SV Siegfried Hallbergmoos ganz oben. Zumindest fast ganz oben, denn das Finale um die deutsche Meisterschaft verloren sie dann doch noch - und zwar ziemlich deutlich gegen den 1. Luckenwalder SC. In der laufenden Saison ist man im Landkreis Freising drauf und dran, an die alten Zeiten anzuknüpfen. Nach der Hinrunde der Bundesliga, Staffel Südost, liegen die Hallbergmooser hinter dem klaren Favoriten Wacker Burghausen auf dem zweiten Tabellenplatz, der am Saisonende die direkte Qualifikation für das Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft bedeuten würde. "Wir haben jetzt eine super Ausgangsposition", sagt Michael Prill, Vorsitzender des SV und noch immer aktiver Kämpfer in der ersten Mannschaft.

Seit dem Meisterschaftsfinale 2006 hat der Verein eine bewegte Geschichte hinter sich gebracht. Im Frühjahr 2013 zog Hallbergmoos sich aus der ersten Liga zurück und fing in der Bayernliga neu an - der finanzielle und organisatorische Aufwand war den Verantwortlichen zu groß geworden. Prill, damals gerade Anfang Zwanzig, übernahm als neugewählter Präsident die Restauration und betonte, die Bundesliga künftig meiden zu wollen. Dann marschierte der SV durch die unteren Ligen, war schon im Frühjahr 2015 wieder zweitklassig - und nach der Ligareform 2016/17 ging es dann, dem Gelübde zum Trotz, wieder hoch ins Oberhaus. In der vergangenen Saison erreichte Hallbergmoos auf Anhieb die Playoffs, scheiterte im Achtelfinale am VfL Neckargartach.

In der aktuellen Saison geht es nach dem Grunddurchgang gleich mit dem Viertelfinale weiter. Um sich dafür direkt zu qualifizieren, muss man Rang eins oder zwei in einer der drei Bundesligastaffeln belegen. Von den drei Dritten werden zwei weitere Teams ebenfalls ins Viertelfinale gelost. Hallbergmoos ist bei Halbzeit voll im Soll, liegt nach nur einer Niederlage bei fünf Siegen gerade mal zwei Punkte hinter den makellosen Burghausern, zwei Zähler vor dem Dritten Greiz und vier vor dem Vierten Johannis Nürnberg. "Burghausen ist für uns nicht in Reichweite, aber mit den anderen sind wir auf Augenhöhe", sagt Prill. "Unser Vorteil ist, dass wir es in der eigenen Hand haben, Zweiter zu werden." Zum Rückrundenauftakt an diesem Samstag (19.30 Uhr) in Nürnberg dürften sie sich sogar eine knappe Niederlage erlauben, um den direkten Vergleich nach dem 18:5-Sieg in der Vorrunde dennoch für sich zu entscheiden.

Dass es in dieser Saison so gut läuft, liegt auch daran, dass die Strategie des SV Siegfried aufgegangen ist. Prill und seine Mitstreiter achteten bei der Kaderplanung darauf, wenige Athleten zu verpflichten, die für die Weltmeisterschaft Ende Oktober in Budapest infrage kamen, da diese in der Hinrunde kaum Zeit für ihre Bundesligamannschaften hatten. "Es war in den bisherigen Saisonkämpfen natürlich ein Pluspunkt für uns, dass wir in Bestbesetzung antreten konnten, während bei den Gegnern meist ein bis zwei Spitzenkräfte fehlten", sagt Prill. Nun ist es nicht so, dass in Hallbergmoos keine international renommierten Sportler kämpfen würden: "Unsere Leute sind super, aber nicht Weltklasse", sagt Prill. Die beiden Litauer Justas Petravicius, der im Achtelfinale griechisch-römisch bis 6o Kilo dem Serben Kristian Fris unterlag, und Vilius Laurinaitis (-97 kg), der im Sechzehntelfinale am Schweden Pontus Lund scheiterte, fuhren zwar nach Budapest. "Sie konnten aber die ganze WM-Vorbereitung bei uns absolvieren und die Wettkämpfe bestreiten, weil wir mit dem litauischen Verband einen super Kontakt haben", sagt Prill.

Und so schauen der neue Cheftrainer René Stange und seine Mannen voller Zuversicht auf die Rückrunde. Nicht zuletzt, weil zwei ehemalige Unterföhringer in Reihen der Hallbergmooser in dieser Saison groß auftrumpfen: Der Grieche Manrikos Theodoridis (bis 66 kg), der in beiden Stilarten eingesetzt werden kann, und Andreas Walter (Freistil bis 75 kg), dem Klubchef Prill "eine Leistungsexplosion" attestiert. Bis auf die Saisonpremiere gegen Nürnberg hat Walter alle seine Einzelkämpfe für sich entschieden. Prill rühmt jedoch vor allem die Balance im Team: "Wir haben alle zehn Gewichtsklassen ausgeglichen besetzt, da sind keine unbesiegbaren Top-Ringer im Kader, aber auch niemand, der jeden Kampf verliert."

Bis auf Weiteres ist also kein Ende der Bundesliga-Ära abzusehen, die Hallbergmooser sind voll motiviert. "Wir schauen von Jahr zu Jahr, aber mein Wunsch wäre, dass wir bis zum 100. Klubjubiläum im Jahr 2022 im Oberhaus bleiben. Das wäre eine schöne Sache", sagt Präsident Michael Prill. Das Zuschauerinteresse sei weiterhin groß, die finanzielle Lage des Klubs solide. "Dank unserer Rücklagen konnten wir uns zuletzt sogar einen Mannschaftsbus anschaffen, ohne einen Kredit aufnehmen zu müssen", sagt Prill. Das Glück wäre perfekt, wenn es mit der Qualifikation für das Viertelfinale klappen würde. "Das wäre ein historischer Erfolg für unseren Verein", sagt Prill. In Hallbergmoos backen sie kleinere Brötchen als noch vor zwölf Jahren. Doch die schmecken deshalb nicht schlechter.

© SZ vom 03.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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