Red Bulls Salute:Erfolgreich verknüpft

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„Das schaut schon wieder sehr gut aus“: Jon Matsumoto war am Freitag mit drei Treffern der Matchwinner gegen Bern. (Foto: imago/GEPA pictures)

Mit dem Sieg beim eigenen Einladungsturnier unterstreicht Eishockeymeister EHC München seine Ansprüche auf den Titelhattrick.

Von Johannes Schnitzler, Garmisch-Partenkirchen

Yannic Seidenbergs Unterlippe war aufgeplatzt. Kurz vor Schluss hatte sich der 1,72 Meter kleine Verteidiger einen Boxkampf mit dem Schweizer Thomas Rüfenacht geliefert, "nichts Schlimmes", sagte er tapfer. Vorbereitungszeit ist die Zeit, in der alle um ihren Platz in der Mannschaft kämpfen müssen, schon klar. Aber auch der Trainer? Über dem rechten Auge von Don Jackson war ein kleiner Cut zu sehen. "Oh ja", sagte Jackson und lächelte, ein Trainingsunfall: "Ich bin einem Stock zu nahe gekommen."

Der Amerikaner, der Anfang September 61 wird, hat über den Sommer offensichtlich ein paar Pfund Gewicht verloren. Nicht aber seinen feinen, leisen Humor. Ob Seidenberg, 33, den er von Angriff auf Abwehr umgeschult hat, nun sein Nummer-eins-Verteidiger sei, wurde der Coach des deutschen Eishockey-Meisters EHC München nach dem 7:2 im ersten Test gegen den Schweizer Meister SC Bern gefragt. "Nun", sagt Jackson, einst selbst ein eisenharter NHL-Abwehrspieler: "Wir sind das Nummer-eins-Team. Und er ist ein Teil davon."

Die Vorbereitungszeit ist nicht die Zeit der großen Ansagen, zumindest nicht, was Jackson betrifft. Es weiß ohnehin jeder, dass der Weg zum Titel nur über sein Team führt. 2016 und 2017 hat der EHC die Meisterschaft gewonnen, jetzt ist der Hattrick das Ziel. "Es ist wirklich langweilig, ich weiß, aber wir schauen nur von Spiel zu Spiel", sagte Jackson am Freitagabend im Garmischer Olympia-Eisstadion. Dem 7:2 gegen Bern folgte am Tag darauf ein 5:2 gegen Sparta Prag und damit der Turniersieg beim erstmals nach vier Jahren Pause ausgetragenen Red-Bull-Einladungsturnier - der EHC macht einfach dort weiter, wo er im April aufgehört hat. "Ich muss unsere Leader loben", sagt Jackson. "Sie haben an die vergangene Saison angeknüpft."

"Man merkt, dass das eine eingespielte Mannschaft ist", sagt Zugang Patrick Hager

"Das schaut schon wieder sehr gut aus", findet auch Kapitän Michael Wolf. Die Mannschaft ist lediglich punktuell verstärkt worden, in der Abwehr mit dem dänischen Nationalspieler Markus Lauridsen (Leksands IF) und dem Deutschkanadier Ryan Button (Iserlohn), beide 26, sowie den Stürmern Patrick Hager (Kölner Haie) und Jakob Mayenschein, einem Juniorennationalspieler aus der eigenen Organisation. Lauridsen und Button brächten eine "gute Geschwindigkeit" mit und seien stark an der Scheibe, findet Jackson, Mayenschein "ein guter Junge", und über Hager sagt Wolf: "Ich weiß nicht, ob es auf dem deutschen Markt einen besseren Center gibt."

Der 28-jährige Nationalspieler war der Königstransfer dieses Sommers. Dass die Augen auf ihn gerichtet sind, zumal sich sein Abschied aus Köln nicht ohne Misstöne vollzog, scheint ihn nicht zu beunruhigen. "Ich habe einen hohen Anspruch an mich selber", sagt Hager, "aber der Teamerfolg geht über alles". Und was das Team angeht: "Man merkt, dass das eine eingespielte Mannschaft ist. Das macht es für uns Neue leicht, hier Fuß zu fassen." Hier und da gebe es noch Abstimmungsprobleme, "vielleicht habe ich manchmal noch zu lange überlegt", aber das mache nichts: Ihre Ausgeglichenheit sei schließlich die Stärke dieser Mannschaft: "Wir haben erfahrene Spieler, die vorneweg marschieren, und junge, die reindrücken. Hier unterstützt jeder jeden, und jeden Tag macht ein anderer die Tore." Am Freitag gegen Bern erzielte Jon Matsumoto drei Treffer (die weiteren verteilten sich auf Konrad Abeltshauser, Steve Pinizzotto, Dominik Kahun und Kapitän Wolf), am Samstag meldete sich Yannic Seidenberg trotz Platzwunde mit zwei Toren zurück. Pinizzotto, Jason Jaffray und Brooks Macek trafen ebenfalls. "Wir werden nicht jeden Tag sieben Tore schießen", beschwichtigt Michael Wolf. Wenn schon. An manchen Tagen reichen ja auch schon fünf. Die Konkurrenz sollte jedenfalls gut vorbereitet sein. Die Nummer eins hat über den Sommer vielleicht ein bisschen an Gewicht verloren. Nicht aber an Schlagkraft.

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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