Radsport:Vier gewinnt

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Das Kunstradteam des RSV Steinhöring will seinen WM-Titel zurückerobern. Sich gegen die nationale Konkurrenz durchzusetzen, wäre bereits die halbe Miete für eine Medaille, sind die Steinhöringer überzeugt.

Von Andreas Liebmann, Steinhöring

Vor zwei Jahren waren sie Weltmeister in Johor Bahru, Malaysia. Vor sechs in Kagoshima, südliches Japan. Gemessen daran, hätten die vier jungen Frauen vom RSV Steinhöring diesmal eigentlich auch mit dem Fahrrad anreisen können. Vom Landkreis Ebersberg aus schlappe 250 Kilometer südwestlich, am Bodensee links abbiegen Richtung Vorarlberg - sollte kein Problem sein für vier Athletinnen, die sowieso täglich auf dem Rad sitzen. Trainerin Irmtraut Wirth hat natürlich trotzdem den Kleinbus gewählt für ihre kleine Sportgruppe. Erstens haben die vier ja noch was vor in Dornbirn, nämlich Weltmeister werden, weshalb sie doch besser ausgeruht erscheinen sollten. Zweitens sind die Räder, auf denen der RSV üblicherweise unterwegs ist, eher für Kunststücke geeignet als für längere Bergtouren.

Die nationale Konkurrenz ist groß. Sich da durchzusetzen, ist die halbe Miete für eine Medaille

Die Anreise jedenfalls war noch etwas kürzer als im vergangenen Jahr, als der Kunstrad-Vierer des RSV in Stuttgart Zweiter wurde, hinter der Schweiz. Nur Zweiter, muss man sagen. Denn eigentlich hatten sie ihren sechsten WM-Titel im siebten Jahr angepeilt. An diesem Freitagabend, gleich nach der Eröffnungsfeier, geht es für Katharina Gülich, Ramona Ressel, Ramona Strassner und Michaela Schweiger also ausnahmsweise mal nicht um die Verteidigung, sondern um die Rückeroberung ihres Titels. National hat sich das Quartett mal wieder durchgesetzt, was angesichts der starken innerdeutschen Konkurrenz keineswegs im Vorbeiradeln geschieht: Neun Qualifikationen mussten sie bestehen, dafür ist das WM-Ticket dann normalerweise weit mehr die halbe Miete für eine Medaille. Gastgeber Österreich sei stark zu beachten, weiß Wirth, die Slowakei - und die Schweiz sowieso: Deren eingereichte Kür ist noch um drei Punkte schwieriger als die Steinhöringer, es komme also auf eine "saubere Ausführung" an, weiß die 76-jährige Trainerin. Für jeden kleinen Patzer gibt es Abzüge. Würden die Schweizerinnen perfekt fahren, wäre ihnen der Titel nicht streitig zu machen. Wirth gefällt es, dass ihr Quartett wegen der etwas geringeren Punktzahl vor den Titelverteidigerinnen startet, "dann müssen die nachlegen". Man kann also Druck aufbauen.

"So einigermaßen" sei das erste Training am Donnerstag in der neuen, schmucken Halle gelaufen, findet Wirth. Bezüglich internationaler Wettkämpe bestehe ihr Team aus "alten Hasen", trotzdem habe sie natürlich Nervosität bemerkt. "Das muss so sein", findet sie, "es ist ja doch immer wieder alles neu." Aber alle seien "gut drauf". Die Trainerin selbst, die auch anderen Verbänden Entwicklungshilfe in ihrer Sportart gegeben hat, genießt es, dass zu solchen Anlässen wieder "alle zusammenkommen", eine Art Familientreffen. Wobei diese Familie im Vierer nicht gerade auf dem Weg zur Großfamilie ist. Es sind nämlich nur exakt jene vier Nationen am Start. Ein Fanbus aus Steinhöring wird erwartet; für Anhänger, die auch die kurze Anreise nicht hinbekommen, sei eine Gaststätte in Steinhöring gemietet worden, es gibt einen Livestream. Natürlich sei eine WM in einem fernen Land zwar eine Herausforderung, aber doch etwas sehr Schönes, findet Wirth. In Dornbirn muss zumindest niemand mit einem Jetlag kämpfen. Wobei: Etwas Müdigkeit könnte trotzdem aufkommen. Zum ersten Hallentraining am Donnerstagmorgen habe der Wecker um halb sechs geklingelt.

© SZ vom 24.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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