Radsport:Renaissance der Querfeldein-Fahrer

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RC Schwalbe veranstaltet Cyclocross im Olympiapark

Von Ralf Tögel, München

Es war einmal Querfeldeinrennen. Entstanden aus der Idee einiger Straßenradfahrer, die bei ihrer Saisonvorbereitung weder vor Waldstrecken noch Geländepisten Halt machten. Irgendwann zu Beginn des 20. Jahrhunderts steckten diese Pioniere eine Strecke ab, womit sie eine neue Sportart erfunden hatten: eine rasante Mischung aus Straßenrennen, Geländefahren und steilen, oft schlammigen Anstiegen, auf denen das Rad Huckepack transportiert werden musste. Im vergangenen Jahrhundert genoss der Sport mit Protagonisten wie Klaus-Peter Thaler auch hierzulande eine beachtliche Popularität.

Heute heißt das Ganze Cyclocross. Auf übersichtlichen Rundstrecken ist bequem zu verfolgen, wie sich die Athleten über die Strecke quälen. Große Veranstaltungen sind aber rar geworden.

Das zu ändern, hat sich der Traditionsverein RC "Die Schwalben" 1894 München auf die Fahne geschrieben, was an diesem Wochenende im Olympiapark zu beobachten ist. Der "Rapha Super Cross", 2014 als Tagesveranstaltung ins Leben gerufen, geht in seine dritte Auflage und hat sich zum größten Radsportevent der Stadt gemausert. Knapp 900 Teilnehmer weiß Robert Klimsa, der Vorsitzende der Schwalben, bereits vor dem Start im Feld, angesichts der üblichen Nachmeldungen hofft er noch, "die 1000er-Grenze zu knacken". Dabei legt Klimsa einerseits Wert auf den Breitensport-Charakter des "Rapha Super Cross", bei dem jeder, der ein passendes Rad zu besitzen glaubt, mitmachen kann. Anfänger und Genussfahrer können sich bei Workshops und einem längeren Einsteigerrennen an den Sport herantasten. Jedermänner und Hobbyrennfahrer können auf einer weltmeisterlichen Rennstrecke durch Schlamm und über Tragepassagen auf den Spuren der Profis driften. Die zahlreichen Rennen in allen Hobby- und Jugendklassen beginnen am Samstag um 10.30 Uhr. Um 17.30 Uhr ist das Teamrennen.

Auf der anderen Seite wird die Veranstaltung immer professioneller. Das Teilnehmerfeld hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht nur nahezu verdoppelt, es hat mittlerweile internationalen Zuschnitt: Athleten aus Frankreich, Italien, Tschechien, Österreich, England und der Schweiz nehmen teil, sogar Amerikaner haben gemeldet. Die lizenzierten Rennfahrer (Rennen am Sonntag, Beginn um 9 Uhr) dürfen sich in diesem Jahr zudem über eine Aufwertung freuen: Erstmals ist der "Rapha Super Cross" Teil der nationalen Deutschland-Cup-Serie. Den Athleten garantiert das Punkte vor der deutschen Meisterschaft, dem Veranstalter ein hochkarätiges Fahrerfeld. Und es lockt einige Prominenz nach München, unter anderen zwei Olympiastarterinnen von Rio, Anna Knauer und Claudia Lichtenberg.

Möglich ist dies nur durch das Engagement der Schwalben, eines achtköpfigen Teams um Klimsa, das sich aus ehemaligen ambitionierten Radrennfahrern zusammensetzt. "Wir sind alle so um die 40 Jahre alt", erklärt Klimsa. Im Sportlichen Leiter der Schwalben, Roman Stoffel, ist ein ehemaliger Profi dabei. Auch der Zweite Vorsitzende Thomas Rücker betrieb den Sport auf hohem Niveau. Eingebettet sind die Rennen in ein "Radsport-Festival". Das alles sei nur durch die Unterstützung der Stadt, der Olympiapark GmbH und des namensgebenden Sponsors möglich, betont Klimsa.

Die Schwalben sind derzeit der einzige Klub in München, der derart opulente Veranstaltungen stemmen mag: "Uns ist es wichtig, innerhalb des Mittleren Rings eine solche Veranstaltung zu organisieren", sagt Klimsa. Sie täten das zwar seit Mitte der Siebziger, doch zunehmend restriktive Vorschriften hätten dieses Vorhaben erschwert. Ein Straßenrennen in München sei wegen Sperrungen und Auflagen kaum mehr möglich, erklärt der RC-Vorsitzende. "Wir müssen mit den verschiedenen Bezirksausschüssen verhandeln, da kann es sein, dass Maxvorstadt zustimmt und Haidhausen Nein sagt." Der Olympiapark sei indes geradezu optimal und habe nicht nur wegen der Spiele Tradition.

1985 und 1997 war der Park zweimal bereits Schauplatz von Weltmeisterschaften, was die Schwalben zu ehrgeizigen Zielen animiert: "Wir werden versuchen, einen Weltcup zu bekommen", sagt Klimsa, "und unser großes Ziel ist es, 2019 zum 125-jährigen Vereinsbestehen die Cyclocross-WM auszurichten." 1985 hatte ein gewisser Mike Kluge im Olympiapark triumphiert, zweimaliger Weltmeister wie Thaler und neben ihm der bekannteste deutsche Cross-Fahrer. Kluge war auch im Vorjahr dabei und gewann das Hobbyrennen - elegant wie früher und im zarten Alter von 54 Jahren.

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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