Munich Mash:Extrem mit System

Lesezeit: 3 min

85 000 Zuschauer an drei Tagen: Das Actionsport-Festival im Olympiapark erreicht eine neue Besucher-Bestmarke

Von Jan Geissler und Ralf Tögel, München

Der Slopestyle-Wettbewerb der Mountainbiker war nicht nur die spektakulärste Disziplin beim 3. Munich Mash, sie war die einzige, bei der es ein paar Klippen zu umschiffen galt. Erst musste der Wettbewerb wegen Regens auf Sonntag verschoben werden, dann begann er wegen zu starken Winds erst um 19 Uhr. Dennoch waren noch 20 000 Zuschauer auf dem Coubertinplatz, um sich die Show der fliegenden Fahrrad-Akrobaten, deren Bester der Amerikaner Nicholi Rogatkin vor dem Schweden Max Frederiksson und dem Kanadier Logan Peat war, anzusehen.

Pilgrim hinterlässt eine Lücke

Natürlich musste sich Sam Pilgrim einigen Spott gefallen lassen. "Mal sehen, ob es nach dem Brexit und dem Fußball-Exit für Sam reicht", plärrte es aus den Lautsprechern über den Coubertinplatz. Ein bisschen Spaß muss sein, gerade bei den Actionsportlern, da nimmt man nichts bierernst. Also stand der Engländer Pilgrim hoch oben auf dem 14 Meter hohen Turm auf der Südseite des Olympiastadions, grinste in die Kamera und zeigte sein Markenzeichen, die große Zahnlücke. Dann stürzte er sich über Kicker und Rampen nach unten. Und was soll man sagen: Er fügte sich ins Bild. Pilgrim verpasste das Finale und - grinste das frühe Aus einfach weg. Mit Zahnlücke, besser geht nicht.

"Wow, Wahnsinn!"

Nico Scholze musste sein Interview im Zielraum kurz unterbrechen: "Wow, geeeeil, Backflip Double Tailwhip, das ist einfach der Wahnsinn!" Gerade war der erst 17-jährige Schwede Emil Johannson über die Big Mama - so nannten die Biker die letzte riesige Rampe - ins Ziel geflogen, mit einem geglückten Rückwärtssalto inklusive doppelter Drehung des Fahrrads, was auch Scholze freute. Ein Konkurrent? Quatsch, "alles Kumpels", sagte Scholze. Und die kennen jetzt auch den Dude aus Germany, denn der 21-Jährige war noch nie vorher auf einem so großen Contest. Als er die Strecke das erste Mal sah, habe er sich schon ein paar Gedanken gemacht: "So große Sprünge und so eine lange und schwere Strecke bin ich vorher noch nie gefahren." Dafür hat er es aber ganz gut hinbekommen: Scholze war der einzige Deutsche im Finale und wurde im Feld der Weltbesten überraschend Sechster - hinter Johannson, der auf den fünften Platz kam.

Up in the air: Auch die Mountainbiker (hier Emil Johannson vor dem Olympiaturm) waren beim "Munich Mash" vertreten. (Foto: Johannes Simon)

Anlaufpunkt Olympiapark

Spätestens am Samstagmorgen hatten wohl auch die letzten Münchner begriffen, dass wieder Mash-Wochenende in der Stadt war. Während die Actionsportler - das heißt lockere Klamotten, bunte Basecaps, gute Laune und meist in Begleitung von Skateboard, Mountainbike oder BMX unterwegs - an normalen Tagen nur vereinzelt in den S- und U-Bahnen anzutreffen sind, war diese Spezies am Wochenende eindeutig in der Überzahl. Jedenfalls auf den Strecken Richtung Olympiapark. Trotz des vor allem am Samstag eher mäßigen Wetters zog der Mash insgesamt 85 000 Zuschauer an -Rekord. Dort angekommen, schwärmten wieder einzelne Gruppen aus - mal Skater, mal Biker. Alle mit einem Ziel: Möglichst schnell zu Eissportzentrum, Olympiasee und Coubertinplatz gelangen, um dort den Besten der Welt bei ihrem Handwerk zuzuschauen.

Evan, der Publikumsliebling

Sprünge über die Werbebande, Handstand auf dem Brett, Tricks an der Grenze des Möglichen: Die Rede ist nicht von Superstar Nyjah Huston, nicht von Shane O'Neill und auch nicht von Paul Rodriguez, dem Gewinner des Skateboard-Wettbewerbs. Der US-Amerikaner Evan Smith, der knapp in der Qualifikation scheiterte, war es, der mit seiner unbekümmerten Art das Publikum am meisten begeisterte. Auch er fand es offenbar ganz gut: "Es ist einfach irre, hier zu sein", sagte Smith. Und verschwand in der Fan-Gemeinde.

Zickzackläufer

Gibt es einen schöneren Ort als den Olympiapark zum Joggen? Wohl kaum. Aber während des Munich Mash, zwischen den Menschenmassen hindurch? Kein Problem, immer wieder hechelten rotgesichtige Läufer im Zickzack durch die Besucherströme, was neben der körperlichen Anstrengung auch noch höchste Aufmerksamkeit erforderte. Von Unfällen wurde nichts bekannt, einen echten Jogger haut so schnell nichts um.

Feuchte Versuchung

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(Foto: Johannes Simon)

Die Mischung macht's: Skateboarder (hier Micky Papa)...

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(Foto: Johannes Simon)

...und Wakeboarder wie William Klang...

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(Foto: Johannes Simon)

...oder Lokalmatador Dominik Gührs (hier bei der Siegerehrung) lockten 85 000 Besucher in den Olympiapark.

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(Foto: Johannes Simon)

Münchens größter Zelt-Platz: 20 000 Besucher relaxen am Sonntag im Park und schauen den Mountainbikern zu.

"So nah wie hier sind die Zuschauer bei keinem anderen Contest dran", hatte der drittplatzierte Wakeboarder Nico von Lerchenfeld nach der Siegerehrung treffend angemerkt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, jedenfalls bekamen dies ein paar Zuschauer zu spüren. Nicht von Lerchenfeld, der widerstand der Versuchung. Der Münchner Lokalmatador Dominik Gührs konnte dagegen einfach nicht widerstehen und schickte eine ordentliche Wasserfontäne in Richtung der drei Dirndl-Damen, die später die Siegerehrung flankierten. Getroffen hat er sie allerdings nicht. Dafür war die erste Reihe, die dem Ufer am nächsten saß, zwischenzeitlich leergespritzt.

Fortsetzung folgt

Wie sollte das Fazit von Olympiapark-Geschäftsführer Arno Hartung auch anders ausfallen: "Ich denke, wir haben das ganz gut hinbekommen", sagte der scheidende Geschäftsführer in seiner wohltuend leisen Art. Vor allem, dass die Wakeboarder als neue Disziplin so gut angenommen wurden, freute den OMG-Chef. Der dritte war zugleich Hartungs letzter Mash, Marion Schöne wird im Januar seine Nachfolge übernehmen. Hartung ließ sich dennoch zu einem Versprechen hinreißen: "Wir haben ja fünf Jahre grünes Licht von der Stadt, aber ich glaube, auch der Mash Nummer sechs und sieben sind gesichert."

© SZ vom 05.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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