Linksaußen:Welt der Wunder

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Es gibt mehr da draußen, als man sich vor einem PC-Bildschirm vorstellen kann: Was Donald Trump, Real Madrid und die Hamburg Freezers mit dem TSV 1860 München gemein haben

Von Johannes Schnitzler

An alle Häretiker, Zweifler und Besserhalbwisser: Es gibt da draußen mehr, als man sich vor einem PC-Bildschirm vorzustellen vermag. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass Donald Trump - das ist der, der Immigration für eine Krankheit hält und Merkel für eine Form des Irrsinns - allen Ernstes ein Kandidat für das Amt des amerikanischen Präsidenten, vulgo: der mächtigste Mann des Planeten werden könnte? Oder dass es in Deutschland wieder eine demokratisch legitimierte politische Partei geben würde, die - Grundgesetz hin, Artikel 3 her - Menschen ihrer Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, ihres Glaubens und ihrer religiösen sowie politischen Anschauungen wegen ganz offen diskriminiert und damit Wahlen gewinnt? Mal ehrlich: Wer?

Gut, dass Sport und Politik nichts miteinander zu tun haben ;-)

In der Welt des Sports gibt es deshalb Wunder. Bern 1954. USA - Sowjetunion 1980, das "Miracle on Ice". Oder 2016: Das Wunder von Leicester. Wunder sind über Zweifel erhaben. Man kann allenfalls streiten, ob sich Geschichte wiederholt. Mai 2014: Madrid spielt im Champions-League-Finale in Lissabon gegen Madrid. Das eine Madrid geht früh in Führung, das andere Madrid gleicht kurz vor Schluss aus. Mai 2016: Dasselbe in Mailand. Und am Ende gewinnt immer Madrid. Es gab schon weniger solide gebaute Verschwörungstheorien.

Man darf also zumindest mal ein bisschen mit dem Gedanken spielen, was da gerade läuft zwischen Hamburg und München, um es in der Sprache des Boulevards zu sagen. Wir erinnern uns: 2002, München hat eine Eishockey-Mannschaft, die zwei Jahre zuvor die Meisterschaft gewonnen hat, aber keine zeitgemäße Halle und zu wenige Zuschauer. Schwupps, beschließt der Besitzer, die Mannschaft zu transferieren: die Geburtsstunde der Hamburg Freezers. 2016, München hat wieder einen Eishockey-Meister, aber nach wie vor keine zeitgemäße Halle und im Schnitt nicht einmal halb so viele Zuschauer wie die Freezers, deren Besitzer, dieselbe Anschutz Entertainment Group wie damals, in der vergangenen Woche, schwupps, das Ende für den Eishockey-Standort Hamburg beschlossen hat. Und nun: Zieht der EHC von der Isar an die Elbe? Wiederholt sich (die) Geschichte?

Eher nicht.

Aber wir wollen dem TSV 1860, der am Samstag den 50. Jahrestag der Meisterschaft feierte, die Hoffnung nicht rauben. Auch wenn es ein Wunder wäre.

© SZ vom 30.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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