Linksaußen:Kusch dich oder ich fress' dich

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SZ-Illustration (Foto: N/A)

Ob in der griechischen Mythologie oder vor dem Essener Schwurgericht: Überall gibt es Vater-Sohn-Konflikte. Nur nicht bei den Basketballern des FC Bayern. Die haben nicht mal eine Trainerdebatte

Von Johannes Schnitzler

Vor dem Schwurgericht Essen (!) wurde in der vergangenen Woche der Fall eines 22-Jährigen verhandelt, der seinen Vater mit dem Auto überfahren und ihn dann getreten hat. Anlass war ein Streit über einen Nudelauflauf, der dem Sohn "nicht kross genug" war.

Die Mythologie ist voll von solchen Vater-Sohn-Konflikten. Beginnend bei Kronos (für Römer: Saturn), der seinen Vater Uranos mit einer Sichel entmannte. Vor lauter Angst, ihm könne dereinst dasselbe widerfahren, fraß Kronos seine Söhne sicherheitshalber auf. Im Madrider Prado hängt ein schauriges Bild davon, "Saturn verschlingt eines seiner Kinder", eines jener "Schwarzen Gemälde", mit denen der Künstler Francisco de Goya die Wände seines Landhauses bepinselte. Warum, weiß niemand. Vielleicht hatte er was Falsches gegessen.

Auch die Psychologie hat sich dem Verhältnis von Erzeuger zu Erzeugtem gewidmet. Angeblich sprechen 30 Prozent der erwachsenen Männer nicht mehr mit ihren Vätern. Weitere 30 Prozent sprechen zwar mit ihnen, beklagen aber ein gespanntes Verhältnis. Und noch mal 30 Prozent geben an, sie kämen mit ihrem Vater klar, solange sich die Gespräche auf den neuen Barbecue-Smoker beschränkten. Bloß keine komplexeren Themen, Gefühle, Nudelauflauf oder so.

Marko und Svetislav Pesic sprechen miteinander, immerhin. Das müssen sie auch. Marko Pesic ist Basketball-Sportdirektor beim FC Bayern, sein Vater der Cheftrainer. Dass ihr Arbeitsverhältnis Spannungen birgt, bleibt nicht aus. Vor allem dann, wenn die Saison im Ergebnis einem labberigen Nudelauflauf gleicht. Verpflichtet Marko Pesic nun einen neuen Trainer, handelt er womöglich professionell, verscherzt es sich aber mit dem Vater. Der wiederum hat die Weisungsbefugnis des Sohns ausgehebelt und verfügt: "Es gibt keine Trainerdiskussion!" Er hätte den Bengel auch wie in den Vater-Sohn-Comics von e.o. plauen übers Knie legen können.

Dass man familiäre Interessenkonflikte sinnvoller lösen kann, zeigt das Beispiel des Tölzer Verteidigers Johannes Huß, 18, der jetzt aus Karrieregründen nach Düsseldorf wechselt. Sein Vater, einst Kapitän der Tölzer Löwen, ist heute deren Co-Trainer und assistiert Axel Kammerer, dessen Sohn vor einem Jahr zur DEG ging. Die Väter sind nun aber gar nicht sauer, zumal die Söhne per Förderlizenz weiterhin für Tölz spielen dürfen. Abnabelung unter Aufsicht: So kann man sich auch mal anfahren, ohne sich gleich gefressen haben zu müssen.

© SZ vom 06.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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