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Forever hip: Warum Bartträger wie Hasan Ismaik immer jung bleiben, der TSV 1860 München aber trotzdem alt aussieht

Von Johannes Schnitzler

Knapp zwei Wochen ist das neue Jahr nun alt, die Frage hoch an der Zeit: Erinnert sich noch jemand an seine Vorsätze für 2016?

Gegen den guten Willen an sich ist ja nichts einzuwenden. Andererseits trägt der Vor-Satz sein Scheitern schon im Namen, wenn ihm nicht ein konsequentes Nachsetzen folgt. In der Rechtsprechung gilt der Vorsatz als strafverschärfend - aber eben erst, wenn eine Tat vollzogen ist. Hasan Ismaik zum Beispiel, global operierender Geschäftsmann von Beruf und vom Schicksal zum Investor beim lokalen Weltverein TSV 1860 München bestellt, hat vor Jahresfrist den löblichen Vorsatz gefasst, weiter mit jungen Spielern arbeiten zu wollen. Die ersten Personalien des Jahres waren folgerichtig die Veräußerung des 20 Jahre alten Allrounders Marius Wolf nach Hannover sowie der Ankauf des 30 Jahre jungen Stürmers Sascha Mölders vom FC Augsburg.

Auf einen Schlag hat 1860 zehn Jahre dazugewonnen! Wenn das mit den Punkten so einfach wäre. Ismaik wird über seine neuen sozialen Kontakte wieder jede Menge Häme und Unverständnis dafür ernten. Dabei hat er sich doch extra in den digitalen Netzwerken eingerichtet mit dem besten Vorsatz, "den Fans die Möglichkeit (zu) geben, untereinander sowie mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden des TSV 1860 München direkt zu kommunizieren". Soweit bekannt kommunizieren die Fans der Löwen seit geraumer Zeit recht direkt miteinander, und zwar über Ismaik. Sie fühlen sich von ihrem Fan-Draht-Zieher über den Löffel barbiert, und damit kennt der Löwe sich aus, zumindest der männliche: Laut Statistik bringt jeder erwachsene Mann zwei Jahre seines Lebens damit zu, sich zu rasieren. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 78 Jahren vergeudet er ein 39-stel seines Daseins damit, sich ständig nachwachsende Stoppeln aus dem Gesicht zu schneiden. Das erklärt einerseits den Trend zum Bart: Überall sieht man weiche Zivilisationsgesichter hinter steinzeitlichen Fellteppichen verschwinden. Andererseits liegt darin ein Schlüssel zur Infantilisierung der Generation Hoodie, die ganz nostalgisch Fanta Klassik nuckelt, Nickipulli trägt, Comics guckt und 40 zum neuen 30 erklärt. Forever hip: Bart macht alt. Aber man fühlt sich umso jünger.

Hasan Ismaik übrigens hat der klassische Vorsatz "mehr Sport" bislang rund 40 Millionen Euro gekostet. Andererseits trägt der Jordanier seit den Tagen seiner Adoleszenz Vollbart. Statistisch gesehen hat der 39-Jährige dadurch ein Jahr Lebenszeit gespart. Kein schlechter Schnitt, so gesehen.

© SZ vom 11.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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