Linksaußen:Der Name des Witzes

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Namenswitze sind bemüht oder peinlich oder beides - und deshalb in seriösen Qualitätsmedien verboten. Doch es gibt natürlich Ausnahmen.

Von Johannes Schnitzler

Namenswitze sind in seriösen Qualitätsmedien verboten, und das ist Gutenberg so. Entweder sie sind bemüht oder peinlich oder beides. Der Sport-Informations-Dienst feierte den chilenischen Nationaltorhüter Claudio Bravo nach dessen Elfmeter-Gala neulich beim Confed Cup mit der Zeile: "Bravo, Claudio!" Eben deshalb.

Manche Namenswitzelei beruht indes auf einem Missverständnis. Wer dächte nicht augenblicklich an eine erfolgreiche Münchner 800-Meter-Läuferin, wenn er folgende Agentur-Schlagzeile läse: "Verband: Hering könnte infolge des Brexits teurer werden." Schon überlegt man, welche Auswirkungen der EU-Austritt Großbritanniens auf das deutsche Mittelstreckengewerbe haben könnte, da taucht Christina Hering in einem Schwarm von Schülern auf, die sich zum Zweck der Popularisierung der Leichtathletik an Münchner Schulen diese Woche um sie tummelten. Schulen, Tümmler und mittendrin die Hering - im Zwischenhirn beginnt es sanft zu blubbern.

Was die dpa eigentlich mitteilen wollte: Die deutschen Fischer fürchten, dass der Hering, der zu den Echten Knochenfischen zählt, teurer wird, wenn die traditionell genutzten Fanggebiete rund um die britischen Inseln verloren gehen. Der Hering. Und das ist noch nicht alles: Auch die Importe aus Dänemark und Holland würden sich verteuern, weil nämlich die Dänen (lügen nicht) und Holländer (ohne fahr'n wir zur WM) dann auch nicht mehr in den britischen Gewässern fischen dürfen. "Das multipliziert den Verlust", sagt der Generalsekretär des Hochseefischerei-Verbands, Peter Bückling, äh, Breckling. Das Ganze klingt wie schwunghaftes Schleppnetz-Abfischen auf dem chronisch sauerstoffarmen Transfermarkt. Kaum hat z.B. bei der U21-EM ein deutscher Nachwuchskicker namens Felix Plattfisch, äh, Platte ein, klar, Kopfball-Tor erzielt (gegen England, auch bekannt als Brexit United), schießt in den Fanggründen Britanniens und Chinas sein Marktwert in die Höhe wie ein hungriger Weißhai auf Seelöwenjagd. Was der Chinese stattdessen den Kölnern überlässt? Anthony Modeste!

Erfreulich offen geht wie immer die Eishockey-Branche mit den Themen Geld, Schall und Rauch um. Der Torhüter Youri Ziffzer, ausgebildet beim EHC Klostersee, in dessen Namen auch der eine oder andere Blindfisch übers Eis kraulte, hat dieser Tage seine 13-jährige Profi-Laufbahn beendet, in deren Verlauf er zwar fünf Mal deutscher Meister wurde, aber nie Stammtorhüter. Aus diesem Anlass gab Ziffzer den Eishockey News ein Interview, er sagte: "Der Sport hat mir viel gegeben. Das fängt beim Finanziellen an." Kann man ja mal sagen. Ziffzers Vater Stefan, das nur am Rand, war übrigens mal Präsident des EHC Klostersee. Und Geschäftsführer des TSV 1860 München. In seine Amtszeit fällt der Verkauf der Löwen-Anteile an der Arena an den FC Bayern, für grätige elf Millionen. Über den 1860-Präsidenten sagte Ziffzer damals: "Der Fisch stinkt vom Kopf her, und bei uns ist der Kopf der Präsident." Der 1860-Präsident hieß übrigens weder Hering noch Bravo. Sondern Linde. Kein Witz.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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