Linksaußen:Auf ein Wort, Mr. President

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Trump, Hoeneß, Seehofer: Drei verbale Schwergewichte auf der Goldwaage.

Von Johannes Schnitzler

Seit 1971 eruiert die Gesellschaft für deutsche Sprache die Wörter des Jahres; der Sieger bei der Premiere hieß "aufmüpfig" - das gutbürgerliche Lager spürte noch Nachwehen von '68. Die Gewinner seitdem verraten viel über den Gemütszustand der Gesellschaft: "konspirative Wohnung" (1978), "Tschernobyl" (1986), "Besserwessi" (1991), "11. September" (2001). Der Deutsche verbalisiert damit sein Unbehagen. 2015 war das Wort des Jahres: "Flüchtlinge".

2016 dürfte "Präsidentschaftswahl" gute Chancen haben. Nichts hat die Welt zuletzt mehr beschäftigt als die Berufung eines rotgesichtigen, leicht übergewichtigen Mannes mit kühner Blondfrisur zum mächtigsten Mann auf dem Planeten. Nichts war aufregender als die Rückkehr von Uli Hoeneß ins Präsidentenamt. Make FC Bayern great again.

Trump? Ach ja. Beide sind Unternehmer, das schon. Der eine macht in Bau, der andere saß 21 Monate darin. Der eine schart gerade Profis um sich, um sich das mal erklären zu lassen mit dieser, Dings, Politik. Für alles hat er Experten, sogar für Flugzeughavarien: Im Wahlkampf rutschte die Maschine mit seinem Vize Mike Pence in New York von der Landebahn. Doch die Unterschiede überwiegen. Hoeneß ist ein Selfmade-Macher. Wenn er Profis um sich schart, dann nur, um es allen noch mal so richtig zu zeigen. Sogar einen Flugzeugabsturz hat er am eigenen Leib er- und überlebt.

Hoeneß hat seine Wahl haushoch gewonnen (okay, er hatte keinen Gegenkandidaten, geschweige denn eine -kandidatin). Er residiert nicht in einem vergoldeten Hochbunker an New Yorks 5th Avenue, sondern in einem holzverkleideten Haus am sonnenvergoldeten Tegernsee. Seine Frau heißt nicht Melania, sondern Susi. Romantiker träumen schon von einer Neuverfilmung des Disney-Klassikers Susi und Strolch, mit dem Ehepaar H. in den Hauptrollen (Höhepunkt wäre die Dinner-Szene, wenn beide nicht an einer Nudel, sondern an den zwei Enden einer Bratwurst knabbern). Der eine sieht sich von Verbrechern umzingelt (Mexikaner, Medien, die Clintons), der andere hat in RB Leipzig den neuen "Feind" erkannt, eine Wortwahl, für die Hoeneß sich umgehend entschuldigte.

Das Schlusswort gebührt deshalb dem größten aller Präsidenten, dem bayerischen Ministerpräsidenten. Horst Seehofer sagte: "Warten wir doch die praktischen Handlungen ab." Er meinte: Trumps. Denn wer wüsste besser als er, wie schnell ein Wort zum Unwort wird.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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