Leichtathletik:Zwei Wege zu Gold

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„Riesenüberraschung“: Joel Akue stößt 18,96 Meter weit. (Foto: imago images/Beautiful Sports)

Münchner Leichtathleten triumphieren bei deutscher Jugend-Meisterschaft in Neubrandenburg.

Von Andreas Liebmann, München

Vor einigen Wochen erst hat Joel Akue sein Sportgerät gewechselt. Zuvor war es eine schwere Metallkugel, danach auch - nur war die neue eben schwerer als die alte. Akue ist Kugelstoßer, es war also nicht so, als hätte man einer Eiskunstläuferin einen Lacrosse-Schläger in die Hand gedrückt oder einem Ringer eines dieser bunten Gymnastikbänder am Stöckchen, die man aus der Rhythmischen Sportgymnastik kennt - und sie hätten dann gar nicht gewusst, was sie damit anfangen sollten.

Nein, Akue weiß natürlich, wie man mit so einer Kugel umgeht. Trotzdem fällt vielen diese Umstellung schwer, zumal der altersbedingte Wechsel von der Fünf- in die zur Sechs-Kilo-Klasse ja einhergeht mit dem Wechsel in eine ältere, stärkere Konkurrenz. Schon deshalb hatte den 17-jährigen Münchner am vergangenen Wochenende niemand auf der Rechnung, als in Neubrandenburg die deutschen Jugend-Hallen- und Winterwurf-Meisterschaften ausgetragen wurden. Zumal er ja auch erst vor eineinhalb Jahren wirklich damit begonnen hat herauszufinden, wie man mit solchen Kugeln umgeht - als er nämlich von den Mehrkämpfern hinüberwechselte zur Werfergruppe der Trainer Andreas Bücheler und Gerhard Neubauer beim LG-Stadtwerke-Verein TSV München-Ost.

Was am Wochenende passierte, hatte allerdings selbst Bücheler nicht erwartet. "Eine Riesenüberraschung" nannte er Akues Abschneiden. Denn sein Schüler wurde tatsächlich deutscher Meister. Der Trainer war verblüfft und er räumte ein, dass er, wenn schon, dann eher mit Dominik Idzan gerechnet hatte, dem Zweiten aus seiner Trainingsgruppe, der mit besseren Vorleistungen angetreten war, der 20 Kilo schwerer ist und bessere Kraftwerte aufweist, und der im Gegensatz zu Akue jene Drehstoßtechnik beherrscht, die die Bundestrainer sehen wollen - Akue fehlen die dafür oft hilfreichen Erfahrungen vom Diskuswurf, weshalb er sich weiterhin mit dem so genannten Angleiten behilft. Auch damit traut sein Trainer ihm allerdings zu, eines Tages 20 Meter mit der Männerkugel zu meistern. Idzan jedenfalls habe "den ersten Stoß sauber über den Finger gestoßen", erzählte Bücheler, danach habe er sich nicht mehr recht getraut. Akue dagegen, der vor einem Jahr bei den deutschen Hallenmeisterschaften noch Neunter war, im Freien dann schon Dritter, war nun in diesen Wettkampf, der wegen vieler Unterbrechungen alle Teilnehmer vor Probleme stellte, nur mit einer Vorleistung von 17,93 Meter gestartet. Auf Rang vier liegend, steigerte er sich dann im vierten Versuch auf eine neue Bestweite von 18,33 Meter. Und im letzten Versuch gelangen ihm dann unglaubliche 18,96. Er wartete reglos, bis die Ziffern auf der Anzeigetafel aufleuchteten, dann riss er beide Arme hoch.

Der 19-Jährige startet auch bei den deutschen Meisterschaften in Leipzig

Es war nicht der einzige Erfolg für die Münchner. Das zweite Gold kam allerdings unter völlig anderen Voraussetzungen zustande. Sprinter Fabian Olbert holte es über 60 Meter, er war dort als klarer Favorit angetreten. Obwohl das Finale zweimal gestartet werden musste, gelang dem bayerischen U-20-Rekordhalter in 6,70 Sekunden zuverlässig eine herausragende Zeit. Am nächsten Wochenende wird der 19-Jährige auch bei den deutschen Meisterschaften der Erwachsenen in Leipzig antreten.

Eine weitere Goldmedaille hatte er in Neubrandenburg vermeintlich sicher, als auch die von ihm angeführte 4×200-Meter-Staffel im Finale als Erste ins Ziel lief. Jakob Matauschek, Vincent Saller und Vincente Graiani hatten ihre Sache gut gemacht, doch dann wurden die Vier wegen eines Wechselfehlers disqualifiziert. Der Schlussläufer Graiani konnte sich immerhin mit seiner Silbermedaille über 400 Meter trösten. Die 200-Meter-Sprinterin Viola John und Diskuswerfer Alexander Schaller holten jeweils noch Bronze für die LG. Deren Geschäftsführer Christian Gadenne überschlug spontan, dass dies die erfolgreichste Jugend-DM ihrer Geschichte wäre, korrigierte aber später, dass es 2018 noch eine bessere gab. Damals waren unter anderem Selina Dantzler und Amelie Döbler erfolgreich, beide aus Büchelers Werfergruppe.

© SZ vom 19.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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