Leichtathletik:Weltrekordversuch vor 500 Zeugen

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Fordert die Gastgeber des Munich Indoor im Kugelstoßen heraus: Christian Zimmermann, Kirchheimer SC. (Foto: Claus Schunk)

"Mammutprogramm" beim Munich Indoor in der Werner-von-Linde-Halle - und mittendrin eine Olympia-Teilnehmerin von Rio als Tempomacherin.

Von Andreas Liebmann, München

Der Mann mit der Kappe wird fehlen. Das ist schade, schon weil Pedro Garcia Fernandez immer so gut zu erkennen ist. Doch der Spanier im Trikot der LG Stadtwerke München ist schon an diesem Mittwoch in Frankfurt gelaufen, wie immer als einziger mit einer strahlend weißen Kopfbedeckung, und dabei ist er deutscher Hochschulmeister geworden über 60 Meter Hürden, locker, in 8,03 Sekunden. Wie 2017. Und 2016. Erst drinnen, dann draußen. Ein Wiederholungstäter. Seine Drinnen-Saison dürfte damit allerdings vorbei sein, weil nun deutsche Meisterschaften anstehen, und dort darf er als Ausländer nicht wirklich mitmachen.

Im Gegensatz zu Clemens Bleistein, doch auch der wird an diesem Samstag fehlen. Der Münchner Langstreckenläufer hat gerade in Luxemburg über 1500 Meter eine deutsche Jahresbestleistung (3:41,53 Minuten) aufgestellt. Weil er aber eigentlich auf die 3000 Meter aus ist, wird er sich über diese Distanz am Sonntag in Metz an der internationalen Norm versuchen. Johannes Trefz, der deutsche Meister über 400 Meter, wird kommen, allerdings nur für eine Autogrammstunde, weil Leichtathletik-Hallenwettkämpfe mit ihren engen Kurvenradien nicht unbedingt für zwei Meter große Läufer wie ihn erfunden wurden.

Trotzdem (und obwohl am Wochenende auch süddeutsche Meisterschaften in Sindelfingen stattfinden) sind immer noch ein paar Athleten übrig, die am Samstag beim Munich Indoor in der Werner-von-Linde-Halle teilnehmen werden. 518, um genau zu sein. Aus 87 Vereinen. Die nach aktueller Zahlenlage zusammen auf 1014 Meldungen kommen. "Ein Mammutprogramm", sagt Christian Gadenne, Geschäftsführer der LG Stadtwerke München, deren Mitgliedsverein TSV Forstenried um Reinhard Maier das Mammutprogramm organisiert. "Hallenmeetings sind heftig", weiß Gadenne, "da passieren immer viele Dinge gleichzeitig. Das muss gut koordiniert sein."

Rio-Starterin Fabienne Kohlmann kehrt zurück, als Tempomacherin

Die Münchner kennen das natürlich. Es gibt in ganz Bayern nur zwei wettkampftaugliche Leichtathletik-Hallen, die zweite steht in Fürth. Deshalb ist die Münchner Sportstätte jedes Mal so gut besucht. "Für viele ist es eine willkommene Gelegenheit, einmal an einem Hallenwettkampf teilzunehmen", weiß Gadenne. Üblicherweise lässt sich die Veranstaltung dann so zusammenfassen: Sportler aus 87 Vereinen kämpfen um Höhen, Weiten und Bestzeiten - und am Ende gewinnt München. Denn die Athleten der LG Stadtwerke sind in vielen Disziplinen favorisiert. In mehr als einem Drittel der Wettbewerbe haben LG-Starter die besten Meldeleistungen, die weiteren 86 Vereine teilen sich die restlichen Sieganwärter. Und es sind durchaus namhafte Münchner am Start, etwa die Hochspringer Laura Gröll und Tobias Potye, die Weitspringer Jacqueline Sterk und David Faltenbacher, die Kugelstoßer Amelie und Valentin Döbler. Die sollen übrigens erst an diesem Freitag aus Lanzarote zurückkehren, sagt Gadenne, der da kaum noch den Überblick behält. "Die Hälfte ist ständig irgendwo", sagt er. Hürdensprinter Tobias Giehl komme gerade aus Südafrika, die Hochspringer starteten bald dorthin, 800-Meter-Läuferin Christina Hering war Anfang des Jahres 14 Tage in Monte Gordo, Portugal, und wird in drei Wochen für einen Monat zum Höhentrainingslager nach Flagstaff/Arizona aufbrechen. Aktuell allerdings ist die Olympiastarterin von Rio krank, sie muss versuchen, bis zu den deutschen Hallenmeisterschaften am folgenden Wochenende in Dortmund zu genesen, wo sie ihren vierten Hallentitel in Serie gewinnen könnte - auch eine Wiederholungstäterin. "Seit der Wiedervereinigung gab es das in dieser Disziplin noch nie", hat Gadenne recherchiert. Am Samstag in München jedenfalls muss Hering passen und fällt damit für eine besondere Aufgabe aus: Tempo zu machen für Eva Trost.

Eva Trost vom ASV Piding ist seit einigen Tagen 50 Jahre alt. Sie startet gemeinsam mit Tochter Katharina (LG München) über 800 Meter, und sie verfolgt ein ehrgeiziges Ziel beim Munich Indoor: Sie will einen neuen Hallenweltrekord in ihrer neuen Altersklasse aufstellen. Dafür bekommt sie in Mareen Kalis eine Ersatz-Tempomacherin. Ihre zehn Sekunden schnellere Tochter hat ebenfalls Begleitung - prominente: Fabienne Kohlmann wird für sie das Tempo machen. Die ehemalige deutsche Hallenmeisterin ist wegen Achillessehnenproblemen seit Monaten nicht gelaufen. Seit Rio 2016.

© SZ vom 09.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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