Leichtathletik:Rundherum nur Gold

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Die Senioren des TSV Vaterstetten holen bei der Weltmeisterschaft im polnischen Thorn fünf Titel. Drei davon gehen an Gerhard Zorn. Guido Müller gewinnt einmal dank eines entschlossenen Zielsprungs.

Von Andreas Liebmann, München/Vaterstetten

In Laufdisziplinen hat man zwischen Start- und Ziellinie vor allem eine Aufgabe: möglichst schnell die Füße zu bewegen. Gelegentlich schadet es aber auch Läufern nicht, mal nach links oder rechts zu schauen. Gerhard Zorn vom TSV Vaterstetten hat das in den vergangenen Tagen häufiger getan, sonst könnte der Senioren-Leichtathlet vom TSV Vaterstetten zum Beispiel nicht berichten, dass Thorn, das polnische Torun und die Geburtsstadt von Nikolaus Kopernikus, ein gotisches Kleinod ist, deren Gebäude den zweiten Weltkrieg weit glimpflicher überstanden hätten als zum Beispiel die Belagerung durch die Schweden im Jahr 1703. Hätte sich Zorn nicht ab und zu umgesehen, hätte er bei den Senioren-Weltmeisterschaften in Thorn bis zum vergangenen Wochenende vermutlich auch keine drei Goldmedaillen bei drei Starts gewonnen.

Die letzte, mit der 4×200-Meter-Staffel, war die einfachste für den 62-Jährigen. Trotz des riesigen Teilnehmerfeldes von mehr als 4000 Athleten ist es nicht selbstverständlich, dass die Nationen in den jeweiligen Altersklassen überhaupt eine Staffel vollbekommen. Der Vorsprung für das Team des Vaterstetteners war deutlich, da spielte es keine Rolle, dass er wegen einer Wadenverletzung eine schwierige Hallensaison hinter sich hatte. Über 400 Meter stand Zorn indes eine mehr als schwierige Aufgabe bevor, das wusste er spätestens, seit er die anderen Vorläufe begutachtet hatte. Den Brasilianer Israel Melo hatte er dort studiert, der ihn vor einigen Jahren schon mal bei einer WM bezwungen hatte; und den polnischen Mittelstreckenspezialisten Jan Czaska, von dem er ahnte: "Wenn ich den im Finale zu lange bei mir habe, werde ich wenig Freude haben." Also wählte er eine Taktik die er selbst als "hochriskant" empfand: Er ging extrem schnell an, hängte damit den Polen ab und kam auch vor dem Brasilianer ins Ziel. Über 200 Meter gelangen ihm dann gleich zwei Saisonbestzeiten, die schnellere (25,30 Sekunden) brachte ihm den Finalsieg ein.

Zorns Vereinskollege Guido Müller holte zweimal Gold, in der Staffel und über 400 Meter. Der Mann der vielen Rekorde startet inzwischen in der Klasse M80, er stellt dort aber nicht mehr wie früher eine Bestmarke nach der anderen auf. Über 60 Meter wurde er Vierter, über 200 Meter Zweiter hinter dem Weltrekordhalter Bob Lida aus den USA. Auch über 400 Meter sah es nach Silber aus, Müller bog als Zweiter hinter Hermann Beckering auf die Zielgerade ein. "Ich wollte überholen, aber er ist ausgeschert", schilderte Müller - auch Beckering hatte sich offensichtlich mal umgeblickt. Doch Müller schloss auf den letzten Metern auf und überholte mit seinem letzten Schritt. Vier Hundertstelsekunden hatte er am Ende Vorsprung. "Er hat sich an ihm vorbei ins Ziel geworfen", staunte Zorn - der natürlich auch dieses Finale interessiert mitangesehen hatte.

© SZ vom 02.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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