Leichtathletik:Raus aus dem Herzen der Stadt

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Das Pfingstmeeting im Dantestadion lockt mit starkem Teilnehmerfeld. Doch das Jump&Fly in der Innenstadt fällt 2015 aus

Von Andreas Liebmann, München

Zum 30. Mal findet an diesem Samstag das Ludwig-Jall-Sportfest statt, und man kann jetzt schon sagen, dass es die bedeutendste Leichtathletik-Freiluftveranstaltung des Jahres in München sein wird. Einerseits, weil dieses Pfingstmeeting der LG Stadtwerke schon seit Jahren groß aufgezogen wird und hochkarätig besetzt ist; andererseits aber, weil es als Großveranstaltung in der Landeshauptstadt neuerdings konkurrenzlos ist. Denn das noch prominenter besetzte Stabhoch- und Weitsprungfestival Jump&Fly im Juni, das in den vergangenen drei Jahren zunächst auf dem Odeonsplatz und zuletzt am Marienhof stattfand, wird es nicht mehr geben. Zumindest nicht in diesem Jahr.

Hintergrund ist, dass die Stadt München nach drei Jahren nicht mehr als Veranstalter auftreten wollte, weshalb sich die für die LG Stadtwerke verantwortliche Sport und Athletik Marketing GmbH (SAM) der prestigeträchtigen Veranstaltung annahm. Doch für die Münchner Leichtathletik-Gemeinschaft stellte sich das Jump&Fly offenbar als zu kostspielig heraus. "Selbst wenn man nur das Notwendigste kalkuliert, ist man bei den Kosten in einem sechsstelligen Bereich", sagt SAM-Geschäftsführer Christian Gadenne. Was er nicht sagt: Schon in den vergangenen Jahren dürfte die Veranstaltung bei freiem Eintritt und nicht übermäßig hohem Sponsorenaufkommen ein erhebliches Minus eingebracht haben. Zwar habe es seitens der Stadt Signale gegeben, einen Teil des Defizits auszugleichen, doch das Risiko blieb wohl dennoch zu groß. In einer Stellungnahme aus dem Sportamt heißt es dazu: "Da der in Aussicht gestellte Zuschuss der Landeshauptstadt München nicht das gesamte Defizit gedeckt hätte, wären zusätzliche Gelder nötig gewesen." Dem Veranstalter sei es trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen, bis zum vereinbarten "Reißleinentermin" die benötigten Sponsoring-Einnahmen zu akquirieren.

In dem Bemühen der Leichtathleten, in ihrer Stadt präsenter zu werden, ist das ein herber Rückschlag. Gadenne schwärmt vom Vorjahr, von Weltmeistern und Olympiasiegern im Herzen der Stadt, von der Kulisse hinter dem Rathaus mit 3000 Zuschauern und unzähligen Passanten. Auch das Finale der Münchner Schulmeisterschaft im Weitsprung fand auf dieser Bühne statt, als Anreiz für die Schüler. Und es sei ja ein allgemeiner Trend, dass sich die Leichtathletik bemüht, aus den Stadien in die Städte zu kommen, Gadenne nennt die vergangene deutsche Meisterschaft als Beispiel, als die Kugelstoßer ihren Wettkampf vor dem Ulmer Münster austrugen. Umso bedauerlicher sei nun der Ausfall des Jump&Fly. Ob es nächstes Jahr einen neuen Anlauf gibt, ist noch nicht entschieden.

Bleibt also das Ludwig-Jall-Sportfest im Dantestadion, das in diesem Jahr vor allem unter dem Wetter zu leiden haben dürfte. Die Prognosen für Samstag (Beginn 10.30 Uhr) klingen nicht gut, stattfinden wird es aber selbst bei Dauerregen. In den Topwettbewerben (16 bis 18 Uhr) klingen vor allem die 400 Meter Hürden spannend, mit dem EM-Fünften Felix Franz (Neckar-Enz), dem ehemaligen deutschen Meister Georg Fleischhauer (Frankfurt), dem Kasachen Dmytriy Koblov und dem Tschechen Michal Broz, die ebenfalls Zeiten von unter 50 Sekunden draufhaben. LG-Spezialist Tobias Giehl muss wegen eines Muskelfaserrisses passen. Auf der Kippe steht der Hochsprung-Wettkampf. In dem wegen einer Konkurrenzveranstaltung in Sinn ohnehin kleinen Feld ist ausgerechnet der Start des Münchners Tobias Potye ungewiss, der zuletzt mit Patellasehnenproblemen nur 2,09 Meter sprang. Bei Männern wie Frauen sind vor allem die Sprintdistanzen international besetzt, auch das Speerwerfer-Feld ist hochkarätig, unter anderem mit dem 80-Meter-Werfer Taane Lannmäe aus Estland. Kurzum: Für viele Münchner Athleten ist das Jall-Sportfest ein Saisonhöhepunkt - ganz unabhängig vom Jump&Fly.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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