Leichtathletik:Ein cleveres Quartett

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Die deutsche 1500-Meter-Juniorenmeisterin Jana Reinert ist neu bei der LG Stadtwerke.

Von Andreas Liebmann, München

"Auf jeden Fall!", sagt Jana Reinert, ohne groß nachzudenken. Was denn auch sonst, man muss sich ja schließlich etwas vornehmen zum Jahreswechsel - warum also nicht etwas derart Naheliegendes? Das alles sagt die 21-Jährige zwar nicht dazu, aber es schwingt schon mit in ihrer Stimme. Die Frage an sie hatte gelautet, ob nach dem Dreifachtriumph, den die 800-Meter-Läuferinnen der LG Stadtwerke München bei den deutschen Meisterschaften im vergangenen August in Berlin feierten, nun ein Vierfachsieg ihr Ziel wäre. Reinerts Antwort kommt schnell und selbstverständlich. "Unseren Trainer würde es auf jeden Fall freuen", fügt sie hinzu.

Ihr Trainer Andreas Knauer, der die erfolgreiche Münchner Laufgruppe gemeinsam mit Jonas Zimmermann betreut, hat auf dieselbe Frage ein wenig zurückhaltender geantwortet. Schon jener Dreifachsieg war ja etwas Unerhörtes, Christina Hering vor Katharina Trost, ihrer Dauerrivalin der vergangenen Saison; und mit etwas Abstand dahinter Mareen Kalis, ebenfalls für München. Die totale Dominanz. "Wie Mareen da noch ihren Spurt ausgepackt hat, war schon eine tolle Sache", blickt Knauer also zurück, um dann einige Konkurrentinnen aufzuzählen, die im nächsten Jahr ebenfalls um die vordersten Platzierungen mitlaufen könnten. "Äußerst schwierig" wäre ein solches Unterfangen, fasst er zusammen - am besten also gar nicht darüber reden. Wobei: "Eine Riesensache" wären die Plätze eins bis vier natürlich schon, muss er dann zugeben, "eine richtig heiße Geschichte." Zumal man künftig in einem solchen Rennen ja ganz andere Mannschaftstaktiken anwenden könnte. All das sind Gedanken, die nun ganz automatisch aufkommen, seit offiziell ist, dass Jana Reinert zum Jahreswechsel die LG Karlsruhe verlässt und zur LG München wechselt.

Bandscheibenbedingt auf der längeren Distanz, holt Jana Reinert im Juni den deutschen Meistertitel über 1500 Meter in der Altersklasse U23. (Foto: Axel Kohring/imago)

Wirklich überraschend kam das nicht. Reinert studiert Jura in München, drittes Semester. Seit einem Jahr trainiert sie bereits hier, die Münchner Laufgruppe kannte sie ohnehin gut von gemeinsamen Trainingslagern. Sie habe sich ihrem alten Verein zu verbunden gefühlt, um gleich vor einem Jahr den Wechsel zu vollziehen, erklärt sie jetzt, außerdem sei sie dort noch Teil einer aussichtsreichen Staffel gewesen. Nun spiele sich ihr Leben aber doch längst vorwiegend in München ab, da sei es Trainern und Trainingskolleginnen gegenüber "nur fair", künftig auch offiziell dazuzugehören, findet sie. Damit hat sich nun also die deutsche Juniorenmeisterin über 1500 Meter der Gruppe angeschlossen, die dann auch auf eine andere Frage sehr schnell und selbstverständlich antwortet: "800 oder 1500 Meter?" - "800!"

Wegen eines Bandscheibenvorfalls habe sie zuletzt eher die längere Distanz gewählt, erklärt Reinert, sobald dessen Nachwirkungen ganz behoben seien, werde sie wieder die kürzere Strecke bevorzugen. Jene also, auf der sie in direkter Konkurrenz mit den drei anderen steht, ganz ähnlich wie Katharina Trost, 24, die auch beides laufen könnte, aber zuletzt immer wieder jene 800 Meter wählte, auf denen Christina Hering seit Jahren ihre Titel sammelt.

Die Duelle mit den anderen ist Reinert gewohnt. Zuletzt war es vor allem Kalis, mit der sie gemeinsam die Norm für die U-23-EM gejagt hatte - vergeblich. "Wir waren auf einem Level", sagt sie, lange Zeit sogar exakt: Beide stellten im Mai ihre Saisonbestleistung von 2:04,90 Minuten auf, ehe Kalis im August in Berlin noch neun Hundertstelsekunden weniger brauchte. Nun gelte es für beide, so Knauer, schnellstmöglich jene 2:03,50 zu schaffen, die ihnen im Anschluss an die U 23 die weitere Förderung im Perspektivkader verschafft.

Knauer beschreibt die zierliche Jana Reinert als "lebhafte Person", sie selbst sehe sich als "feurige" Läuferin. "Jede hat ihre eigenen Stärken", vergleicht Knauer. Katharina Trost zum Beispiel habe dieses Tempogefühl, fast wie eine innere Uhr, der sie folgt. Reinert müsse eher mal gezügelt werden. Jenseits der Bahn haben die vier viel gemeinsam. "Sehr clever, zielstrebig, gut organisiert" nennt Knauer seine Läuferinnen. Kalis, Medizinstudentin, 1,0-Abitur, spielte früher noch im Orchester; Hering, ebenfalls Einserabitur, spielte Querflöte, studiert Management; Trost schwenkte nach einem Stipendium in den USA auf Grundschullehramt um, ihr erfolgreiches Jahr 2019, das im WM-Halbfinale gipfelte, bewältigte sie parallel zum Staatsexamen. "Wir haben alle eine ähnliche Wellenlänge", sagt Reinert, Abi-Schnitt 1,4, Klavier. "Uns ist das Studium genauso wichtig wie der Sport. Wir wissen, dass wir auch da die Unterstützung unserer Trainer haben und das Vertrauen, dass wir immer probieren, alles unter einen Hut zu bringen."

Jana Reinert hat sich sehr schnell eingefunden in diese Gruppe, so gut, dass es sich Ende Juli doch sehr seltsam angefühlt habe, als die anderen in Ulm als 3×800-Meter-Staffel den deutschen Titel holten und sie selbst mit Karlsruhe Siebte wurde. Auch für die Staffeln steigen nun natürlich die Möglichkeiten. "Ich freue mich auf jeden Fall, endlich mit den Mädels gemeinsam laufen zu können", betont Reinert. Und dabei geht es ihr nicht mal um Plätze und Medaillen.

© SZ vom 31.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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