Klettern:Beste Zeit

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Alma Bestvater aus München gewinnt die deutsche Meisterschaft im Olympic Combined - und stellt einen Speed-Rekord auf. Nun ist die Qualifikation für Tokio das Ziel.

Von Sebastian Winter, Augsburg/München

Wenn zwei Kletterer an der künstlichen Wand in der Disziplin Speed gegeneinander antreten, dann muss man sich das ungefähr so vorstellen wie im Film Spiderman. Die Comicfigur rast dort in Windeseile spiegelglatte Hochhauswände entlang - und zwar senkrecht nach oben. Mit Händen und Füßen, die wie Saugnäpfe an der Fassade haften. Eine ähnlich spektakuläre Kletterei durften die Zuschauer am Wochenende in Augsburg miterleben, bei der deutschen Meisterschaft im Olympic Combined. Jener neu kreierten Sportart also, in der 2020 in Tokio erstmals olympische Medaillen vergeben werden - und die die drei Kletterdisziplinen Speed, Lead und Bouldern vereint. Eine Frau fiel in Augsburg besonders auf: Alma Bestvater, 23, geboren in Weimar, seit 2018 Wahl-Münchnerin wegen der dort idealen Klettermöglichkeiten - und eine der großen deutschen Hoffnungen für die Olympia-Qualifikation.

Die Titelkämpfe 2018 musste sie noch wegen einer Verletzung am Handgelenk abbrechen

Bestvater zeigte vor allem im Speed eine herausragende Leistung. In exakt 8,640 Sekunden war sie die 15 Meter spinnengleich nach oben geklettert und hatte am Top den Buzzer gedrückt: Damit holte sie sich auch den deutschen Rekord bei den Frauen zurück, den ihre Finalgegnerin Franziska Ritter inne hatte. Im Lead, wo es eher auf Ausdauer statt auf Geschwindigkeit ankommt, wurde Bestvater Zweite. Im Bouldern, ihrer eigentlich stärksten Disziplin, in der die Maximalkraft die größte Rolle spielt, war sie dieses Mal am schwächsten. An der teils 45 Grad überhängenden, mit drei schwierigen Bouldern gespickten Wand wurde sie Dritte. Die besondere Arithmetik im Olympic Combined verlangt, dass alle Platzierungen miteinander multipliziert werden - wer die wenigsten Punkte hat, gewinnt. 1. x 2. x 3. = sechs Punkte, Bestvater war die klare DM-Siegerin. Und sie gewann zudem noch 1000 Euro Preisgeld. "Es war ein bisschen überraschend, dass das schlechteste Ergebnis jetzt tatsächlich vom Bouldern kam, aber es ist ja alles gut gegangen", sagte Bestvater nach dem Wettkampf. Im vergangenen Jahr hatte sie bei der DM-Premiere in der olympischen Kombination ihren Wettkampf wegen einer Verletzung am Handgelenk noch abbrechen müssen.

Bestvater ist inzwischen neben Afra Hönig, die ebenfalls in München am Olympiastützpunkt unter Bundestrainer Urs Stöcker an der Wand übt und in Augsburg Dritte wurde, die beste deutsche Wettkampfkletterin. Ohnehin hat sich München längst zu einem der wichtigsten Stützpunkte in Deutschland entwickelt. In Romy Fuchs und Alexander Averdunk trainieren dort zwei weitere Spitzenkletterer.

Maximal zwei Chancen hat die 23-Jährige noch für Tokio 2020 - eine davon will sie nutzen

Maximal je zwei Frauen und Männer dürfen Deutschland bei den Spielen in Tokio vertreten, der Erlanger Alexander Megos hat sich bislang als einziger qualifiziert. Bestvater, die in München Sportwissenschaften studiert und direkt neben dem Stützpunkt im ehemaligen olympischen Dorf wohnt, und Hönig gelten als aussichtsreichste deutsche Frauen.

Die erste von drei Qualifikationschancen - die WM im August in Japan - ließen sie verstreichen, Ende November folgt in Toulouse die zweite Chance. Dort treten die besten 20 Frauen der Weltcup-Wertung gegeneinander an, die sechs besten des Wettkampfs in Frankreich haben das Ticket sicher. Die letzte Möglichkeit für Bestvater und Hönig würde sich Anfang 2020 bei der Europameisterschaft im Olympic Combined bieten - allerdings qualifizieren sich dort nur die siegreichen Männer und Frauen für Tokio.

An diesem Wochenende werden Alma Bestvater und Afra Hönig versuchen, sich beim Lead-Weltcup in Slowenien weitere Punkte für die Rangliste zu sichern. Bis dahin muss sich Bestvater schonen, sie hat sich in Augsburg bei dem wechselhaften Wetter eine Erkältung eingefangen. Vielleicht hatte sie am Montag auch deshalb noch kein Bild von der DM für ihre fast 10 000 Follower auf Instagram gepostet.

© SZ vom 25.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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