Judo:Kater zum Auftakt

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Judo-Bundesligist Großhadern setzt im Bierzelt des Haderner Volksfestes auf den Nachwuchs - und verliert seinen ersten Saisonkampf gegen Esslingen mit 4:10

München - Timo Cavelius reckt die Faust nach oben, die rund 250 Zuschauer werden erstmals richtig laut: Der Zillertaler Hochzeitsmarsch erklingt. Im Festzelt des Haderner Volksfestes, wo die Judoka des aktuellen deutschen Meisters TSV Großhadern wie schon im Vorjahr ihren Saisonauftakt bestritten, herrscht erstmals Festzeltstimmung. Gerade hatte der 19-jährige Cavelius seinen Gegner Niklas Ebert vom KSV Esslingen mit einem Schulterwurf zum zweiten Mal auf die Matte gelegt, den Kampf damit für sich entschieden und einen wichtigen, ganzen Punkt für die Gastgeber gesichert. Der Anschluss war in diesen Sekunden wieder hergestellt, nur noch 2:3. Leider, aus Sicht der Großhaderner, sollte der Punktgewinn einer der wenigen Höhepunkte an diesem Samstagnachmittag bleiben. In der Neuauflage des letztjährigen Finales, das der TSV im Oktober noch mehr als deutlich mit 10:3 für sich entschieden hatte, war dieses Mal nichts zu holen. Der KSV Esslingen gewann den ersten Kampftag der neuen Saison deutlich mit 10:4. "Das haben wir uns ganz anders vorgestellt, erst recht vor dieser schönen Kulisse hier im Bierzelt", sagte Großhaderns Coach Gerhard Dempf, nachdem das Duell vorbei war: "Eigentlich wollten wir den Heimvorteil ausnutzen und den ersten Sieg einfahren."

"Mein Sieg geht in Ordnung, auch wenn es eine richtige Schlacht war": Timo Cavelius (oben) holte einen von nur vier Großhaderner Punkten. (Foto: Alessandra Schnellnegger)

Dass das alles andere als einfach werden würde, war Dempf schon vorher bewusst gewesen. Vermutlich dürfte die gesamte Saison keine leichte werden für den TSV. Einerseits, weil in Alexander Wieczerzak, Aaron Hildebrand und Igor Wandtke gleich drei Bundeskaderathleten und Schlüsselkämpfer der Meistersaison Großhadern verlassen hatten. Andererseits steht die Saison ganz im Zeichen der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro, was bedeutet, dass viele der ausländischen Top-Judoka die Vorbereitung auf dieses Großereignis den Kämpfen in der Bundesliga vorziehen. Das ist vermutlich auch beim Schweden Marcus Nyman so. Und dennoch stand er den Münchnern für den Saisonauftakt zur Verfügung. Der 25-Jährige, der sich erst vor einer Woche bei der Europameisterschaft in Kasan die Bronzemedaille in der Klasse bis 90 Kilogramm gesichert hatte, entschied seine beiden Kämpfe in gewohnt souveräner Manier für sich. Sowohl gegen Felix Korthals als auch gegen Maximilian Schubert benötigte er nicht annähernd die volle Kampfzeit von fünf Minuten. "Durch seine Routine ist er enorm wichtig für uns", sagte Dempf über den starken Bodenkämpfer. Nur fliegt der Schwede nun wieder in die Heimat und steht zumindest für die kommenden Kampftage nicht zur Verfügung. "Wir müssen mal abwarten, wie seine Planungen vor Olympia aussehen. Wir hoffen natürlich, dass wir ihn noch einmal einsetzen können", sagte Dempf, der darin aber eine Chance für die jüngeren Kämpfer sieht: "Wir haben viele gute, junge Leute, die nun Verantwortung übernehmen können."

Schon beim Saisonauftakt wurde diese Marschrichtung deutlich. Von den zwölf Kämpfern, die für Großhadern am ersten Kampftag zum Einsatz kamen, waren Nyman und der 24-jährige Julian Kolein noch die Ältesten. Alle anderen bewegten sich zwischen 17 und 22 Jahren, was einen Altersdurchschnitt von gerade einmal 20,6 Jahren bedeutete. Gegen die erfahrenen und abgeklärteren Esslinger war der Kader wohl aber noch ein bisschen zu jung. "Esslingen ist das stärkste Team im Süden", versuchte Dempf den Saisonauftakt einzuordnen und formulierte direkt eine Kampfansage für die kommenden Duelle: "Wir wollen wieder angreifen und nicht allzu lange über diese Niederlage grübeln."

Timo Cavelius durfte sich allerdings trotz des enttäuschenden Ergebnisses zumindest ein bisschen als Gewinner fühlen. Immerhin verantwortete er einen der wenigen Lichtblicke des Tages. "Mein Sieg geht in Ordnung", sagte er, "auch wenn es eine richtige Schlacht war." Wenigstens eine erfolgreiche, die seinen Teamkollegen gezeigt hat, wie es in dieser Saison funktionieren könnte. Jan Geißler

© SZ vom 02.05.2016 / Jan Geißler - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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