Judo:Durchgekämpft

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Judo-Meister Großhadern gewinnt knapp in Ettlingen und erreicht das Viertelfinale

Von Julian Ignatowitsch, München

Der Schwerste hatte den Gegner im wahrsten Sinne des Wortes abgewürgt. Plötzlich war es ganz still in der Ettlinger Judohalle, nur Edward Freidenberg und seine Teamkollegen jubelten. Ausgerechnet der Schwergewichtler Freidenberg sicherte dem TSV Großhadern im letzten Vorrundenkampf der Judo-Bundesliga auswärts in Ettlingen den Sieg, der den Einzug in die Playoffs bedeutete. Er, der als Ersatzmann mitgefahren war, der im zweiten Durchgang eingewechselt wurde und bislang überhaupt nur zwei Kämpfe in der Bundesliga gewonnen hatte in der schwersten Gewichtsklasse, Großhaderns Problemposition. Freidenberg also hatte seinen Gegner Max Wallschmidt so fest um den Hals gepackt, dass dieser die Aufgabe signalisierte und der Kampfrichter den Kampf vorzeitig abbrach: Ippon für Großhadern, Punkt für Großhadern, Sieg für Großhadern. Die Münchner setzten sich beim JC Ettlingen insgesamt denkbar knapp mit 7:6 Punkten durch und verbesserten sich auf Platz drei der Gruppe Süd.

Trainer Ralf Matusche war erleichtert: "Das ist gerade noch gut gegangen." Schon wieder, muss man hinzufügen. Denn bereits am vergangenen Kampftag hatte sich Großhadern überhaupt nur mit einem knappen Erfolg gegen Aufsteiger Erlangen (8:6) im Rennen um die vorderen vier Plätze gehalten. Der Meister stand in dieser Saison schon mehrfach vor dem Aus, schaffte schließlich aber doch noch die Qualifikation für die Endrunde.

Auch in Ettlingen lief es zunächst nicht rund. Großhadern musste einmal mehr auf die großen Namen (Karl-Richard Frey, Tobias Englmaier, Marcus Nyman) verzichten, die im Zuge der Vorbereitung auf die Sommerspiele fehlten. Im ersten Durchgang verloren ausgerechnet die beiden internationalen Akteure David Klammert und Laurin Böhler, Leistungsträger Julian Kolein kam nicht über ein Unentschieden hinaus. Diese drei Punkte waren eingeplant, Großhadern lag zur Pause 2:4 hinten. Im zweiten Durchgang dann die Aufholjagd: Klammert und Kolein erfüllten ihre Pflicht und Freidenberg überraschte. Es reichte. "Spannender hätte es nicht sein können", fasste Matusche zusammen, der auch die jungen Akteure lobte.

Denn in Lukas Vennekold, Niklas Blöchl und Timo Cavelius, alle Anfang 20, punkteten drei Kämpfer aus dem eigenen Nachwuchs, die in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen sollen. Großhadern hatte zu Beginn der Saison zwangsläufig (nach dem Weggang von drei deutschen Spitzenkämpfern) den Umbruch eingeleitet. Die Jungen sollten übernehmen, enttäuschten allerdings zunächst und blieben über mehrere Kämpfe glück- und erfolglos. Jetzt im Saisonendspurt gewannen sie fast alle ihre Begegnungen. "Das sind sensationelle Jungs, die zusammenhalten", sagt der Trainer. "Momentan sieht man mit jeder Trainingseinheit eine Weiterentwicklung".

Im Playoff-Viertelfinale im September trifft Großhadern nun, wie bereits im Vorjahr, auf den UJKC Potsdam. Gegen die Brandenburger hatten sich die Münchner vergangene Saison nur ganz knapp durchgesetzt, ehe sie anschließend souverän zum Titel durchmarschierten. "Das wird ein heißes Duell", sagt Matusche, der im Herbst nach den Olympischen Spielen wieder auf seine Stars hofft. Zuvor fliegt er aber als bayerischer Landestrainer selbst mit nach Rio de Janeiro und unterstützt die deutsche Mannschaft. Gerade der WM-Zweite Frey ist eine Medaillenhoffnung.

In der einmonatigen Sommerpause berät die Bundesliga indes über mögliche Regeländerungen für die kommende Saison. Denn das Beispiel Großhadern zeigt in diesem Jahr auch, woran es der Liga mangelt: an einem kompetitiven Modus. Mit nur zwei Siegen und einem Remis zieht Großhadern in die Playoffs ein. Selbst Matusche sagte dazu: "Wir haben eigentlich eine schlechte Saison gekämpft und sind wieder qualifiziert." Das liegt daran, dass vier von sechs Teams weiterkommen, die Auslese ist zu gering. Die Verantwortlichen diskutieren deshalb nun über eine Verlängerung der Hauptrunde und Aufstockung der Liga auf neun Teams. Außerdem sollen nur noch die besten zwei Mannschaften je Staffel ins Finale der letzten Vier einziehen. Die Änderungen würde die Vorrundenkämpfe aufwerten, allerdings ist fraglich, ob die Qualität in der Breite für jeweils neun Teams in Nord und Süd auf Bundesliganiveau reicht.

Matusche sieht das Ganze gelassen: "Wir werden so oder so wieder unsere Rolle spielen." Sein Team hat in diesem Jahr zum fünften Mal in Folge die Endrunde erreicht.

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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