Judo-Bundesliga:Quantitativ zu wenig

Lesezeit: 2 min

Millimeterentscheidung: Christiane Weidendorfer führte mit einer halben Wertung, ehe der Mattenrichter Punkt und damit Sieg für Wiesbaden gab. (Foto: Claus Schunk)

Nach der dritten Niederlage für Großhaderns Frauen im dritten Kampf ist die Endrunde für den Titelverteidiger kaum noch zu erreichen

Von Julian Ignatowitsch, München

Die Trainerin wollte mit gutem Beispiel vorangehen und stieg selbst in den Ring. Sie wollte ein Zeichen setzen. Was nur im Notfall vorgesehen war, wurde Realität. Als Theresa Diermeier dann im ersten Kampf des Tages mit dem Rücken auf die Matte fiel, war das erst der Anfang eines Kampftags voller Pech und Pannen für die Judo-Frauen des TSV Großhadern. 6:8 mussten sie sich beim JC Wiesbaden geschlagen geben, es war die dritte Niederlage im dritten Kampf dieser Bundesliga-Saison. Die Chancen auf die Endrunde sind für den Titelverteidiger nur noch gering, stattdessen geht es um den Klassenerhalt.

Nein, sie habe so etwas auch noch nicht erlebt, sagte Diermeier: "Selbst die Kampfrichter haben uns darauf angesprochen, was denn los sei." Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr blieb die Position im Leichtgewicht bis 48 Kilogramm unbesetzt. Eliana Pielmeier ist nach wie vor verletzt, Taciana de Lima kämpfte beim Masters in Rabat und Nadine Thiel war anderweitig verhindert. "Die anderen jungen Mädels, die für diese Position eingeplant waren, kommen nicht mehr in Frage", erklärte Diermeier. "Zwischen 16 und 18 Jahren nehmen viele eben ein paar Kilo zu." Somit waren zwei Punkte schon vor Kampfbeginn verloren. Dann die zweite Problemposition bis 70 Kilo, wo erst Diermeier und in der zweiten Runde Katharina Ertl weit über ihrem Normalgewicht kämpften und dementsprechend hoffnungslos gegen eine "normale Siebzigerin" waren. Die für diese Gewichtsklasse angesetzten Kämpferinnen Laura Vargas Koch, Alena Eiglova und Lisa Dollinger sind allesamt verletzt. Schließlich die neuste Hiobsbotschaft: Emily Dotzler zog sich am Samstag in ihrem Kampf bis 57 Kilogramm eine Innenbandläsion zu, verdrehte sich bei einer Angriffsaktion ihrer Gegnerin Arleta Podolak das Knie, so dass dieser Punkt ebenfalls ohne großes sportliches Zutun an Wiesbaden ging. Ersatzfrau Leocardia Zheng war im zweiten Durchgang chancenlos. Angesichts der Umstände war es fast schon bemerkenswert, dass Großhadern sogar fast noch ein Unentschieden erreicht hätte.

Im vorletzten Kampf führte Christiane Weidendorfer schon mit einer halben Wertung (Waza-ari), ehe sie kurz vor Schluss zu Boden ging. Der Mattenrichter gab eine ganze Wertung (Ippon) zugunsten der Gegnerin. "Die Aktion war am Rand der Matte, das war sehr knapp, man hätte auch auf Außerhalb entscheiden können", schilderte Diermeier die Situation. In diesem Fall hätte der Angriff nicht gezählt - und Weidendorfer hätte wohl den Punkt zum Remis geholt. So besiegelte eine strittige Entscheidung die Niederlage. Als wäre nicht schon genug passiert.

Diermeier lobte dennoch "die vorbildliche Einstellung des Teams", also derjenigen, die überhaupt antreten konnten. Die Trainerin selbst muss sich in ihrem ersten Jahr den Vorwurf gefallen lassen, die Kaderplanung vor der Saison etwas vernachlässigt zu haben. "Qualitativ stimmt alles, quantitativ haben wir aber Probleme", räumt sie ein. Die Zusatzbelastungen im Jahr vor den Olympischen Spielen machen es umso schwieriger. "Die Aufgabe ist neu für mich und ich habe das sicher auch ein Stück weit unterschätzt", sagt Diermeier. "Die ganze Bürokratie, der Meldeaufwand, da war kaum Zeit für Neuverpflichtungen." Während der Saison gibt es keine Möglichkeit mehr, nachzubessern. Immerhin: Für das nächste Jahr ist schon ein Zugang auf der unterbesetzten Leichtgewichtsposition geplant, eine dritte Berlinerin nach Vargas Koch und Carolin Weiß soll kommen.

Die letzten beiden Kämpfe der Hauptrunde stehen erst im September an. Mit zwei hohen Siegen gegen Esslingen und Leipzig könnte Großhadern sogar noch das Finalticket lösen. "Ich bin nach wie vor optimistisch", sagt Diermeier. Die Sommerpause macht Hoffnung. Danach stehen die verletzten Athletinnen voraussichtlich wieder zur Verfügung, auch die WM ist dann vorbei. Dann will man endlich in Bestbesetzung kämpfen. Und die Trainerin kann wieder ihren Job neben der Matte erfüllen.

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: