Judo-Bundesliga:Knapp? Knapp. Sehr knapp!

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Alles im Griff: Großhaderns Christoph Köberlin (rechts) hat den Potsdamer Gegner Paul Schwisow unter Kontrolle und gewinnt seinen Kampf sicher. (Foto: Claus Schunk)

TSV Großhadern bezwingt Potsdam mit 8:6 und steht damit im Finale um die deutsche Judo-Meisterschaft

Von Julian Ignatowitsch, München

Eine kurze Verbeugung beendete die Aufholjagd des Gegners, Trainer Ralf Matusche konnte tief durchatmen, spielte die Dramatik aber etwas herunter: "So spannend war es ja gar nicht." Allerdings musste auch er einräumen, dass beim 8:6 des TSV Großhadern gegen den UJKC Potsdam im Viertelfinale der Judo-Bundesliga nur "ein Punkt ausschlaggebend war." Nach dem 7:7 im Hinkampf erreichte der TSV gerade so das Finale, und erfüllte das Minimalziel. In drei Wochen steigt die finale Runde der letzten Vier.

Dass es so knapp werden würde hatte allerdings keiner mehr in der Siegi-Sterr-Halle erwartet. Denn bevor der junge Potsdamer Philipp Galandi den letzten Kampf des Tages gegen den WM-Zweiten Karl-Richard Frey ohne Kampfhandlung aufgab, und sich kurz verbeugte, hätte Großhadern fast noch einen 7:2-Vorsprung aus der Hand gegeben. Alles, was in der ersten Kampfrunde so gut geklappt hatte, ging in der zweiten Hälfte schief. Plötzlich verloren die Bundeskaderathleten Alexander Wieczerzak (-81 kg) und Aaron Hildebrand (-100 kg) gegen die gleichen Gegner, die sie gerade noch besiegt hatten. Auch der sonst so verlässliche Schwede Marcus Nyman (-90 kg) lag auf einmal am Boden, geschlagen mit einer großen Wertung.

"Klar war allerdings, dass wir am Ende noch Kalle Frey haben", rekonstruierte Matusche das Geschehen mit Blick auf die Kampfreihenfolge. "Ein Vizeweltmeister fällt nicht mal einfach so um." Weil das auch den Potsdamern klar war und ein Weiterkommen wegen der besseren Wertung für Großhadern ohnehin nicht mehr möglich war, gaben die Gäste den Schlusskampf ab. Das Verletzungsrisiko für ihren 21-jährigen Schwergewichtler wäre zu groß gewesen. "Bei allem Respekt, er hätte keine Chance gehabt", stellte Matusche sicherheitshalber noch klar.

Freys Bilanz ist eindeutig: Der Zugang hat für die Münchner in dieser Saison alle Kämpfe gewonnen und ist derzeit wahrscheinlich der beste deutsche Judoka in seiner Gewichtsklasse. Seit 30 Bundesliga-Kämpfen ist er saisonübergreifend ungeschlagen - und neuerdings eben auch WM-Silbermedaillengewinner. Auch im Finale ruhen die Hoffnungen des TSV auf ihrem so kampfstarken Schwergewicht. Zusammen mit dem KSV Esslingen ist Großhadern nicht zuletzt wegen Frey am 10. Oktober Favorit auf den Titelgewinn.

Trainer Matusche räumte allerdings ein, dass seine Mannschaft eines verpasst hatte: nämlich ein Zeichen an die Konkurrenz vor dem Meisterschaftsfinale zu senden. "Wir wollten hier klar gewinnen, das habe ich zur Halbzeit noch einmal betont. Geklappt hat es leider nicht." Müde wirkte so mancher Athlet, der Trainer hat dafür aber durchaus Verständnis. "Die Jungs hetzen von einem Termin zum nächsten." Gerade erst war die Weltmeisterschaft in Astana (Kasachstan), jetzt steht der Grand Prix in Taschkent (Usbekistan) an - und jedes Mal müssen die Athleten auf ihr Gewicht achten, gegebenenfalls noch ein paar Kilo abnehmen. München und die Bundesliga sind gerade für die internationalen Topkämpfer eine strapaziöse Zusatzbelastung. Rekordmeister TSV Abensberg hat deshalb im Jahr vor den Olympischen Spielen erst gar keine Mannschaft gemeldet.

In Großhadern betonen die Kämpfer allerdings stets, dass sie den Teamwettbewerb in der Bundesliga sehr schätzen. Das dürfte am Eröffnungswochenende des Oktoberfests umso mehr gelten. Am Sonntag feierte die Mannschaft den Finaleinzug beim gemeinsamen, obligatorischen Wiesn-Gang. Ob dem Kölner Frey wohl eine Lederhose steht? Matusche lachte kurz: "Ganz bestimmt."

Die Frauen des TSV Großhadern haben dagegen den Einzug in die Finalrunde der Judo-Bundesliga verpasst. Ein 7:7-Remis beim JC Leipzig reichte nur für Platz fünf in der Abschlusstabelle der Gruppe Süd, die ersten Drei ziehen ins Finale ein. Damit verpassen die TSV-Frauen auch die Titelverteidigung, die deutsche Meisterschaft hatten sie im vergangenen Jahr zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte nach Großhadern geholt.

© SZ vom 21.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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