Judo-Bundesliga:Gut organisiert

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Der TSV Großhadern will die Dominanz von Serienmeister Abensberg brechen. Vor dem Finale ist Trainer Matusche überzeugt: Die Chancen stehen besser als in den vergangenen zwölf Jahren

Von Julian Ignatowitsch, München

Die Kollegin Verena Birndorfer habe ihm den Pokal schon unter die Nase gehalten, erzählt Ralf Matusche: "Der ist ganz schön groß, ein zusätzlicher Anreiz!", sagt der Trainer des Judo-Bundesligisten TSV Großhadern. An diesem Samstag in Abensberg steht für Matusche und sein Team also auch die Ehre auf dem Spiel. Großhaderns Männer wollen nachholen, was den Frauen vor zwei Wochen bereits gelungen ist: die deutsche Meisterschaft nach München zu holen, zum ersten Mal nach 2001.

"Die Chancen stehen besser als in den vergangenen Jahren", sagt Matusche. "Aber der TSV Abensberg ist nach wie vor Favorit." Abensberg, dieses kleine Städtchen im Landkreis Kelheim, ist für die Münchner eine uneinnehmbare Festung. Seit mehr als einem Jahrzehnt kämpfen sich die Ober- nun schon erfolglos an den Niederbayern ab . Zwölfmal in Serie wurde Abensberg Meister, jedes Mal vertröstete sich Großhadern auf die nächste Saison. Und trotzdem soll in diesem Jahr, im 13. Anlauf, die alte Geschichte ein neues Ende erhalten. "Wenn wir kämpferisch das abliefern, was im Vorfeld organisatorisch geleistet wurde, dann sind wir vorne dabei", ist Matusche überzeugt.

"Er hat unsere Erwartungen erfüllt - jetzt kann er sie übertreffen": Auf Zugang Alexander Wieczerzak (li.) baut Großhadern auch im Finale. (Foto: Claus Schunk)

Zusammen mit Betreuer Gerhard Dempf hat er alles Mögliche dafür unternommen, dass Großhadern beim Finalturnier in Bestbesetzung aufläuft. Lediglich der Schwede Marcus Nyman, der bei einem internationalen Turnier kämpft, und der schon die ganze Saison verletzte Aaron Hildebrand fehlen. Andere wichtige Namen stehen dagegen auf der Liste: Zum Beispiel Alexander Wieczerzak.

Der Junioren-Weltmeister von 2010 reiste schon am Freitag von Köln nach München, damit er nicht wieder wie zuletzt wegen des Zugführerstreiks am Bahnhof stecken bleibt. Wieczerzak (-81 kg) wechselte vor der Saison als einer von drei deutschen Einzelmeistern nach München. Während die zwei anderen Zugänge Igor Wandtke (-73 kg) und Hildebrand (-90 kg) mit Verletzungen zu kämpfen hatten, war Wieczerzak die erhoffte Verstärkung und siegte in acht von zehn Saisoneinsätzen. "Er hat unsere Erwartungen erfüllt - jetzt kann er sie übertreffen", sagt Matusche vor der Runde der letzten Vier.

Schon im Halbfinale (10 Uhr) gegen den KSV Esslingen wartet auf Wieczerzak die schwerstmögliche Aufgabe. Den georgischen Welt- und Europameister und Weltranglistenersten Avtandil Tchrikishvili hat er aber schon geschlagen. "Ich weiß, wie man gegen ihn gewinnt", sagt Wieczerzak selbstbewusst. "Die Tagesform ist wichtig. Wir sind als Mannschaft da und vom ersten Kampf an voll gefordert." Optimistisch stimmt ihn auch, dass Wandtke endlich wieder einsatzbereit ist. "Wir wollen Abensberg Druck machen und zeigen, dass wir da sind", sagt Wieczerzak.

Präsident TSV Abensberg: "Verständlich, dass sie den Druck auf unsere Schultern legen wollen." (Foto: Claus Schunk)

Esslingen als Pflichtaufgabe, Abensberg als Kür: Das ist der Plan. "Ich bin optimistisch, dass wir in den Kampf um Gold eingreifen", sagt Matusche. Wenn er über das mögliche Finale (13.45 Uhr) gegen Abensberg spricht, redet er vom "glücklichen Händchen" und davon, dass "alles optimal laufen muss". Ein zweiter Name, der dann immer wieder fällt, ist Roy Meyer. Der Niederländer soll die Probleme des TSV im Schwergewicht beheben und ist neben Adrian Gomboc (-66 kg) und Aleksandar Kukolj (-90 kg) einer von drei Internationalen, die mit nach Abensberg fahren. "Er hat keine Angst und kann seine Gegner das Fürchten lehren", sagt Matusche. Mit 115 Kilogramm gehört U-23-Europameister Meyer sogar noch zu den Leichten seiner Zunft. Der Gegner im Finale hieße Dimitri Peters, der wohl beste deutsche Judoka derzeit. "Er kann gegen jeden gewinnen", sagt Matusche über Meyer; auch seinen anderen internationalen Kämpfern vertraut Matusche, er bezeichnet sie als "Riesengranaten".

Vor einem möglichen Duell mit Olympiasieger Ilias Iliadis (-90 kg) oder Weltmeister Georgi Zantaraja (-66 kg) in den Reihen der Abensberger ist niemand bange. Schon aufgrund des Karriereendes von Schwergewicht Andreas Tölzer ist die Situation für Abensberg nicht mehr so komfortabel wie in den Vorjahren. Mit ihm verlor das Team einen Punktegaranten. Dazu fehlen den Niederbayern in Sven Maresch (Fußbruch), Manuel Scheibel (Junioren-WM) und Philip Graf (Knieverletzung) drei Leistungsträger, die kaum zu ersetzen sind. Da der Einsatz von Ausländern in der Bundesliga auf zwei je Durchgang limitiert ist, könnte es für den Topfavoriten diesmal tatsächlich eng werden. "Ich bin gespannt, wie sie reagieren und aufstellen", sagt Matusche. "Viel hängt davon ab, ob wir die richtigen Begegnungen erwischen." Da die Kämpfer in den Gewichtsklassen beliebig hochgestuft werden können, bleibt Raum für taktische Spielchen.

Trainer Großhadern: "Ich bin gespannt, wie sie reagieren und aufstellen. Er wird diesmal wohl uns die Favoritenrolle zuschieben wollen." (Foto: Johannes Simon)

Solche liefern sich Matusche und Abenbergs Vorsitzender Otto Kneitinger schon vorab. "Er wird diesmal wohl uns die Favoritenrolle zuschieben wollen", meint Matusche. "Aber wir sind noch nicht Favorit." Kneitinger kontert: "Verständlich, dass sie den Druck auf unsere Schultern legen wollen. Aber ich bin lange genug dabei, um zu wissen, wann es knapp werden kann."

© SZ vom 18.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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