Hockey:Skelett mit Zukunft

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Gratulation an die Torschützin: Jule Bleuel (li.) klatscht mit Nike Beckhaus ab, die den Münchner SC in Führung geschossen hatte. (Foto: Claus Schunk)

Die Hockeyfrauen des Münchner SC gewinnen ihr erstes Heimspiel nach der Winterpause gegen Mannheim - und entfernen sich weiter von den Abstiegsrängen.

Von Katrin Freiburghaus, München

Auf der Anlage des Münchner Sportclubs (MSC) war am vergangenen Sonntag beim ersten Heimspiel der Hockey-Frauen nach der Winterpause nicht mehr zu erahnen, dass sie wegen der niedrigen Nachttemperaturen bis zuletzt durchgängig auf unzureichend gewässertem oder ganz trockenem Kunstrasen trainiert hatten. Die Frühlingssonne knallte vom Himmel, und aus den Ritzen der Bodenplatten krabbelten scharenweise Käfer in die Wärme. Obwohl letztere mit dem wichtigen 2:1 (1:1) des MSC gegen den Bundesliga-Tabellennachbarn TSV Mannheim wenig zu schaffen hatten, gaben sie doch ein schönes Gleichnis dafür ab, was für das Team von Trainer André Schriever momentan charakteristisch ist: Denn Insekten haben ein Außenskelett - weil sie so klein sind. Die vor dieser Saison wegen einiger Weggänge noch einmal veränderte Mannschaft der MSC-Frauen braucht derzeit so etwas Ähnliches - weil sie so jung ist.

Man konnte das Münchner Außenskelett am Sonntag zwar nicht sehen, aber dafür gut hören. Von Beginn an rief Schriever in regelmäßigen Abständen Kommandos, Lob und personalisierte taktische Korrekturen über das Feld - Frequenz mit fortschreitender Spieldauer stark steigend. Das lag aber nicht daran, dass er unzufrieden gewesen wäre. Ausgehend von einer realistischen Erwartungshaltung an das im Schnitt gerade einmal 21 Jahre junge Team hatte es dafür auch wenig Anlass gegeben. Mit Ausnahme des zweiten Viertels, in dem der MSC nach der Führung von Nike Beckhaus (10.) in der 18. Minute den Ausgleich kassiert hatte, hatte sich der MSC mindestens gleichwertig präsentiert. Der entscheidende Treffer war Alexandra Sandner in der 42. Minute mit einer schönen Einzelaktion gelungen. Vielmehr als in individueller Qualität äußere sich die Unerfahrenheit aus Schrievers Sicht darin, "dass wir noch eine Hierarchie finden müssen, weil wir einfach keine A-Kader-Leute mehr haben, die über allem stehen".

Am Spieltag mache sich das oft "durch Kleinigkeiten" bemerkbar, "die früher vom Platz aus gelöst wurden, die man jetzt ein bisschen mehr von außen lösen" müsse, wie er sagte. Das war kein Vorwurf, sondern eine Zustandsbeschreibung. Nach dem personellen Umbruch im vergangenen Sommer mit dem Abschied fast aller verbliebenen Routiniers der vergangenen zehn Jahre befinde sich die Mannschaft unverändert "in einem Lernprozess, wie sie sich steuert und wie wir sie steuern". Schriever sagte weiter: "Das entwickelt sich sehr gut - aber es entwickelt sich noch." Die neuen Führungsspielerinnen im Kader wie Philin Bolle oder Kapitänin Michelle Strobel hätten lange "nicht leiten müssen, sondern mitschwimmen" können, das umzustellen sei "ein Prozess".

Gut abzulesen ist dieser Prozess unter anderem an der Eckenquote des MSC, die bereits in der Halle schwach war. Gegen Mannheim setzte sich dieser Trend fort; keine der fünf Strafecken landete im Tor des Gegners. Immerhin kann sich der MSC der Team-Entwicklung nach dem Auftakt gegen Mannheim nun deutlich gelassener widmen, weil der akute Ergebnisdruck bis auf Weiteres entfällt.

Vor der Partie war die Mannschaft Tabellenneunter mit lediglich vier Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze elf und zwölf gewesen, der TSV Mannheim Zehnter mit seinerseits vier Punkten Rückstand auf den MSC. "Das war ein Sechs-Punkte-Spiel für uns", räumte Schriever ein. Die unmittelbare Abstiegsgefahr ist auf Platz acht mit sieben Punkten Polster nun vorerst gebannt. Am kommenden Wochenende gibt es beim Tabellenletzten Bremen zudem die Chance, sich noch mehr Ruhe zu organisieren.

© SZ vom 01.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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