Hockey:Motivation in Flaschen

Lesezeit: 3 min

Die Hockey-Teams des Münchner SC starten in die Hallensaison - mit altbekannten Verstärkungen. Aufgrund des gestauchten Spielplans bleibt jedoch wenig Zeit, um sich zu akklimatisieren.

Von Katrin Freiburghaus, München

Man hat sich daran gewöhnt, dass André Schriever Gespräche mit dem Hinweis auf das niedrige Durchschnittsalter seines Kaders beginnt, um die Erwartungshaltung gleich mal zu dämpfen. Er macht das auch vor dem Start in die Hallenhockey-Bundesliga an diesem Wochenende - allerdings nicht, weil es keine anderen Themen gäbe, denn die gäbe es aus Sicht des Münchner Sportclubs durchaus. Etwa, dass der Klub seine Heimspiele wegen Bauarbeiten in der Allacher Halle an verschiedenen Orten und auf unterschiedlichen Bodenbelägen austragen wird, was Schriever angesichts der bekannten Hallenknappheit in München und jahrelangem Trainingstourismus relativ gleichmütig zur Kenntnis nimmt.

Er betont die Sache mit dem Alter, weil das Senken der eigenen Ziele für ihn selbst ein Prozess war. Nach einem Jahrzehnt als Stammgast im Viertelfinale war er es, der für die MSC-Frauen im vergangenen Jahr noch selbstbewusst den zweiten Platz in der Süd-Staffel als Ziel ausgegeben hatte. Diesmal, sagt er, "halten wir uns entgegen meinem Naturell mal vornehm zurück".

Zwölf seiner 20 Spielerinnen sind Teenager, "wir könnten am Wochenende einen kompletten Block A-Jugendliche aufs Feld schicken", sagt er. Anders als im Vorjahr, als er wegen Verletzungen und Absagen schon froh sein musste, wenn er am Spieltag zehn einsatzfähige Spielerinnen zusammenbekam, hat er diesmal jedoch wesentlich mehr Auswahl. "Wir haben einen ordentlichen Konkurrenzkampf und sind qualitativ stärker", sagt er. Allerdings sei das Team insgesamt noch unerfahrener; Anissa Korth und Jacqueline Dorner sind mit 25 Jahren die beiden ältesten Spielerinnen, Michelle Strobel fällt mit 22 bereits in die Kategorie Routinier.

Diesmal werden die Männer früh wissen, wohin die Reise geht

Die Situation bei den MSC-Männern sähe ähnlich aus, wenn Trainer Patrick Fritsche nicht erfolgreich mit den Hockey-Pensionären Nikolai Duda, Felix Greffenius und Moritz Rünzi über ein temporäres Comeback verhandelt hätte. Dass ehemalige Spieler den Schläger für die nicht einmal zwei Monate lange Hallenserie noch einmal aus dem Keller holen, ist nicht unüblich. Die Verstärkung aus der Vergangenheit sei "sowohl spielerisch als auch menschlich" ein Gewinn, sagt Fritsche, aber trotzdem kein Selbstläufer gewesen. "Wir haben das intensiv diskutiert, weil darin natürlich auch eine gewisse Gefahr liegt, wenn man im Sommer einen großen Umbruch hatte", sagt er. Im Vergleich zum potenziellen Nachteil, die Jüngsten im Team in ihrer Entwicklung zu bremsen, indem man ihnen einen Teil der Verantwortung noch einmal abnimmt, überwogen aber offenbar die Vorteile.

Bislang sieht sich Fritsche in seiner Entscheidung bestätigt. "Würde man die Motivation der Jungs in Flaschen abfüllen, man könnte sie ein Jahr lang verkaufen", sagt er. Selbstverständlich ist das nicht, nachdem dem MSC in der Schlussphase der Feld-Hinrunde die Puste ausgegangen war. Durch zwei Unentschieden und eine Niederlage in den letzten vier Zweitliga-Spielen verlor die Mannschaft den Anschluss an die Tabellenspitze, vom direkten Wiederaufstieg trennen sie in der bis zum Frühjahr eingefrorenen Tabelle bei neun ausstehenden Spielen bereits sieben Punkte. "Das ist ein Brett", weiß Fritsche, dem anzumerken ist, dass er darüber unverändert möglichst wenig reden möchte.

Beim Versuch, zu verhindern, dass die Mannschaft den Frust aus dem Feld mit in die Halle nimmt, seien die Rückkehrer eine Hilfe. "Sie bringen Ruhe und Sicherheit und nehmen den einen oder anderen an die Hand", sagt der 29-Jährige. Greffenius ist fünf, Duda gar neun Jahre älter als Fritsche, der sagt: "Von diesem Erfahrungsschatz profitieren zu können, ist auch für mich ungeheuer wertvoll."

Zumal aufgrund des gestauchten Spielplans, der wegen der Einführung der internationalen Hockey Pro League im kommenden Frühjahr unumgänglich war, wenig Zeit bleibt, sich zu akklimatisieren. Für den MSC geht es in der ersten Liga in der Halle traditionell gegen den Abstieg, in den vergangenen Jahren erarbeitete sich der Klub einen bundesweiten Ruf darin, ihn stets spektakulär - sprich: spät - zu verhindern. In dieser Saison macht der Spielplan diesem Konzept allerdings einen Strich durch die Rechnung: Drei Spiele gegen die direkte Konkurrenz aus Frankfurt und Stuttgart liegen auf den ersten beiden Doppel-Wochenenden. "Danach wissen wir direkt, wohin die Reise geht", sagt Fritsche. Für die Partien beim Mannheimer HC und in Stuttgart stünden deshalb keine abstrakten Ziele wie Team- oder Spielentwicklung, die Fritsche gewöhnlich favorisiert, ganz oben, sondern "nur gewinnen".

Auch die MSC-Frauen starten in Mannheim gegen den TSV und den Feudenheimer HC auswärts, ehe in der folgenden Woche die ersten Heimspiele in fremder Halle anstehen.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: