Hockey:Goldener Jahrgang

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Ausnahmebegabung: Jule Bleuel (vorne, im Finale gegen Klipper Hamburg) wurde bereits in den Kader der U-18-Nationalmannschaft berufen. (Foto: DHB)

Der weibliche Nachwuchs des ESV München ist erstmals deutscher Meister. Nun sollen die Talente helfen, auch das Frauenteam nach oben zu bringen.

Von Katrin Freiburghaus, München

Wären Jugend-Meisterschaften im Hockey der Maßstab, der ESV München würde im Konzert der ganz Großen mitspielen; in Bayern sowieso, seit dem vergangenen Wochenende bundesweit. Im weiblichen Bereich stand der Klub in drei der vier Altersklassen sowohl 2016 als auch in diesem Jahr mindestens unter den besten Drei aus Bayern - neben der HG Nürnberg und dem Münchner Sportclub. Die B-Jugend wurde in beiden Jahren sogar Landesmeister. Am vergangenen Wochenende gewann sie nun die deutsche Meisterschaft. Es war der erste nationale Feld-Meistertitel für eine weibliche Jugendmannschaft aus Bayern seit 1972.

"Im Moment sind wir einfach alle wahnsinnig stolz", sagt Jugendtrainer Dirk Wagner, seit viereinhalb Jahren beim ESV und einer von drei hauptamtlichen Coaches im Klub. Sein Team, dessen Kern sich aus den Jahrgängen 2001 und 2002 zusammensetzt, ist bayernweit seit anderthalb Jahren ungeschlagen. Die bayerische Endrunde gewann es ohne Gegentor, die deutsche Zwischenrunde ebenfalls, das Halbfinale beim deutschen Final Four mit 7:2 gegen den TSV Mannheim. Einzig das Finale gegen Klipper Hamburg endete nach regulärer Spielzeit 1:1 und musste im Penalty-Schießen entschieden werden (3:2). "Es war eine perfekte Saison ohne Niederlage, das ist ein Ausrufezeichen, das wir gerne setzen", sagt Wagner.

"Projekt 2. Liga": Trainer Dirk Wagner glaubt, das Potenzial wäre da - dank der guten Jugend

Den Erfolg wertet er als Resultat eines knapp zehn Jahre langen, kontinuierlichen Aufbaus. Bis 2006 spielte der ESV noch auf Naturrasen, seine Hockey-Abteilung hatte weniger als 200 Mitglieder. Dann zog der gesamte Verein in den Sportpark Nymphenburg um. Hockey gespielt wurde fortan auf Kunstrasen, die Zahl der Hockeyspieler stieg auf mittlerweile knapp 700 an. Vor "sieben, acht Jahren", sagt Wagner, "hat der Klub beschlossen, bei der Jugendarbeit massiv in Vorleistung zu gehen". Mit einem durchgängigen Konzept wurde bei den Jüngsten angesetzt, nun stellen sich die avisierten Erfolge ein.

In Wagners Meister-B-Jugend, die er einen "Ausnahmejahrgang" nennt, spielen in Jule Bleuel und Cara Sambeth zwei deutsche U-16-Kaderspielerinnen, Bleuel wurde sogar schon für die U 18 nominiert. Vom Frühjahr an dürfen die Jahrgänge 2001 aus der B-Jugend nun in die Erwachsenen-Bundesliga aufrücken. Das Problem dabei ist: Es gibt gar keine Bundesliga beim ESV. "Noch nicht", betont Wagner zwar, doch aktuell spielen Männer und Frauen in der Oberliga, was der fünften respektive vierten Liga entspricht. Yara Mandel, die ehemals dritte Kaderspielerin aus Wagners Team, verabschiedete sich deshalb bereits vor der Saison zum Stadtrivalen MSC, wo sie von der Feldrückrunde an zur Erstliga-Mannschaft gehören wird.

Es ist nichts Ungewöhnliches, dass bessere Perspektiven zu Wechseln führen. Auch in der B-Jugend des ESV sind Spielerinnen aktiv, die von anderen Münchner Abteilungen kamen. Langfristig will Wagner aber nicht Zulieferer für Bundesligisten sein, sondern Talente im Klub halten. "Ziel ist es, eine sehr gute Jugend zu haben und im nächsten Schritt die guten Jahrgänge in den Erwachsenenbereich beim ESV zu integrieren", sagt er. Die Talente hätten das Potenzial, die Qualität so anzuheben, dass schnelle Aufstiege realistisch seien. In den kommenden Jahren wolle der ESV bei den Frauen "auf diese Weise in der Regionalliga und vielleicht sogar in der zweiten Bundesliga ankommen". Dieses "Projekt" sei, "was wir unseren Spielerinnen anbieten können und wollen", sagt Wagner. Nach den ersten Rückmeldungen aus seiner aktuellen Mannschaft sieht es danach aus, als würde sie es geschlossen annehmen.

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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