Handball:Plötzlich abwärts

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Nach dem Abzug von 13 Punkten plagt sich Fürstenfeldbrucks Männer-Mannschaft mit Abstiegssorgen. Im Heimspiel gegen Hochdorf ist davon zunächst wenig zu sehen, doch nach 20 überzeugenden Minuten verliert das Team den Faden - und schließlich die Partie

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Sie kamen von oben und das hatte an diesem ersten Handballabend im neuen Jahr reichlich Symbolkraft. Erstmals liefen Fürstenfeldbrucks Handballer nicht durch den Seiteneingang in die Halle, sondern - wie immer begleitet von Kunstnebel, Spotlight und Musik - vom Foyer die Tribünentreppe hinab aufs Spielfeld. Rasant von oben nach unten war es für sie zuletzt auch gegangen, als sie kurz vor Weihnachten durch einen vom Verband verordneten Abzug von 13 Punkten aus der Spitzengruppe der dritten Liga geradezu hinabkatapultiert wurden in die Abstiegszone. Dort müssen sie erst einmal verharren, das Auftaktspiel in die Rückrunde gegen den TV Hochdorf am Samstagabend vor 700 Zuschauern in der Wittelsbacher Halle verloren sie mit 27:29.

Die Enttäuschung darüber stand den Protagonisten in ihre Gesichter geschrieben. Artig applaudierten sie ihren Anhängern - in der Vorrunde übrigens die meisten in der dritten Liga Süd -, aufheitern konnte sie in diesem Moment aber nicht einmal die Tatsache, dass die Fans die Huldigungen sofort zurückgaben, nach dem Motto: Wir stehen euch auch in schweren Zeiten bei. Nur ein einziges Heimspiel hatten die Brucker Panther, wie sie sich nennen, in der Vorrunde verloren, gegen Nußloch, einen der Meisterschaftsfavoriten. Schließlich aber blieb davon nur der Sieg über die TGS Pforzheim übrig, der ohne Youngster Alexander Leindl stattgefunden hatte. Seine Spielgenehmigung war beanstandet worden, die Punkte für sein Mitwirken wurden entzogen. Acht der ersten zehn Saisonspiele waren betroffen. Nun ist der Unmut groß, der Verein sieht sich um die Früchte seiner Arbeit gebracht.

Rasant starten die Brucker Handballer in ihr erstes Heimspiel seit den Punktabzügen. Sebastian Meinzer hat am Ende sechs Tore erzielt. (Foto: Günther Reger)

"Das bestraft eine winzige Formalie", sagt Max Gutsche, der Münchner Rechtsanwalt, der vom TuS Fürstenfeldbruck mit der Causa beauftragt wurde. Der 48-Jährige hatte selbst jahrelang in Fürstenfeldbrucks erster Mannschaft Handball gespielt, war dabei gewesen in der bislang einzigen Zweitligasaison der Klubhistorie Anfang der Neunzigerjahre. Gutsche hatte am Samstag nach längerer Zeit mal wieder selbst die Handballschuhe geschnürt und trat für Brucks dritte Mannschaft in der Bezirkoberliga an. Einen Namen als Jurist hatte sich Gutsche, der Sportrecht zu seinen Spezialgebieten zählt, erstmals im Jahr 2000 gemacht, als er dem HC Wuppertal den Weg zurück in die Handball-Bundesliga erstritt. Nun hat Gutsche im Auftrag des TuS Fürstenfeldbruck den das Drittligateam betreffenden Bescheid des Deutschen Handball-Bundes (DHB) als auch jenen des Bayerischen Handball-Verbandes (BHV) - wegen eines Zwei-Punkte-Abzugs für einen Leindl-Einsatz in der zweiten Mannschaft - angefochten. Die Sportgerichte der beiden Verbände werden über den Fall entscheiden müssen. Das Regelwerk zum Doppelspielrecht - darum geht es im Fall Leindl - sei unklar, erläutert Gutsche. Auch die auf bayerischer Ebene ebenfalls betroffenen Klubs HSG Würm-Mitte, TSV Haunstetten und TV Erlangen-Bruck haben sich zwischenzeitlich juristischen Beistand geholt, die Vereine sind untereinander in Kontakt.

Sportlich freilich hätte der Einstieg ins neue Jahr für den TuS besser laufen können. Torhüter Lucas Kröger erinnerte daran, dass man sich schließlich vorgenommen habe, sämtliche Heimspiele bis Saisonende zu gewinnen. Danach sah es zunächst auch am Samstag aus. Regelrecht überrollt hatte der TuS seinen Gegner in den ersten zwanzig Minuten, führte 4:0, 7:2 und 11:5, und Michael Luderschmid, der bis zur 44. Minute im Brucker Tor stand, lenkte den Ball ein ums andere Mal mit Finger- und Fußspitzen von seinem Gehäuse weg. Doch der TV Hochdorf näherte sich bis zur Pause auf 14:13, weil nach den ersten zwanzig Minuten ein Bruch im Brucker Spiel entstand; weil plötzlich zu viele Fehler gemacht wurden, Pässe den Mitspieler verpassten und der Ball beim Wurf aufs Tor zu oft das Ziel verfehlte. Die Brucker Stammformation fand nicht mehr recht zur Bestleistung, weshalb die Talente Alexander Leindl und Yannick Engelmann an diesem Tag mehr als ein paar Spielminuten verdient gehabt hätten.

Die Gäste gingen beim 19:20 (40.) erstmals in Führung und gaben diese nicht mehr ab. Dabei zeigte ihr Kapitän Steffen Bühler, was er für den TV Hochdorf wert ist. Wegen einer Muskelverletzung hatte der 31-jährige Kreisläufer, der in Friesenheim, Bietigheim und Großwallstadt Erfahrung in der ersten und zweiten Bundesliga sammelte, länger ausgesetzt und vor der Partie erst 33 Saisontore zu Buche stehen. Nach der Partie waren es elf mehr. "Die Nummer 14, wer sonst?", stöhnte deshalb TuS-Hallensprecher Volker Huhn bei Bühlers finalem Treffer.

Spukt der Punktabzug also doch allzu sehr in den Köpfen der Spieler herum? "Die Jungen können das ausblenden", ist sich TuS-Kapitän Korbinian Lex sicher. Trainer Martin Wild gesteht, dass "es im Moment nicht einfach ist", und Lucas Kröger findet es mittlerweile "nervig, darüber zu reden". Man bräuchte derzeit ohnehin nicht auf die Tabelle zu schauen, empfiehlt Christian Haller, "denn wir wissen nicht, was passiert". Abteilungsleiter Philipp Ruhwandl riskierte dennoch einen Blick, und zwar auf das Abschneiden der Konkurrenz, und stellte fest, dass auch Balingen und Heilbronn-Horkheim verloren haben. Die aber stehen in der Tabelle immer noch vorne. Ruhwandl hält es indes wie Anwalt Gutsche. Der sagt: "So lange noch nichts rechtskräftig ist, sind es unsere Punkte."

© SZ vom 16.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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