Handball:Panther auf Porzellan

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Mit einer Energieleistung setzt sich der TuS Fürstenfeldbruck im Spitzenspiel der dritten Liga durch und erobert Platz zwei. Der unerwartete Erfolg stellt den Klub vor immer neue Herausforderungen. Nun muss er sich sogar mit dem Thema Aufstieg beschäftigen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Es ist wohl das, was man einen Sahnetag nennt. Michael Luderschmid, schlaksiger Handball-Torhüter, wehrt sich mit Händen und Füßen, und seine Extremitäten scheinen nahezu in alle Winkel des Tores zu reichen. Er hält den Ball unter seinem Bein am Boden fest, fängt ihn im nächsten Angriff ab, macht sich beim folgenden Versuch so lang, bis sein ganzer Körper beinahe horizontal in der Luft liegt, und lenkt den Ball mit der rechten Hand noch um sein Tor. Das alles in nur zwei Minuten, kurz vor der Pause. Luderschmid, dessen Partner im Fürstenfeldbrucker Tor, Lucas Kröger, wegen einer Gehirnerschütterung nur auf der Tribüne sitzen konnte, gab einer ohnehin starken Fürstenfeldbrucker Abwehr durch seine Reflexe Stabilität in einem famosen Handballspiel, das der Ankündigung als Spitzenspiel jederzeit gerecht wurde. Und das für die 1000 Besucher in der ausverkauften Wittelsbacher Halle schließlich mit dem passenden Ergebnis endete: Fürstenfeldbrucks Handballer besiegten die MSG Groß-Bieberau-Modau mit 31:26 (15:12) Toren und lösten die Gäste aus Hessen damit auf dem zweiten Tabellenplatz der dritten Liga Ost ab.

Damit machten sie im ersten Heimspiel des neuen Jahres dort weiter, wo sie im alten aufgehört hatten. Der Klassenerhalt ist längst eingetütet, 30 Punkte nach zwei Dritteln der Saison lassen selbst eingefleischte Optimisten staunend zurück, und ein bisschen sind sie sich selbst schon unheimlich geworden. "Die Mannschaft läuft uns davon", sagt Manager Alexander Raff.

Die mit den Erfolgen des Teams verbundenen Herausforderungen werden immer umfangreicher, die vielen Besucher etwa bei den Heimspielen wollen verpflegt sein. Auch das Merchandising haben sie nun angekurbelt, am Samstag gab es erstmals Tassen mit dem Emblem der Panther, wie sich die Mannschaft nennt, zu kaufen. Und auch das Sponsoring muss vorangetrieben werden. Mit einem Etat von nicht einmal 100 000 Euro gehören sie in Liga drei zur finanziellen Unterschicht. Und trotzdem stehen die Brucker auf Platz zwei, der am Saisonende zur Teilnahme an der Relegation berechtigt, die - wie im Vorjahr, als es gegen den Abstieg ging - jenen Kandidaten ermittelt, der dann aufsteigen würde, falls andere Teams einen Rückzieher machen. Damit hebt nun in Fürstenfeldbruck eine Diskussion an, die niemand auf der Rechnung hatte: Könnte man sich die zweite Liga überhaupt leisten? In den kommenden Tagen werden sie darüber reden, ob sich der Verein die Option zweite Liga zumindest offen halten will. Bis 1. März müsste der Lizenzantrag gestellt sein.

Mit dem Publikum im Rücken: Sebastian Meinzer, gefürchteter Brucker Distanzschütze, traf beim 31:26 gegen Groß-Bieberau-Modau acht Mal. (Foto: Günther Reger)

Sportlich wollen Fürstenfeldbrucks Handballer auf jeden Fall "oben dran bleiben", sagt ihr Trainer Martin Wild. Er nennt den Sieg seines Teams "hochverdient", auch wenn sich Groß-Bieberaus Co-Trainer bei der Pressekonferenz im Foyer ein paar Pfiffe aus dem Publikum zuzog, als er anmerkte, sein eigenes Team "hätte heute 120 Prozent bieten müssen - bei dieser Schiedsrichterleistung". Ralf Ludwig, der Trainer, war gar nicht erst zum öffentlichen Statement erschienen, auch er hatte während der Partie Unmut bei den Besuchern hervorgerufen, als er immer wieder auf die Unparteiischen einzuwirken versuchte. Kurz vor der Pause hatten diese Groß-Bieberaus halblinken Rückraumspieler Daniel Zele nach einem Foul an Tizian Maier mit der roten Karte ausgeschlossen. Ihm folgte eine Viertelstunde später nach der dritten Zeitstrafe Groß-Bieberaus Mittelmann Till Buschmann.

Doch dass die Hessen nach acht Siegen in Serie auch im Rückspiel nicht gegen den TuS gewinnen konnten, lag vor allem an dessen unglaublicher Disziplin und einer bis an die körperliche Leistungsgrenze gehenden Einsatzbereitschaft. "Wir haben uns vorgenommen: Wir kämpfen bis zum Umfallen", erzählte Kapitän Tobias Prestele hinterher. Zunächst lagen beide Teams gleichauf, ehe sich die Gäste mit 9:6 absetzten (16.), dann aber vom TuS wieder einfangen ließen. Die Brucker drehten das Spiel noch vor der Pause (15:12) und gaben es später nicht mehr aus der Hand. Nur zweimal, beim 18:17 und 20:19, kamen die Hessen noch gefährlich nahe heran, später baute der TuS seinen Vorsprung immer weiter aus. Torjäger Sebastian Meinzer setzte zu seinen gefürchteten Distanzwürfen an, die achtmal im Tor landeten, Tizian Maier glänzte als Vollstrecker (sechs Tore) und Vorbereiter.

Schließlich durfte auch Zugang Mathias Scovenna, argentinischer Nationalspieler und Bruder von Linksaußen Sebastian Scovenna, noch für ein paar Minuten aufs Feld und sein erstes Tor für den TuS erzielen. "Wir konnten eben konditionell noch eine Schippe drauf legen", stellte Meinzer fest. Doch als sich Brucks Handballer am Ende vom begeisterten Publikum feiern ließen, wurden die Beine dann doch allmählich schwer. Er sei froh, bekannte Tobias Prestele, dass er die Treppen zum Foyer überhaupt noch hochgekommen sei.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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