Handball:Orientierungslos im Mittelfeld

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Im Würgegriff: Gröbenzells Christine Königsmann wird von Regensburgs Abwehr gestoppt. Drei Treffer waren zu wenig für die ehemalige Junioren-Nationalspielerin. (Foto: Günther Reger)

Gröbenzells Drittliga-Handballerinnen verlieren gegen Regensburg - auch weil in entscheidenden Momenten die Führungsfiguren fehlen. Eine, die im Sommer nach Regensburg gewechselt ist, warf gegen den HCD zehn Tore.

Von Nico Horn, Gröbenzell

Es lief die 45. Spielminute, als die Vergangenheit fast durch die gesamte Halle des HCD Gröbenzell dribbelte. Gut zehn Meter vor dem Tor sprang sie ab, warf - und der Ball schlug unten links im Handballtor ein. Die Vergangenheit hieß in diesem Fall Amelie Bayerl und spielt jetzt bei der Konkurrenz, genauer: dem ESV 1927 Regensburg. Bayerl hat Gröbenzell vor der Saison verlassen, genau wie einige andere Spielerinnen - weshalb es jetzt heißt, Gröbenzell habe einen größeren Umbruch durchlebt.

Es ist immer ein bisschen unfair, die Gegenwart mit der Vergangenheit zu vergleichen; auch tendieren viele dazu, die Vergangenheit zu glorifizieren. Aber manchmal muss der Vergleich eben sein, vor allem, wenn die Vergangenheit gegen einen selbst aus dem linken Rückraum zehn Tore erzielt.

Im linken Rückraum heißt die Gegenwart in Gröbenzell Lena Klingler. Daneben spielen Sina Fischer und Christine Königsmann. Fischer machte gegen Regensburg sieben Tore, damit war sie gemeinsam mit Linksaußen Beatrice Mazzucco die beste HCD-Werferin. Klingler, sozusagen die Nachfolgerin Bayerls, machte zwei Tore - viel öfter hatte sie auch nicht aufs Tor geworfen. Gröbenzell verlor am Ende mit 29:36(16:19).

Klingler, das muss man dazusagen, war am Anfang der Saison verletzt. Das war besonders ungünstig, weil damals, nach dem großen Umbruch, die Zuständigkeiten beim HCD neu verteilt wurden. Später fiel dann Königsmann aus. So ist auch nach elf Hinrundenspielen noch immer nicht klar, wer beim HCD im entscheidenden Moment die Verantwortung übernehmen soll.

Gegen Regensburg war das vor allem zur Mitte der zweiten Hälfte sichtbar. Bis dahin hatte Gröbenzell gut mitgehalten, lag meist nur ein bis drei Tore zurück. Dann aber wurde es hektisch, Zeitstrafen kamen auf beiden Seiten dazu, Ballverluste sowieso. "Wir wurden unsicher, wer jetzt zuständig ist", sagte HCD-Trainer Konstantin Schlosser. Er hat das nicht zum ersten Mal in dieser Saison gesagt, immer wieder verliert seine Mannschaft in turbulenten Phasen die Orientierung. Da machte es bisher auch keinen Unterschied, ob es nun gegen bessere oder schlechtere Gegner ging.

Es ist eine dieser Binsen im Sport, bei denen man spontan mit den Augen rollt (die aber doch irgendwie stimmen): Gut spielen reicht alleine nicht, man muss zum richtigen Zeitpunkt gut spielen. Es ist das Pech des HCD, dass er seine starken Spiele nicht immer gegen die schlagbaren Gegner hatte. Gegen Regensburg zum Beispiel spielte der HCD ganz gut, aber gegen das beste Team der Liga hätte er für einen Sieg noch besser spielen müssen. Gegen den Tabellendritten Schozach-Bottwartal war es vor einigen Wochen das Gleiche. Dafür spielte der HCD gegen die schlagbaren Gegner Dachau und Kappelwindeck einmal "nicht clever genug" (Schlosser) und verschwendete ein anderes Mal zu viele Chancen. "Was am Ende fehlt, ist die Konstanz", sagte Schlosser, weshalb der HCD-Plan in der Hinrunde nicht aufgegangen ist.

"Wir hatten gehofft, dass wir uns an die obere Gruppe dranhängen können", sagt Schlosser. Die dritte Liga Süd ist zweigeteilt, Schlosser nennt sie eine "Zweiklassengesellschaft". Es gibt die oberen sechs Teams, die den Aufstieg unter sich ausmachen, und die unteren sechs, bei denen es gegen den Abstieg geht. Eigentlich wollte der HCD aus den Top Sechs gerne eine Top Sieben machen, aber dieses Ziel hat er deutlich verfehlt: Zu Platz sechs fehlen sechs Punkte, fast so viele wie Gröbenzell bisher gesammelt hat (sieben).

Im Optimalfall wird Gröbenzell in der Rückrunde zu einer Art Puffer zwischen der oberen und der unteren Gesellschaft - quasi zu gut für die unteren Tabellenplätze, zu schlecht für die oberen. Aber natürlich könnte der HCD genauso gut noch weiter nach unten rutschen, der Letzte hat nur einen Sieg weniger. Schlosser glaubt eigentlich nicht, dass es soweit kommt, aber vorsichtshalber sagt er: "Wenn es am Ende gegen den Abstieg geht, müssen wir auch das annehmen."

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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