Handball:Nummer 18 leidet mit

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Ohne ihre am Kreuzband verletzte Leistungsträgerin und Torjägerin Vera Balk kassieren Gröbenzells Handballerinnen eine deprimierende Niederlage.

Von Jonas Kraus, Gröbenzell

Vera Balk fiel es schwer, einfach nur ruhig dazusitzen. Immer wieder sprang sie auf, klatschte in die Hände und versuchte, ihre Mitspielerinnen zu motivieren. Das einzige Problem: Aktiv helfen konnte sie ihrer Mannschaft nicht. Nach ihrem Kreuzbandriss, den sich Gröbenzells mit großem Abstand beste Werferin vergangene Woche beim Spiel gegen Beyeröhde zugezogen hatte, war sie am Samstag zum Zuschauen verdammt. Somit musste Balk hilflos mit ansehen, wie ihre Mannschaftskolleginnen im Kellerduell gegen die HSG Hannover-Badenstedt eine knappe, aber verdiente 26:29-Niederlage kassierten. Sie müssen also weiter auf den ersten Sieg in der zweiten Liga warten.

Vor der Partie hatte es unter den 150 Zuschauern in der Gröbenzeller Wildmooshalle natürlich nur ein Gesprächsthema gegeben: Wer soll Vera Balk ersetzen? Kurzfristige Zugänge waren ausgeschlossen, deshalb musste die Antwort lauten: das Kollektiv. Um ihren Zusammenhalt zu unterstreichen, liefen alle Spielerinnen mit der Nummer 18 auf dem Rücken in die Halle ein - der Nummer, die ansonsten Vera Balk trägt. "Eine super Geste", freute sich die Rückraumspielerin, "dieser Zuspruch hilft extrem."

„Moral bewiesen“: Sina Fischer (im blauen Trikot) trifft zum 26:28 – doch damit endete die Aufholjagd der Gröbenzeller Handballerinnen. (Foto: Günther Reger)

Doch dass der Ausfall der besten Scorerin nicht einfach so zu kompensieren sein würde, war auch Trainer Hendrik Pleines klar. "Wir alle waren geschockt, als wir die Nachricht bekamen", berichtete er. 108 der 325 Saisontore hatte Balk bis zu diesem Zeitpunkt erzielt, sie war somit die einzig verlässliche Option in der ansonsten oft harmlosen Offensive des Tabellenletzten. Pleines erwartete deswegen eine Trotzreaktion - und wurde zu Beginn enttäuscht.

In den ersten Minuten blieben seine Spielerinnen beinahe alles schuldig. Viel zu zahm agierte das junge Team gegen physisch überlegene Gäste. Nach acht Minuten führte Hannover-Badenstedt bereits mit 8:4. Erst nach einer Auszeit fand Gröbenzell besser ins Spiel. Das gefiel auch Vera Balk, die eine "super gute Phase" ihrer Kolleginnen sah. Der HCD agierte in der Verteidigung plötzlich viel aggressiver und schränkte die Kreise von Hannovers Topscorerin Jana Pollmer ein.

Auch vorne klappte plötzlich deutlich mehr, vor allem die starke Beatrice Mazzucco stellte die gegnerische Abwehr mit ihrer Geschwindigkeit immer wieder vor große Probleme und erzielte insgesamt sieben Tore. "Wir haben wirklich Moral bewiesen", freute sich Pleines. Mit 13:14 ging es in die Kabine, die Hoffnung auf den ersten Sieg war zurück.

Doch erneut stand sich Gröbenzell dann selbst im Weg. Analog zum ersten Durchgang verschlief der Tabellenletzte die Anfangsminuten komplett und geriet schnell mit vier Toren in Rückstand. Wie in Halbzeit eins kämpfte sich das Team zwar zurück ins Spiel, kam fünf Minuten vor Schluss durch Sina Fischer, die im linken Rückraum ein gutes Spiel machte, wieder auf 26:28 heran. Das Momentum schien nun auf Seiten der Heimmannschaft. Dann aber häuften sich trotz Überzahl ungenaue Abschlüsse und schlampige Abspiele. Die Chance auf ein Remis wurde leichtfertig vergeben. Mal wieder. Pleines sah sein Team "an die mentale Grenze" gestoßen und bilanzierte: "So deprimiert war ich die ganze Saison noch nicht."

Die Enttäuschung war auch den Spielerinnen anzusehen, die mit grimmigen Blicken in die Kabine stapften. Nächsten Samstag wartet zum Rückrundenauftakt mit dem Auswärtsspiel beim Tabellenvierten Mainz eine richtig schwere Aufgabe, vor der Pleines sein Team wieder aufrichten muss: "Wir schauen nur nach vorne."

Das gilt auch für Balk, die sich trotz ihres vorzeitigen Saisonendes zuversichtlich zeigte. "Mir geht es überraschend gut, das Knie ist auch nicht geschwollen", berichtete die 28-Jährige, die dem Team emotional helfen will. "Ich war am Donnerstag auch im Training und werde die Mannschaft so oft es geht unterstützen." Diese Unterstützung ist bitter nötig. Auf den ersten Nichtabstiegsplatz, den nun die HSG Hannover-Badenstedt innehat, fehlen bereits elf Punkte.

© SZ vom 22.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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