Handball:Mit halber Kraft

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Die Unterhachinger Emil Kottmeir (l.) und Philipp Batzer (r.) versuchen den Fürstenfeldbrucker Rückraumwerfer Yannick Engelmann zu stoppen. (Foto: Günther Reger)

Bayernligist TSV Unterhaching zeigt die konditionellen Mängel des Schlusslichts Fürstenfeldbruck II auf. Auch für den TSV Allach rückt nach der Pleite in Erlangen der Verbleib in der vierten Liga in weite Ferne

Von Ralf Tögel, München

Schon wegen seiner Funktion als Landestrainer des Bayerischen Handballverbandes (BHV) ist Christoph Kolodziej der sachlichen Analyse verpflichtet. Der ehemalige Bundesligaspieler ist aber auch Trainer der zweiten Mannschaft des TuS Fürstenfeldbruck, die derzeit das Tabellenende der Bayernliga ziert. Die 32:37-Heimniederlage im Derby gegen den TSV Unterhaching vom Wochenende hat diesen unschönen Trend fortgesetzt, der TuS kämpft in der höchsten Liga des Freistaats ums Überleben - mit sinkenden Erfolgsaussichten. Für jeden Übungsleiter ein hoch emotionales Unterfangen.

Dennoch klingt Kolodziejs Analyse erst einmal recht nüchtern: "Unser Problem gegen Unterhaching war die Abwehr", sagt er, in dieser so wichtigen Teildisziplin des Hallenhandballs hätten die Gäste "in einer anderen Liga" gespielt. Die Ursachen lägen auf der Hand: "Bei meiner Mannschaft handelt es sich um eine reine Hobbytruppe", sagt der TuS-Trainer, die Konkurrenz trainiere mindestens doppelt so viel wie seine Akteure. Was weder an ihm noch an Stefan Forstmeier liege, mit dem er ein Trainer-Duo bildet. "Meine Spieler haben andere Prioritäten", erklärt Kolodziej, einige studierten in der Ferne, andere seien beruflich stark eingespannt, was zu einer sehr mangelhaften Trainingsbeteiligung führe und das Trainergespann immer wieder "zum Improvisieren" zwinge.

Über Weihnachten und Neujahr etwa, eigentlich die Zeit, in der sich Handballer mit Hochdruck auf die Rückrunde vorbereiten, habe man das Training weitgehend stornieren müssen - wegen Spielermangels. Ungewöhnlich für die vierthöchste Spielklasse, in der sich so mancher Konkurrent sogar der Dienste ehemaliger Nationalspieler vom Balkan brüsten kann. Zweimal habe der TuS immerhin vor dem Derby trainiert, erzählt Kolodziej, in Anbetracht der Qualität des Gegners und der angespannten Personalsituation war das schlichtweg zu wenig. Immerhin hatte Martin Wild, Trainer der ersten Mannschaft, in Torhüter Lucas Kröger und Kreisläufer Julian Prause zwei Stammkräfte aus dem Drittliga-Kader entsandt, zudem üben Yannick Engelmann und Alexander Leindl regelmäßig mit der Ersten. Der Angriff geriet folgerichtig nicht zum Problem. Auch Kilian Schweinsteiger, einer der Hochtalentierten, die eine fundierte Ausbildung dem ambitionierten Hobby vorziehen, wusste im Angriff zu gefallen. Doch die Abwehr agierte für dieses Niveau zu mangelhaft.

Obwohl TuS-Trainer Forstmeier seine Spieler auf die Stärken des Gegners vorbereitet hatte, gelang es diesen nicht, das Zusammenspiel der Hachinger Spielgestalter Martin Dauhrer und Thomas Schibschid mit Kreisläufer Johannes Borschel zu verhindern. Borschel erzielte 15 Tore, zudem suchte der ehemalige Profi Schibschid immer wieder erfolgreich das Eins-gegen-Eins und traf so fünf Mal. Die Brucker haben ob ihres überschaubaren Trainingsumfangs ein weiteres Problem: "Das kann jeder Zuschauer in der Halle sehen", sagt Kolodziej, "nach 20 Minuten geht uns die Kraft aus." So werde sein Team ein ums andere Mal überrannt, vom spielerischen Potenzial könne man mit den meisten Gegnern mithalten - nicht aber in Sachen Physis und Zusammenspiel. Mit den Leihgaben aus dem Drittliga-Kader hielt der TuS trotz aller Defizite lange mit (26:27, 48. Minute), ehe endgültig die Kräfte schwanden. Auch der Ausfall von Engelmann in der Schlussphase, der umknickte und am Knöchel behandelt werden musste, war der Brucker Gegenwehr nicht dienlich. Engelmann und Leindl erzielten zusammen 20 der 32 Brucker Treffer.

Während sich die Hachinger auf den neunten Platz verbesserten und damit einiges in Richtung Klassenerhalt getan haben, wird dieser für die Brucker Reserve immer schwieriger zu realisieren. "Natürlich glaube ich daran", sagt der Trainer trotzig und berichtet von der Vereinbarung mit dem Vereinskollegen Wild, der ihm Hilfe aus dem Drittliga-Kader zugesagt habe. Kolodziej sagt aber auch, dass es vordringliches Ziel sei, Spieler für die dritte Liga auszubilden. Wie das mit der ohnehin dünnen Spielerdecke in der zweiten Mannschaft zusammenpasst? Was bleibe ihm denn übrig, antwortet Kolodziej, dem trotz aller Momente der Frustration das Traineramt in Bruck nach wie vor "viel Spaß macht".

Der Blick auf die Tabelle (2:24 Punkte) bereitet ihm weniger Freude, nur der TSV Allach (3:23), der bei Erlangen-Bruck 26:30 verlor, ist in Reichweite. Auf den Drittletzten Sulzbach fehlen den Bruckern bereits sechs Zähler. Für Haching (13:13) sowie Anzing (14:12), das in Waldbüttelbrunn 28:35 unterlag, sieht es schon besser aus. Unterhaching kann am kommenden Freitag (20 Uhr) im nächsten Derby gegen Anzing weiter Boden gutmachen, der TuS sollte dagegen in Sulzbach punkten, sonst wird der Klassenerhalt bald zur Illusion. Ganz nüchtern betrachtet.

© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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