Handball:In der Spirale

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Immun: Aline Fischer war die einzige im HCD-Team, der man eine gute Leistung bescheinigen konnte. (Foto: Günther Reger)

"Es gibt einiges aufzuarbeiten": Gröbenzells Drittliga-Handballerinnen spielen unerklärlich fehlerhaft und verlieren ein hitziges Derby gegen Regensburg

Von Ralf Tögel, Gröbenzell

"Ich habe gerade von zwei wichtigen Spielerinnen einen ordentlichen Einlauf bekommen." Ein bemerkenswerter Satz, denn er stammt von einem Trainer. Hendrik Pleines hat ihn gesagt, nach der 24:25-Heimniederlage der Gröbenzeller Drittliga-Handballerinnen im bayerischen Derby gegen den ESV Regensburg. Das Eingeständnis des sportlich Verantwortlichen ist gleichzeitig Zeugnis, dass sich Pleines nicht als unantastbarer Zeremonienmeister versteht, sondern als Teil des Teams. Und dieses bot in seiner Gesamtheit eine unerwartete Fehlleistung.

Überraschend deshalb, weil es den Gröbenzellerinnen nicht gelungen war, den Schwung vom jüngsten 29:24-Auswärtscoup in Möglingen mit aufs Feld zu nehmen. Gerade die zweite Halbzeit bei den Baden-Württembergerinnen war dem HCD nahezu fehlerlos gelungen, davon war eine Woche später nichts mehr zu sehen. Gröbenzell agierte zerfahren, wirkte nervös und konnte direkt nach dem Schlusspfiff keine Erklärung finden. Die Ursachen hingegen waren offensichtlich, 15 technische Fehler und einfache Ballverluste, zudem wurden beste Chancen wie Konter oder freie Würfe vergeben. "Wir waren irgendwie verunsichert", gab Sina Fischer zu Protokoll, "wir haben schon gewusst, dass es eng wird, aber wir haben unser Spiel nicht durchgebracht." Dabei standen sich die Gröbenzellerinnen vornehmlich selbst im Weg, machten gute Phasen mit haarsträubenden Fehlern umgehend zunichte.

Die Nervosität griff wie ein Virus in der Mannschaft um sich, nur Aline Fischer (6 Tore) schien immun zu sein. Die Kreisläuferin war die einzige, die an ihre gute Form anknüpfen konnte, war sicher im Abschluss und stemmte sich vehement gegen das Unheil. Etwa als sie einen verloren geglaubten Ball mit einer Hand fischte und zum 8:7 versenkte. Ein kleines Zeichen, mit drei Treffern in Serie zog Gröbenzell auf 10:7 weg, zeigte für eine kurze Phase das, was den HCD so stark macht: das schnelle Umschaltspiel. Ballgewinne wurden mit viel Dynamik zu einfachen Toren verwertet, Sicherheit brachte auch diese Phase nicht. "Darauf hatten wir ein Augenmerk", erklärte Regensburgs Trainerin Judith Pimpl die Strategie der Gäste, die zwar selbst auch keine Glanzleistung boten, das Gröbenzeller Tempospiel aber unterbanden und von den gegnerischen Fehlern profitierten. Und in Chiara Zellner die beste Akteurin des Spiels hatten, die das Torhüterduell deutlich gegen Theresa Bauer, die in Möglingen noch vorzüglich gehalten hatte, gewann. Zur Pause lag der HCD in einer hektischen Partie 12:13 hinten.

"Wir hatten erwartet, dass sie mit viel Power aus der Kabine kommen", sagte ESV-Trainerin Pimpl, doch Gröbenzell agierte weiter völlig verunsichert. Kämpferisch war dem HCD kein Vorwurf zu machen, allein die "horrende Fehlerquote", wie Pleines richtig anmerkte, erstickte jeglichen Spielfluss. Pleines selbst trug zur Beruhigung wenig bei, der Trainer stand meist wild mit den Armen fuchtelnd an der Seitenlinie und brüllte Kommandos aufs Feld, die in der lauten und hitzigen Atmosphäre eher kontraproduktiv waren. "Das muss ich mir ankreiden, da bin ich noch zu sehr Spieler", erklärte der 32-Jährige seinen offensichtlichen Ärger über die unerklärlichen Patzer seines Personals, so seien Trainer und Spielerinnen "in eine Spirale" gekommen, die nicht mehr zu stoppen war.

Am besten funktionierte das Spiel, als der HCD drei Minuten vor Schluss scheinbar aussichtslos 20:23 zurücklag und keine Zeit zum Nachdenken blieb. Doch zu mehr als dem 24:25-Anschluss reichte es nicht. Es gebe einiges aufzuarbeiten, kündigte Pleines an, "da nehme ich mich nicht aus". Schon unmittelbar nach der Schlusssirene hatte er ein Gespräch mit Führungsspielerin Vera Balk, die mit sieben Treffern zwar beste Schützin war, aber auch keinen guten Tag erwischte. "Wir haben zu schnell an uns gezweifelt", sagte Balk, als Erklärung kann das nicht genügen. Die Punkte sind weg, dafür hat der HCD nun einigen Diskussionsstoff.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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