Handball:Im Wellental

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Eine der letzten Chancen vergeben: Vera Laipple müht sich nach Kräften, doch die Tore warf Bietigheim. (Foto: Claus Schunk)

Die Drittliga-Handballerinnen der HSG Würm-Mitte verpassen den Befreiungsschlag gegen die SG Bietigheim II - der Abstand zu den Nichtabstiegsplätzen beträgt nun sechs Punkte.

Von Fabian Dilger, München

Sportler charakterisieren Spiele im Nachhinein gerne als Chancen. Und je weniger Spiele in einer Saison anstehen, desto heftiger schmerzen die vergebenen Möglichkeiten. Die Handballerinnen der HSG Würm-Mitte haben in der 3. Liga Süd eine ihrer wenigen verbliebenen Chancen vergeben. Gegen die SG Bietigheim II, die einzige Mannschaft, die im Tabellenkeller noch gleichauf war, verlor Würm-Mitte zuhause mit 28:33 (13:14). "Wir haben eigentlich damit gerechnet, dass wir heute gewinnen. Wir wussten schon, dass es eigentlich eine unserer letzten Chancen war", sagte HSG-Spielerin Vera Laipple nach dem Spiel. Nach der Niederlage steht die HSG jetzt alleine am Ende der Tabelle, mit sechs Punkten Rückstand auf die Nichtabstiegsplätze. Die Gelegenheiten für einen Endspurt werden weniger, nur noch fünf Spiele stehen für die Gräfelfingerinnen im Terminkalender der Liga.

Würm-Mitte stand gegen Bietigheim nach drei Wochen Spielpause wieder auf dem Feld. Die ganze Liga hatte wegen der A-Jugend-Bundesliga ausgesetzt, außerdem musste bei der HSG ein Spiel verlegt werden. Von fehlendem Rhythmus war bei der HSG zu Beginn aber nichts zu sehen. In den ersten zehn Minuten konnte Würm-Mitte eine schmale 5:3-Führung herausarbeiten. Lediglich die Atmosphäre in der Gräfelfinger Halle war zu Beginn des Spiels noch verschlafen: leise Zuschauer, kein Hallensprecher, keine Tormusik - laut waren lediglich die Kommandos der Spielerinnen, die Ansagen der Schiedsrichter und der Trainer.

Nach der frühen Führung geriet das HSG-Spiel in eine Wellenbewegung, die sich durch das restliche Spiel zog und für die gesamte Saison kennzeichnend ist. Einer Hochphase im HSG-Spiel folgt meistens ein Tal, dann klappt im Angriff fast gar nichts mehr. Gegen Bietigheim wurde es nach den ersten zehn Minuten fahrig: ein zu harter Pass, Rückhandzuspiele direkt zum Gegner oder zu offensichtliche Würfe aus dem Rückraum. Zu diesen Fehlern kam dann noch Wurfpech dazu, allein bei Isabel Toth mehrere Male: Ob beim Gegenstoß allein vor der Torhüterin oder ein Wurf, der von der Latten-Unterkante auf, aber nicht über die Torlinie sprang - das Aluminium verhinderte mehrere Tore von Toth und der HSG. Die Treffer machte stattdessen Bietigheim: Mit einem Vier-Tore-Lauf übernahmen die Württembergerinnen, die in der Rückrunde eine nette Siegesserie vorweisen können, die Führung, und verteidigten sie bis zur Halbzeitpause.

"Ich will es jetzt nicht komplett abschreiben. Aber es wird echt schwierig", sagt Vera Laipple

In der zweiten Hälfte hatte HSG-Trainer Claus Lohmann schon nach 1:50 Minuten Spielzeit genug Negatives gesehen und nahm seine Auszeit. Nach der Ansprache ging die Welle für die HSG wieder nach oben, seine Spielerinnen waren im Angriff konzentrierter und präziser. Die Folge war ein ausgeglichenes Spiel der beiden Abstiegskandidaten. Zwar mit einigen Fehlern auf beiden Seiten, aber mit zwei Mannschaften auf Augenhöhe. Nach 37 Minuten stellte Isabel Toth, die unter der Woche wegen einer Grippe nicht trainieren konnte, den Ausgleich zum 18:18 her, nach 43 Minuten ging die HSG sogar 22:21 in Führung. In den entscheidenden Minuten befand sich die HSG-Mannschaft dann aber wieder im Leistungstief. In der letzten Viertelstunde übernahm vor allem der bekannt wurfgewaltige Rückraum der Bietigheimerinnen. Die beiden Nachwuchstalente Jana Scheib und Leonie Patorra sind der Trumpf der Bietigheimer Reserve. Scheib ist U17-Europameisterin, Patorra hat schon in der Bundesliga Spiele für die erste Mannschaft der SG gemacht - die aktueller Zweiter der deutschen Meisterschaft ist. Die HSG-Abwehr konnte in der Schlussphase die Abschlüsse der beiden überhaupt nicht mehr unterbinden, 16 Tore warfen Scheib und Patorra insgesamt. Der HSG-Angriff meldete sich dagegen am Spielende ab. "Wir haben einfach vorne viel zu schnell abgeschlossen, komplett unstrukturierte Angriffe gespielt", sagte Laipple bezüglich der Schlussphase.

"Galligkeit" habe ihm gefehlt, sagte Trainer Lohmann nach dem Spiel: "Ich habe manchmal den Eindruck gehabt, der Gegner war geiler darauf, diese Punkte zu halten." Wieder einmal ein Grund für die Niederlage waren die eigenen Unkonzentriertheiten: "Wir haben über das ganze Spiel vier, fünf Fehler mehr gemacht als der Gegner", sagte Lohmann.

Es ist das Grundproblem der HSG in dieser Saison: Der Aufsteiger ist nicht komplett überfordert in der Liga, ein großer Niveauunterschied zu vielen Gegnern ist nicht zu sehen. Aber über 60 Minuten fehlt die Konstanz. Die HSG erlaubt sich zu viele Schwächephasen. Der Klassenerhalt ist unwahrscheinlich. "Ich will es jetzt nicht komplett abschreiben. Aber es wird echt schwierig", sagte Laipple. Die Chancen schwinden.

© SZ vom 11.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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