Handball:Geile Maschine

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„Extrem cool vor dem Tor“: Gegen Erlangen erzielte Felix Kerst, hier beim Siebenmeter, zehn der 30 Fürstenfeldbrucker Treffer. (Foto: Markus Fischer)

Nach drei Jahren auf der Bank produziert Felix Kerst in dieser Saison zuverlässig Tore für den TuS Fürstenfeldbruck - am Samstag kommt es zum Spitzenspiel in Pfullingen.

Von Nico Horn, Fürstenfeldbruck

Hinterher haben's natürlich alle schon immer gewusst: dass aus dem Jungen mal ein guter Handballer wird. Man hat es ja immer wieder gesehen, dass er es kann, dass er es draufhaut, wie man sagt. Nur zeigte er es nicht jedes Mal.

In Sporthallen hört man solche Sätze immer dann, wenn aus einem talentierten Handballer ein guter Handballer geworden ist. So wie aus Felix Kerst. Im November 2016 wechselte Kerst, Jahrgang 1997, vom A-Jugend-Bundesligisten MT Melsungen zum TuS Fürstenfeldbruck. Seitdem war der Linksaußen zwar beständig Teil des Kaders - allerdings fast immer als Ersatzspieler. "Es lief in den letzten Jahren nicht so rund, vielleicht aufgrund von Verletzungen", sagt Kerst.

"Felix ist schon dreieinhalb Jahre hier", sagt sein Trainer Martin Wild, "davon hat er drei Jahre jemanden vor sich gehabt". Im vergangenen Jahr war das Frederik Hartz. Der angehende Arzt hat sich mittlerweile vom Handball verabschiedet, und Ersatz hat der TuS keinen verpflichtet. Aus zwei Gründen: Einerseits gibt es in der dritten Liga gar nicht so viele gute Außenspieler, zum anderen wusste Wild, dass er in seinem Kader schon einen ziemlich guten hat. In den drei Jahren beim TuS konnte man ja immer wieder sein Talent sehen, wie schnell, trickreich und treffsicher dieser Felix Kerst doch eigentlich ist.

In dieser Saison ist Kerst einer der Besten beim TuS, der in der dritten Liga mit acht Siegen aus zehn Spielen auf Platz zwei steht. Am Samstag (20 Uhr) gastiert Fürstenfeldbruck beim Tabellenersten VfL Pfullingen. Will der TuS dort gewinnen, braucht er wieder Kersts Tore.

Seit er regelmäßig spielen darf, macht Kerst davon selten weniger als fünf. Eher zehn, wie jüngst beim Heimspiel gegen den HC Erlangen II (30:19). Natürlich liegt das auch daran, dass Kerst mittlerweile die Siebenmeter werfen darf. Die meisten Strafwürfe verwandelt er, gegen Erlangen alle sechs. In Fürstenfeldbruck, wo die Siebenmeter lange ein Problem waren, sind solche Quoten neu. "Er kann gerne so weitermachen", sagt Wild. Kerst ist aber auch aus dem Spiel heraus gefährlich, vor allem bei Tempogegenstößen. Und vor dem Tor sei er "extrem cool", sagt Wild, "obwohl er immer noch ein sehr junger Spieler ist". Aber keiner, "der durch die Halle rennt und sich feiern lässt".

Das passt auch gar nicht zu Kerst, dafür ist er zu bescheiden. Man merkt das, sobald er über sich selbst sprechen muss. "Wir kommen über das Kollektiv, ich würde nicht sagen, dass da Einzelne herausragen", sagte er nach dem Erlangen-Spiel. Und auch: "Die Teamchemie passt, es macht einfach Spaß." Seinen Mitspielern war das ein bisschen zu demütig. Per Zwischenruf erklärte Yannick Engelmann, wie Kerst wirklich zu seinen Toren kam: ",Ich war einfach geil und dann mach ich die Dinger'." Torwart Markus Winkler fasste es noch kürzer: "Maschine einfach."

Mit seiner positiven Entwicklung ist Kerst in Fürstenfeldbruck zum Vorbild für viele junge Spieler geworden. Zum Beispiel für Rechtsaußen Benedikt Hack, 20, der schon als Jugendlicher beim TuS spielte, bevor er mit 16 nach Magdeburg ging und vor dieser Saison zurückkehrte. Oder für Cedric Riesner, 17, den hochtalentierten Kreisläufer und Jugend-Nationalspieler. Hack und Riesner können sich an Kerst orientieren. Mittlerweile fragt in Fürstenfeldbruck zwar keiner mehr, was gewesen wäre, hätte sich Kerst diese Saison nicht durchgesetzt. Berechtigt ist die Frage aber allemal, schließlich ist die dritte Liga auch für Talente kein Selbstläufer.

Kerst hat das in seinen ersten Jahren erlebt: Als er oft auf der Bank saß, musste er geduldig bleiben. Heute lobt ihn Wild für diese Geduld: "Er hat nicht ein Mal seine Situation hinterfragt, sondern immer gearbeitet." Kerst versichert, ihm sei diese Zeit als zweite oder dritte Wahl gar nicht so schwer gefallen: "Das Team steht hinter allen Spielern", sagt er, "das zeichnet Fürstenfeldbruck auch aus". Und vielleicht ist das ja der Grund dafür, warum beim TuS aus vielen jungen Talenten gute Handballer werden.

© SZ vom 31.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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