Handball:Ein Weltmeister rührt die Werbetrommel

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Geringe Gefahr: Kreisläufer Johannes Borschel, Spitzname „Danger“, erzielte vier Spiele lang kein einziges Feldtor. Gegen Friedberg klappte es wieder. (Foto: Claus Schunk)

Der Durchhänger des Bayernligisten Unterhaching belastet die Fusion mit dem SV-DJK Taufkirchen.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Dass es für Krisen keinen wirklich geeigneten Zeitraum gibt, erklärt sich von selbst, schließlich definiert sich eine Krise, zumal im Sport, als Kulminationspunkt einer gefährliche Entwicklung - und wie sollte dies einem Athleten gelegen kommen? Umgekehrt lässt sich mit Bestimmtheit sagen: Es gibt denkbar ungeeignete Zeiten, um sich einen Durchhänger zu leisten. Die Bayernliga-Handballer des TSV Unterhaching zum Beispiel beweisen gerade ein gutes Gespür für schlechtes Timing. 2018 hat die Mannschaft von Trainer Christian Sorger einen Fehlstart hingelegt und gerade mal eines von neun Ligaspielen gewonnen. Immerhin haben sie die jüngste Negativserie von vier Niederlagen mit dem 27:24-Sieg gegen den Tabellenvierten Friedberg beendet. An diesem Samstag könnte die Krise mit einem Sieg in Waldbüttelbrunn endgültig für überwunden erklärt werden, allerdings gelten die Unterfranken als heimstark. "Ich bin wahnsinnig stolz auf meine Jungs, wie sie die Niederlagenserie weggesteckt haben. Das war vor allem kämpferisch eine ganz starke Leistung", sagte Trainer Sorger nach dem jüngsten Spiel.

Der Klassenerhalt ist für Haching, das noch im Dezember mit positivem Punktekonto im vorderen Mittelfeld der Tabelle stand, aber längst nicht gesichert. "Wir haben uns etwas Luft verschafft, aber mindestens zwei weitere Punkte werden wir noch brauchen", sagt Sorger - die unmittelbar bevorstehende Fusion mit dem SV DJK Taufkirchen steht auf dem Spiel. Man habe sich richtig in eine Verunsicherung hineingespielt, die Negativserie sei weniger überraschend als die erfolgreiche Hinrunde, sagt der 38 Jahre alte Trainer: "Wir haben einen kompletten Umbruch hinter uns, sind mit einem sehr jungen Team in die Saison gegangen. In dieser schwierigen Situation fehlten routinierte Spieler."

Vier Spieltage vor dem Saisonende hat der TSV nur vier Punkte Abstand zur Abstiegszone

Ausgerechnet die beiden erfahrensten Kräfte suchten zuletzt nach ihrer Form: Kreisläufer Johannes Borschel, Spitzname "Danger", 35, hat vier Spiele lang kein einziges Feldtor erzielt, ehe er gegen Friedberg wieder sechs Mal traf (davon vier Siebenmeter). Auch der torgefährliche Rückraumspieler Martin Dauhrer, 26, schwächelte: im Eins-gegen-eins und mit seinen gefürchteten "Fackeln". So nennt der Trainer Dauhrers ansatzlose Würfe, zuletzt seien drei von vier neben das Tor gegangen. Nun aber machte auch Dauhrer gegen Friedberg einen Schritt in die richtige Richtung - er steuerte vier Tore zum Sieg bei.

Vier Partien stehen noch aus, aktuell liegt Haching auf Platz neun, vier Punkte oberhalb der roten Zone, allerdings hat Konkurrent Anzing noch ein Nachholspiel in der Hinterhand. Und es ist nicht einmal klar, wie viele Teams überhaupt aus der Bayernliga absteigen. Das hängt von den höheren Klassen ab. Wichtig sei, sagt Sorger, vor den kommenden Aufgaben keine Angst zu haben: "Waldbüttelbrunn und Ismaning haben wir in der Hinrunde geschlagen, gegen Günzburg und Haunstetten haben wir zwischenzeitlich geführt. Wenn wir wieder dort hinfinden, wo wir waren, haben wir in jedem Spiel unsere Chance."

Vier Spieltage vor dem Saisonende hat der TSV nur vier Punkte Abstand zur Abstiegszone

Sollte es am Ende doch nicht reichen, würde das anvisierte Projekt, gemeinsam mit dem Nachbarklub Taufkirchen auch bei den Männern eine Spielgemeinschaft zu bilden "zugegebenermaßen einen Rückschlag erleiden", sagt Sorger. Denn der Plan sieht vor, die erste Mannschaft in der Bayernliga zu haben, die Reserve in der Landesliga und die dritte Garnitur in der Bezirksoberliga. Im Abstiegsfall würde sich das alles um eine Spielklasse nach unten verschieben, weil man dann den Platz, den Taufkirchen in der Landesliga besetzt, nicht behalten dürfte.

Das Konstrukt, das bei den Jugendmannschaften der beiden Vereine bereits seit Anfang 2017 besteht, nennt sich HT München, wobei die Buchstaben gleichermaßen für Hachinger Tal oder Haching-Taufkirchen stehen können. Zum 1. April haben die Abteilungsleitungen der beiden Vereine ihre Männer-Spielgemeinschaft beim Verband angemeldet. Ursprünglich war sogar daran gedacht, beide Sparten auszugliedern und einen neuen Verein zu gründen. Doch dieser Plan sei auf beiden Seiten auf zu viel Widerstand gestoßen, weshalb er wieder verworfen wurde. Die Heimspiele werden künftig wechselweise in der Hachinga Halle und in der Taufkirchener Realschulhalle am Köglweg ausgetragen. Sorger ist als Trainer der fusionierten Mannschaft vorgesehen, es sei aber auch geplant, SV-DJK-Trainer Andrei Pankler in das Konstrukt einzubinden.

Inwiefern es mittelfristig für HT München weiter nach oben gehen kann, lässt sich laut Sorger nicht absehen. Man hege durchaus den Traum, eine neue Handballmacht im Raum München zu etablieren. Und in dem früheren Nationaltorhüter Henning Fritz gibt es sogar einen prominenten Fürsprecher, der immer wieder die Werbetrommel für das Projekt rührt. "Das alleine wird uns nicht nach oben bringen. Einen Effekt gibt es nur, wenn wir Gelder generieren oder echte Verstärkungen zu uns stoßen", sagt indes Sorger. Wenn man die sportliche Antwort liefern könne, sei die Unterstützung eines Stars wie Fritz durchaus nützlich. "Aber wenn wir es nicht hinbekommen, hilft uns auch ein Weltmeister nicht weiter."

© SZ vom 06.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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