Handball:Der Moment der Panther

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Gleich schlägt er ein: Tizian Maier bei einem seiner wuchtigen Schlagwürfe, mit denen er in der entscheidenden Phase wichtige Tore erzielte. (Foto: Günther Reger)

Vierter Sieg im vierten Spiel: Drittligist TuS Fürstenfeldbruck kämpft Leipzig mit 29:28 nieder

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Nach dem Spiel war Martin Wild schwer zu greifen, jeder wollte dem Fürstenfeldbrucker Handballtrainer auf die Schulter klopfen. Wild ist das Gesicht dieses unerwarteten Aufschwungs des TuS, der mit einem knappen aber verdienten 29:28-Erfolg gegen die SG LVB Leipzig anhält. Und den TuS mit nun 8:0 Punkten auf den dritten Platz in der dritten Liga katapultiert und natürlich Begehrlichkeiten bei den Zuschauern weckt.

Prophylaktisch hatte Wild schon im Vorfeld des Spiels appelliert, doch bitte nicht die Realität aus den Augen zu verlieren. Zur Erinnerung: In der Vorsaison hatte Bruck die Liga nur über den Umweg der Relegation gehalten, dann waren Wild die wohl drei wichtigsten Spieler abhanden gekommen. Kein Problem, der Brucker Trainer nimmt seit Jahren derlei Rückschläge hin. Man darf langsam den Eindruck gewinnen, dass diese ihn und seine Mannschaft nur stärker machen. Wie in dieser kuriosen Partie gegen Leipzig, die den 600 Zuschauern ein wahres Wechselbad der Gefühle bescherte.

Denn in den ersten 15 Minuten sah alles danach aus, als ob die weit gereisten Gäste aus dem Freistaat Sachsen dem Gastgeber aus dem Freistaat Bayern nicht gewachsen sein würden. Bruck spielte mit der gewohnten Intensität, Ballgewinne der aggressiven Abwehr wurden durch schnelle Gegenstöße in sichere Tore verwandelt, das 0:1 war recht flott in ein 7:3 korrigiert. Leipzig schien mit der Geschwindigkeit der Panther - das Label hat sich die Mannschaft bekanntlich selbst verpasst - schlichtweg überfordert. Warum die Gastgeber in der Folge ihre Zielstrebigkeit verloren, darauf konnte sich auch Wild keinen Reim machen: "Wir waren plötzlich im Rückzugsverhalten schlecht", erklärte der Trainer, "die schnellen Beine" der Anfangsphase seien auf einmal weg gewesen. Die körperlich deutlich überlegenen Sachsen nutzten die Schwächephase der Brucker zum 11:11-Ausgleich. TuS-Keeper Lukas Kröger war es zu verdanken, dass seine Vorderleute alsbald wieder in die Spur fanden, Kröger parierte mehrere freie Würfe, die TuS-Beine wurden zudem wieder flinker, Bruck lag zur Pause wieder mit 19:16 vorn.

Beruhigend wollte der Vorteil aber nicht auf die Protagonisten wirken, ganz im Gegenteil. Die Partie verlor zusehends an Niveau, beide Teams wechselten sich mit groben Fehlern ab: verworfene Siebenmeter, Fehlpässe, Schrittfehler, Stürmerfouls, schlechte Würfe - der anfangs so souveräne TuS wirkte verunsichert. "Das war vogelwild", urteilte TuS-Trainer Wild über das kopflose Spiel seiner Mannschaft, doch mit der sinkenden Qualität der Partie steigerte sich die Spannung. Denn sieben Minuten vor dem Ende traf Leipzigs Bester Steve Baumgärtel zum 26:25, der ersten Führung seit dem 1:0. Kurz darauf lag Bruck sogar zwei Tore im Hintertreffen, doch dann übernahm vor allem Tizian Maier Verantwortung. Es war beeindruckend, mit welcher Wucht der schlaksige, fast schon dürre Rückraumspieler seine Schlagwürfe ins Tor hämmerte, Wild zögerte nicht, seinen mit sechs Treffern erfolgreichsten Torschützen zu Recht aus der Mannschaft herauszuheben.

Fortan stand das Spiel auf Messers Schneide, der kräftige TuS-Rückraumwerfer Sebastian Meinzer (5 Tore) traf zum 28:28-Ausgleich. Dann brachte eine glückliche Schiedsrichterentscheidung sowie die Erregung von Gästetrainer Nils Kür darüber, dessen Zwei-Minuten-Strafe ein weiterer Spieler der ohnehin schon dezimierten Leipziger abbrummen musste, Ballbesitz und damit den entscheidenden Vorteil. In doppelter Überzahl versenkte Philip Ball die Kugel zum 29:28-Sieg, der letzte Angriff der Leipziger konnte ob deren deutlicher Unterzahl problemlos abgewehrt werden. Damit war der vierte Sieg im vierten Spiel geschafft, eine Bilanz, die der TuS Fürstenfeldbruck schon lange nicht mehr vorzuweisen hatte.

Wild will dem aber nicht zu viel Bedeutung beimessen, wenngleich er die starken Leipziger, die eine Kooperation mit dem Erstligisten DHfK Leipzig unterhalten, zu den besseren der bisherigen Gegner zählt. Vordringliches Ziel der Gäste ist es, Talente für den Bundesligisten zu entwickeln, der deshalb sieben Akteure aus der deutschen A-Jugend-Meistermannschaft zum Nachbarn entsandt hat, um ihnen Spielpraxis zu verschaffen. Wild war das einerlei, er genoss den Augenblick. Die großen Trümpfe des TuS seien "Leidenschaft und Kampfgeist", jeder Spieler gehe immer ans Limit. Zudem spielten die Brucker einen technisch und spielerisch versierten Handball. Der schöne Moment könnte sich durchaus verlängern.

© SZ vom 21.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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