Handball:Brucker Qualen

Lesezeit: 3 min

Im Griff des rumänischen Hünen: TuS-Kreisläufer Julian Prause (links) versucht Nationalspieler Dan Savenco zu entkommen. (Foto: Günther Reger)

Dem TuS Fürstenfeldbruck springt der Hauptsponsor ab, das nächste Problem beim Drittligisten

Von Tom Kimpel/Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

Das Lächeln von Martin Wild wirkte gequält. Das lag aber weniger an der Hitze, die Wittelsbacher Halle zu Fürstenfeldbruck trieb bei gefühlten 35 Grad Celsius nicht nur den Spielern den Schweiß auf die Stirn. Auch am Auftritt der TuS-Handballer gab es für den Trainer nicht viel zu kritisieren. Der Drittligist Fürstenfeldbruck unterlag dem rumänischen Spitzenklub Dinamo Bukarest erwartungsgemäß, hielt den Schaden beim 29:34 aber in unerwartet engen Grenzen. Die Rumänen, die die vergangene Punktrunde in der Heimat als Dritter abschlossen, weilen zur Saisonvorbereitung in Süddeutschland, an diesem Wochenende misst sich der zwölfmalige rumänische Meister beim 50. Esslinger Marktplatzturnier unter anderem mit den Bundesligisten Berlin und Hamburg.

Der körperlich turmhoch unterlege TuS war folglich kein gleichwertiger Gegner, führte nach dem 16:16-Halbzeitstand zwischenzeitlich aber sogar mit 22:19. Die Hünen des rumänischen Traditionsklubs, der mehrere Nationalspieler aufs Feld schickte und dessen Historie zwölf Meisterschaften, drei Pokalsiege und 1965 sogar einen Landesmeistertitel führt, hielten angesichts der brütenden Temperaturen in der Halle ihre Bemühungen im überschaubaren Bereich. Immerhin rafften sie sich dann noch so weit auf, dass sie der ultimativen Blamage entgingen.

Trotz des beherzten Auftritts seiner Spieler, trotz der neuerlich guten Leistung der jungen Mannschaft in der Vorbereitung, halten sich die Glücksgefühle beim Brucker Trainer derzeit in Grenzen. Kämpferisch sei das Team ohnehin über jeden Zweifel erhaben, doch die kurzfristigen Weggänge der drei Schlüsselspieler Johannes Stumpf, Markus Dangers (beide zu Balingen-Weilstetten II) und Falk Kolodziej (HSC Bad Neustadt), die schwere Verletzung von Linksaußen Andreas Knorr und der überraschende Ausstieg des Hauptsponsors vor drei Wochen, all das drückt Wild aufs Gemüt. Der leidenschaftliche Auftritt der Seinen gegen pomadige Rumänen verstellte Wild indes nicht den Blick auf die Realität: "Wir sind von Drittliga-Niveau noch weit entfernt", die kommende Saison sei zweifellos "eine sehr ambitionierte Aufgabe". Es fehlt an Spielern und es fehlt an Geld, viel deprimierender könnte die Momentaufnahme nicht ausfallen.

Besonders schmerzhaft ist dabei, dass die Mannschaft nichts falsch gemacht hat. Er wisse nicht, sagt Wild, ob man mehr in Sachen Eigenwerbung hätte tun können. Die abgelaufene Saison brachte hochwertigen Sport, hochkarätige Gegner, spannende Spiele, einen nie erwarteten Zuschauerzuspruch und letztlich den Klassenerhalt. Dennoch liefen die Brucker gegen Bukarest erneut mit blanker Brust auf, es will sich kein Hauptsponsor finden. Alexander Raff, der das Amt des Teammanagers von seinem Vater Erich übernommen hat, lässt sich trotz allem nicht entmutigen: "Ich bin nach wie vor optimistisch", sagt Raff, denn in ganz Südbayern bleibt der TuS die erste Kraft im Männerhandball. Dieses Alleinstellungsmerkmal, so hofft der Teammanager, werde noch den dringend benötigten Geldgeber bringen.

Doch nicht nur finanziell klaffen Lücken im Gefüge des TuS, auch der Kader muss noch verstärkt werden. Immerhin kann Wild in Sebastian Scovenna einen Ersatz für den verletzten Knorr ankündigen, der Argentinier hat in Deutschland studiert und zuletzt in seiner Heimat gespielt. "Er wird uns definitiv weiterhelfen", sagt Wild, ansonsten habe er trotz einiger Kandidaten und Probetrainings keine positiven Nachrichten. Momentan sei die Mannschaft schlichtweg "nicht drittligatauglich, das ist die Situation".

Es gibt aber auch Lichtblicke, wie Zugang Tizian Maier, der zweimal gegen Bukarest traf und trotz seiner erst 19 Jahre mit viel Übersicht das Spiel lenkte und ein gutes Auge für Kreisläufer Julian Prause (5) hatte. Oder Sebastian Meinzer, der torgefährlichste Brucker, der mit viel Wucht die Bukarester Abwehr zwölfmal düpierte. Torhüter Lukas Gröger bewies, dass er eine Alternative zu Dubravko Grgic ist, die Abwehr bleibt ein positiver Aspekt. Und dann wären da noch Talente wie Vitus Batzer (2), Gianni Huber (1) oder Alexander Leindl, der gegen Bukarest wegen einer Abi-Fahrt fehlte. Leindl ist momentan der einzige Linkshänder im Team, auch hier besteht Nachbesserungsbedarf. "Das ist nicht die Situation, mit der man in eine Drittligasaison gehen sollte", weiß Raff, und auch, dass noch "viel Arbeit bleibt".

Einmal mehr muss Coach Wild mit jungen Leuten improvisieren, freilich konnte schon in der abgelaufenen Saison die dritte Liga erst in der Relegation gehalten werden. "Die Mannschaft hat viel Potenzial", sagt Wild, sie zeige passable Leistungen, "den Jungs kann man keinen Vorwurf machen". Wem dann? Wild lächelt, noch gequälter.

© SZ vom 25.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: